Seit George sich einen Spaß daraus gemacht hatte beim Duschen meine Klamotten zu stehlen nahm ich sie mit in die Kabine hinein und hing sie über die dort an der Seite hängenden Stange auf. Dort hing mein Handtuch ebenfalls. Wenn ich jedoch nicht aufpasste wurden meine Klamotten nass.
Während ich duschte, hörte ich zwei Jungs den Duschraum betreten, sie unterhielten sich.
,,Dieser Elterntag ist unfassbar nervig'' jammerte einer von ihnen.
,,Benimmst du dich denn gut? Wie sind deine Noten? Es ist immer dasselbe'' kam es vom anderen. Was war bitte ein Elterntag?Nicht weiter groß darüber nachdenkend zog ich mich an und lief zurück zum Zimmer. Als ich das Zimmer betrat, gab es keine Spur von George. Durchatmend ließ ich mich auf mein Bett fallen, steckte mir die Kopfhörer in die Ohren und versuchte mich zu entspannen. Dabei schlief ich kurz darauf sogar ein.
Irgendwann öffnete ich meine Augen und realisierte, dass es bereits Nachts gewesen sein musste, denn draußen sowie drinnen war es stockdunkel. Ich steckte die Kopfhörer aus meinen Ohren und schaute auf mein Handy, 01:24 Uhr. Ich setzte mich auf und erschrak, als ich jemanden im Augenwinkel wahrnahm. George stand am Fenster, welches sich in der Mitte zwischen unseren Schreibtischen befand.
Plötzlich fiel mir dieser Gestank auf. Durch das Mondlicht, welches leicht hinein und auf ihn schien, erkannte ich, dass er am rauchen war.
,,Ich bin mir ziemlich sicher, dass das verboten ist'' entgegnete ich ihm. Er widmete mir einen kurzen Blick, doch richtete ihn wieder schweigend aus dem Fenster. Seit wann gab er nichts von sich zurück?Meine Beine machten einen Schwung vom Bett zum Boden, nun saß ich auf der Bettkante.
Seit wann rauchte er? Ich hatte ihn noch nie rauchen sehen geschweige es an ihm gerochen.
,,Solltest du nicht schlafen, statt deinem Rausch nachzugehen?'' Er beachtete mich nicht einmal, würdigte mir nicht mal mehr einen Blick. Was war los mit ihm?,,Okay, dann ignorier mich halt, auch gut'' entfuhr es mir, während ich mich zu meinem Schreibtisch nach der Wasserflasche beugte. Ich schraubte den Deckel ab und setzte die Flasche zum Trinken an. Dabei beobachtete ich ihn und konnte trotz der Dunkelheit die Nässe unter seinen Augen erkennen. Hatte er etwa geweint?
,,George?'' rief ich seinen Namen, er schaute mich an.
,,Alles in Ordnung?'' fragte ich und konnte selbst überraschenderweise die Besorgnis heraushören. Es war untypisch für ihn sich so zu verhalten. Er spielte tagtäglich den superstarken, den nichts bekümmerte.,,Jedes Mal, wenn der Elterntag ansteht, höre ich jeden nur herumjammern'' fing er an und stieß ein bitteres Seufzen aus.
,,Dabei sollten sie froh sein, dass sich ihre Eltern überhaupt für sie interessieren und herkommen'' fuhr er fort. Aus dem, was er sagt, stellte ich fest, dass dieser Elterntag also ein Tag war, an dem alle Eltern herkommen würden. Was hieß, dass auch meine herkommen würden. Wieso wusste ich nichts davon? Wurde es mir mit Absicht nicht mitgeteilt?Niel hatte mal erwähnt, dass er und sein Vater kein gutes Verhältnis miteinander haben würden.
,,Kommen deine Eltern denn nicht?'' fragte ich, sein Blick war starr auf mich gerichtet.
,,Meine Mutter ist tot und mein Vater ein Arschloch, dass sich nur für sich selbst interessiert.''
Meine Atmung stockte für einen Augenblick als ich realisierte, was er gesagt hatte.
,,Das tut mir leid'' versuchte ich Mitgefühl zu zeigen.
,,Muss es nicht'' kam es nur unbekümmert von ihm, doch ich sah, dass er es schätzte.
,,Wann ist dieser Elterntag?'' fragte ich nach.
,,Morgen.''Morgen würden meine Eltern also herkommen? Ich war total aus der Übung mit der perfekten Sohn Rolle. Ich durfte nicht riskieren, dass sie auch nur den Hauchen einer für sie angeblichen schlechten Veränderung wahrnahmen. Es war ein entscheidender Tag, der mich entweder näher oder kürzer an mein Ziel brachte, wieder so schnell wie möglich nach Hause zu können.
Nachdem ich aus meinen Gedanken wieder zu mir gekommen war, schaute ich erneut zu George. Inzwischen hatte er die Zigarette aus dem Fenster geworfen und starrte einfach nur heraus. Die kühle Luft füllte den Raum immer mehr. Ein bedrückendes Gefühl ihn so bedrückt zu sehen machte sich in mir breit.
,,Willst du darüber reden?'' fragte ich ihn vorsichtig, unsere Augen trafen sich.
,,Es gibt nichts zu bereden - ''
,, - aber danke'' antwortete er.
George musste sich wirklich an Tagen wie diesen sehr einsam fühlen, während alle anderen die Zeit mit ihren Eltern verbrachten und er nur zuschaute. Denn so wie ich es verstanden hatte kam sein Vater nie her.,,Einmal war sein Vater sogar hier, das war beim Vorfall mit seinem letzten Zimmerpartner'' erinnerte ich mich an Niels Worte. War sein Vater in der gesamten Zeit, die George hier war, nur einmal hier gewesen und das deswegen? Konnte es sein, dass George sich all die Zeit so verhielt, weil er wirklich nach Aufmerksamkeit suchte und sie anders nicht bekam, weil er einfach nur einsam und frustriert war?
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All My Sins
FanfictionGeorge liebte es, Aufsehen zu erregen, Menschen zu verärgern und zu provozieren, dabei war er eine ziemlich einsame Seele. Clay hingegen versuchte den perfekten jungen Mann zu spielen, obwohl er es nicht war. Auf dem Internat für Jungen trafen sie a...