Kapitel 39

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Eingekuschelt in einer weichen Decke, lag ich auf dem Sofa. Mittlerweile waren alle gerettet, auch wenn unser kleiner Held Dobby nicht überlebt hatte. Meine Augen taten schon wieder weh von dem vielen Weinen, doch ich fühlte mich so frei wie schon lange nicht mehr. Die Stimmung war dennoch bedrückt und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.

„Ich bin mir sicher, Malfoy hat mich erkannt." „Aber warum hat er nichts gesagt?" Harry und Ron versuchten möglichst leise zu reden, gelingen tat es ihnen jedoch nicht. Bill schenkte mir erneut Tee ein.
„Weil er eine gute Seite hat", hauchte ich leise, mehr zu mir selbst, als zu den Anderen. „Was?", Hermine drehte sich in meine Richtung und versuchte Blickkontakt aufzubauen, doch ich wich ihr aus.
„Nancy . .", sie seufzte. Ihr Blick verriet mir, dass sie unsicher war, wie sie sich verhalten sollte oder was sie sagen könnte.

„Er versucht es immerhin", flüsterte ich erneut. „Er war der Einzige, der sich um mich gekümmert hat." Ich nippte an meiner Teetasse.
„Er und Snape haben Dumbledore getötet. Er ist ein Todesser", sagte Ron abwertend. „Er hatte keine Wahl!", meine Stimme wurde lauter.
„Jeder von uns hätte so gehandelt wie er. Denkst du wirklich, du kannst einfach Nein sagen zu Du weißt schon wem? Dass er nett zu dir ist und den einfachsten Weg, um an Dumbledore zu gelangen, gehen lässt und Verständnis für dich hat?"

Ungläubig schüttelte ich den Kopf.
„Das hat er auf dem Astronomieturm gesagt. Er bringt ihn um, er bringt seine Familie um", kam es nun von Harry. Ich stieß ein Schnauben aus.
„Ich habe ihn oft gesehen, wie er geweint hat und wie verzweifelt er war. Er hat mit der maulenden Myrte geredet, dass es nicht klappt und er es nicht schaffen wird." Eine Träne kullerte meine Wange hinunter, nur diesmal war es mir egal.
„Wieso hast du uns das nicht erzählt?", Hermine blickte mich eindringlich an. „Dafür wäre ich dann wieder gut genug, oder? Das ganze Jahr konntet ihr kaum ein Wort mit mir reden, aber für Informationen natürlich schon", die Wut und Enttäuschung brodelte nur so aus meiner Stimme. Immer mehr Tränen liefen mir übers Gesicht.

„Keiner von euch hat sich für mich interessiert, ihr habt mich wie Luft behandelt!" „Du hast dich doch von allen zurückgezogen", zuckte Ron mit den Schultern. Harry nickte zustimmend.
„Ihr habt immer alles ohne mich gemacht. Und keiner von euch hätte mich verstanden. Ihr wart nur mit euren eignen Problemen beschäftigt." Schließlich mischte sich auch Hermine mit ein. „Das stimmt doch gar nicht."

Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht.
Ach nein? Mine wir teilen uns seit Jahren einen Schlafsaal und du hast die Geschichte mit dem Schlafwandeln nie hinterfragt. Und Harry, dich hat es auch nicht interessiert, als ich auf einmal nicht mehr geholfen habe Malfoy hinterherzuspionieren. Oder bei deinem Angriff auf ihn, da war es wieder gut, dass ich da war. Aber danach war ich wieder Luft, obwohl ich gesehen habe, was du getan hast. Und Ron . . du interessiert dich für nichts, was nicht mit Essen oder Quidditch zu tun hat", ich sprach mich total in Rage. „Keiner von euch weiß, was ich die letzten Jahre durchgemacht habe. Und nach Dumbledores Beerdigung wart ihr einfach weg. Weg! Ihr habt euch nicht einmal verabschiedet." Vorwurfsvoll schaute ich sie an.

„Vielleicht solltet ihr alle eine Runde schlafen", versuchte Bill die Situation zu retten. „Qui qui", scheuchte Fleur das Trio die Treppe hinauf. Anschließend kam sie zur mir und nahm mich in den Arm. „Du brauschst Ruhe", lächelte sie mich an. Traurig versuchte ich zurück zu lächeln. „Sie sind deine Freunde, sie werden es eines Tages verstehen." Die Beiden wünschten mir eine gute Nacht und verließen ebenfalls das Wohnzimmer. Ich schlief auf dem Sofa und das erste Mal seit Langem ohne Alpträume.

* * * *

Ich genoss die Zeit in Shell Cottage. Mit Fleur verstand ich mich super gut, ich half ihr im Haushalt und dem kleinen Garten. Es brachte mich auf andere Gedanken. Noch immer trug ich die Sachen, welche Malfoy mir gegeben hatte. Ich musste oft an ihn denken, manchmal ärgerte ich mich über mich selbst, doch an den meisten Tagen hinterließ es ein Gefühl der Trauer in mir. Insgeheim hoffte ich, es würde ihm gut gehen. Und vielleicht würden wir uns eines Tages wiedersehen.

Mit meinen Freunden wurde ich jedoch nicht richtig warm. Sie hingen meistens gemeinsam rum, steckten die Köpfe zusammen und tuschelten. Fleur meinte immer, sie würden nach einem Weg suchen, um weiterhin ihren Plan zu verfolgen. Doch sie wusste selber nicht, was es für ein Plan war. Mittlerweile war ich in einem Zustand, wo ich es nicht mal mehr wissen wollte. Ich war froh, sie alle zu sehen und zu wissen, dass es ihnen gut ging. Dennoch waren sie mir irgendwie fremd und ich stellte mir die Frage, ob sie sich verändert hatten oder ich?

* * * *

Gedankenverloren saß ich in der Küche und nippte an meinem Tee. Hermine gesellte sich zu mir - diesmal alleine. „Wir werden morgen aufbrechen", meinte sie nach einer Weile des Schweigens. Ich nickte nur.
„Nancy . . Ich . . Es tut mir leid", flüsterte sie. „Es tut mir leid, dass ich nicht für dich da war und du das Gefühl hattest, keiner würde sich für dich interessieren." Traurig schaute sie mich an.
„Du hast dich so zurückgezogen, ich dachte, du möchtest überhaupt nicht mehr meine Freundin sein", eine Träne kullerte aus ihrem Augenwinkel. Mit offenem Mund starrte ich sie an. Mit solch einer Reaktion hätte ich niemals gerechnet. Wieso sollte sie so etwas denken? Hatte ich mich wirklich so sehr verschlossen?
„Es tut mir leid, dass du das gedacht hast. Du bist meine beste Freundin und ich würde mich freuen, wenn das auch in Zukunft so bleibt", ich lächelte schwach, doch die Tränen siegten erneut. Dann schlossen wir uns gegenseitig in eine Umarmung.

„Bitte passt auf euch auf", schniefte ich. Hermine wischte sich ihre Tränen weg und lächelte mich glücklich an. „Natürlich. Wir werden das schaffen." Dann sah sie mich prüfend an. „Aber du musst auch auf dich aufpassen und gesund werden." Für einen Moment blickte ich sie verwirrt an, nickte jedoch einfach.
Zugegeben, ich sah noch immer abgemagert aus und war schnell aus der Puste. Auch wenn Fleur eine hervorragende Köchin war, bekam ich nicht viel runter. Mein Körper hatte sich an das wenige Essen der letzten Monate gewöhnt und diesen Vorgang musste ich erst einmal wieder rückgängig machen.

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