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Danke für deine Freundschaft, Draco.
Aber gerne doch.
Hermine Granger und ihre Freundschaften zu Jungs.
Potter war schon immer ihr guter Freund gewesen, jetzt ist Weasley es wieder.
Und ich gehöre jetzt auch dazu, super.
Vielleicht sollte ich mit Potter und Weasley einen Club gründen und uns coole Clubjacken anschaffen.
Mir geht das Gespräch mit Hermine nicht aus dem Kopf.
Ich habe immer wieder das Gefühl, dass sie mir irgendetwas sagen wollte, was ich nicht verstanden habe, aber ich komme einfach nicht darauf, was.
Auch kommt es mir so vor, als wäre es ihr wichtig gewesen, meine Meinung zu der Trennung zu hören.
Aber hey, was hätte ich sagen sollen?
Kleines, das war die beste Entscheidung deines Lebens – das wäre ein ehrlicher Satz von mir gewesen, aber er wäre komplett unpassend gewesen.
Gerade habe ich aber tatsächlich keinen Kopf für Hermines gescheiterte Beziehung.
Wir gehen in Formation, die Besen fest mit der Hand umschlossen, aufs Quidditchfeld.
Heute ist das Spiel Slytherin gegen Ravenclaw, und ich weiß, wir müssen es gewinnen, denn dann sind wir auf gleichem Stand mit Gryffindor und haben die Chance auf den abschließenden Schulsieg.
Madam Hooch pfeift und wir schießen los.
Ich habe den Schnatz sofort im Blick, aber als ich vorpresche, verschwindet er aus meinem Blickfeld.
Rasch schaue ich zu Ravenclaws Sucherin, aber sie scheint den gefiederten Ball ebenso aus den Augen verloren zu haben.
Gut, dann schaue ich, wie ich meiner Mannschaft anderweitig helfen kann, bis die kleine goldene Kugel wieder auftauchen wird.
Ravenclaw landet bereits nach fünf Minuten das erste Tor und ich unterdrücke einen Fluch.
Klar, es hat nichts zu heißen, aber wenn ein Spiel schon so beginnt...
Die Spieler sausen teilweise so schnell an mir vorbei, dass ich ihnen kaum mit bloßem Auge folgen kann.
Ein erbitterter Kampf ist ausgebrochen, und als schließlich das zweite Tor für Ravenclaw fällt, entdecke ich den Schnatz.
Meine Gegnerin hat ihn ebenso gesehen und ist näher an ihm dran.
Ich beschleunige so abrupt, dass ich fast mit einem Spieler in bronze-blau zusammengestoßen wäre. Oder wollte er mich foulen?
Egal.
Ich höre die Schreie der Zuschauer, als wir dem Schnatz hinterherjagen, und ich weiß, wenn ich nicht irgendwie aufhole, haben wir das Spiel nach nicht einmal zwanzig Minuten verloren.
Da verschwindet der Schnatz im Publikum und die Ravenclaw kann gerade noch so abdrehen, um nicht mit den Zuschauern zu kollidieren, die sich teilweise bereits erschrocken auf den Boden geworfen haben.
Der Schnatz ist wieder verschwunden.
„Zehn Punkte für Slytherin!“, höre ich da die Ansage.
Na bitte, geht doch.
Ich gewinne an Höhe, in der Hoffnung, den Schnatz ausfindig zu machen, aber ich sehe ihn bestimmt zehn Minuten nicht mehr.
Wir gewinnen noch einmal zehn Punkte dazu und haben Gleichstand.
Adrenalin pumpt durch meinen Körper und ich fühle einen unfassbaren Ehrgeiz, dieses verdammte Spiel zu gewinnen.
Das Publikum tobt, wenn Tore in letzter Sekunde abgewehrt werden und es bleibt vorerst beim Gleichstand.
Und dann sehe ich das Schimmern über der Lehrertribüne.
Ich schieße los und sehe, wie der Schnatz hinter der Tribüne verschwindet.
Unfassbar dicht fliege ich über den Köpfen der Professoren hinweg und kann mein Glück kaum glauben: Der Schnatz tummelt sich tatsächlich hinter der Tribüne.
Vom Spielfeld höre ich Blaise wütend Befehle an die anderen brüllen.
Der Wind saust mir um die Ohren, während der Schnatz immer näher kommt.
In diesem Moment sehe ich, dass die Sucherin der gegnerischen Mannschaft von der anderen Seite aus ebenfalls auf den gefiederten Ball zuschießt.
Sie ist kleiner und leichter als ich und daher nicht unerheblich schnell.
Ich beiße fest die Zähne zusammen, lehne mich nach vorne, um noch mehr beschleunigen zu können und sehe von der Seite einen Klatscher auf mich zurasen.
Ich kann ihm nicht ausweichen, ich würde zu viel Zeit verlieren.
Also versuche ich, noch einmal an Tempo zuzulegen, damit er mich verfehlt.
Es funktioniert fast.
Der Klatscher streift meinen Besen hinter mir und ich drehe mich ein paar Mal unkoordiniert um mich selbst, ehe ich wieder Kontrolle über den Besen bekomme.
Kaum, dass ich wieder geradeaus fliege, sehe ich, dass meine Gegnerin den Schnatz fast erreicht hat.
Doch ich habe Glück.
Der kleine Ball schießt plötzlich nach oben und dann ein Stück in meine Richtung.
Die Ravenclaw ist trotzdem noch sehr nah dran. Ich beschleunige wieder und merke, dass mein Besen leicht trudelt.
Wir erreichen den Schnatz fast gleichzeitig, sie hat ihre Hand bereits ausgestreckt und geöffnet.
Nein, ich will verdammt noch mal nicht, dass wir verlieren!
Ich stoße mich von meinem torkelnden Besen ab, fühle, wie ich ihn bewusst unter meinem Körper verliere und springe so dem Schnatz sozusagen entgegen.
Einen Bruchteil einer Sekunde, bevor die Ravenclaw-Sucherin zugreifen kann, schließt meine Hand  sich um den Schnatz.
Unter mir ist nichts.
Instinktiv greife ich zu und bekomme irgendetwas zu fassen.
Ein heftiger, schmerzhafter Ruck geht durch meinen Arm und dann hänge ich an der Rückseite der Tribüne, meine Füße baumeln etliche Meter über dem Boden.
Trotzdem spüre ich ein unglaubliches Glücksgefühl in meiner Brust, denn in meiner Hand zappelt ein kleiner goldener Ball, der uns den Sieg verschafft hat.




Ich fühle Blaise' Arm um meinen Schultern und er drängelt mich zu den Umkleidekabinen.
Der Rest der Mannschaft ist um uns herum, und ich höre sie lachen.
Immer wieder klopft mir jemand auf den Rücken und ich kriege mein Grinsen kaum aus dem Gesicht.
Wir sind nun auf einem Stand mit Gryffindor und haben gute Chancen auf den Pokal!
Es hat mehrere Minuten gedauert, bis man mich aus meiner hängenden Position hinter der Tribüne erlöst hat. Als man mich dann in die Mitte des Spielfeldes flog, brach Jubel unter den Slytherins aus, als der Schnatz in meiner Hand sichtbar wurde.
„Draco, das wird heute die ganze Nacht gefeiert“, bestimmt Blaise und drückt mich noch ein wenig näher an sich, während wir uns im Gleichschritt den Umkleidekabinen nähern.
Ich nicke – und dann fällt mein Blick auf sie.
In der Nähe der Umkleidekabinen stehen ein paar Leute, hauptsächlich Slytherins, die uns vermutlich gratulieren wollen.
Und, allein und ein wenig verloren, mit etwas Abstand...
„Geht euch schon mal umziehen“, sage ich und mache mich von Blaise los, um schnell zu ihr zu gehen und mich zu vergewissern, dass ich nicht halluziniere.
Auf dem Weg fliegt mir plötzlich Pansy um den Hals, die mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange drückt, ehe sie dem Rest der Mannschaft hinterher rennt, um zu gratulieren.
„Heute hat Gryffindor nicht gespielt“, sage ich zu ihr, kaum, dass ich bei ihr ankomme.
Sie weicht meinem Blick aus.
„Ich weiß“, sagt Hermine. „Aber ich war neugierig.“
„Ähm...“, ist meine wenig intelligente Antwort.
„Jedenfalls... Glückwunsch“, ergänzt sie und sieht wieder zu mir auf.
„Danke.“
„Das war verrückt von dir, was du da gemacht hast“, platzt es aus ihr heraus. „Stell dir vor, du wärst abgestürzt! Niemand hat dich gesehen, dort hinter der Tribüne!“
„Meine Gegenspielerin war doch da“, lache ich. Ich fühle mich regelrecht leichtsinnig. „Und du hast mich ja offensichtlich auch gesehen und hättest eingreifen können.“
„Ja“, bestätigt sie verlegen. „Ich wollte sehen, was du machst, nachdem du hinter der Tribüne verschwunden bist.“
Ihr Blick gleitet kurz über meinen Körper in der Quidditch-Uniform.
Und plötzlich begreife ich...
Hermine Granger kommt nie zu Spielen und wenn, dann nur zu denen, an denen Gryffindor beteiligt ist, weil sie Interesse an ihrem Haus zeigen will.
Sie mag Quidditch nicht.
Trotzdem ist sie hier.
Sie ist wegen mir gekommen!
Alles dreht sich in meinem Kopf.
Rasch trete ich nah an sie heran und beinahe erschrocken sieht sie zu mir auf.
„Wollen wir irgendwo auf den Sieg anstoßen? Am See oder so?“, frage ich sie leise.
Ihre Augen werden groß.
„Und deine Mannschaft?“
Verdammt, die Mannschaft.
Ich seufze.
„Stimmt. Wir wollen jetzt im Gemeinschaftsraum feiern.“
Ich habe das merkwürdige Gefühl, dass mir hier gerade eine Chance durch die Lappen geht.
Sie ist wegen mir gekommen!
„Und morgen?“, frage ich sie. „Sehen wir uns morgen?“
„Du meinst-“
„Ich meine“, unterbreche ich sie. „dass ich dich sehen möchte.“
Mein Herz schlägt so hart in der Brust dass ich befürchte, es könnte meinen Brustkorb sprengen.
Das war verdammt eindeutig, oder?
„Mal sehen“, haucht sie, fährt herum und verschwindet.

Friendship and other Disasters (Dramione) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt