Kapitel 37

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Nun stand ich hier. In meinem Zimmer. Zurück im Malfoy Manor. Mit Devon in meinen Armen. Sie wirkte so zerbrechlich, war so dünn geworden. Ich suchte ihr bequemere Sachen aus meinem Schrank und zog sie vorsichtig in mein Bad.
„Hier kannst du dich umziehen und . .", ich durchsuchte meine Schubladen. „Hier ist noch eine Zahnbürste." Mit leerem Blick schaute sie mich an. Ich drehte mich um und ließ sie alleine.

Ich konnte diesen Anblick nicht ertragen, ihre wässrigen Augen, ihre abwehrende und gleichzeitig ängstliche Haltung. Die blauen Flecken an ihrem Hals, all das tat so unendlich weh. Und das Wissen, welches ich nun hatte, machte die Situation nicht besser. Zu wissen, dass es ihr hier ebenfalls schlecht ergehen würde, zerfraß mich innerlich. Ich konnte sie nicht gehen lassen. Damit würde ich mich und meine Familie in Gefahr bringen und die Welt draußen war schon lange nicht mehr sicher. Vielleicht würden die Greifer nur auf sie warten. Vielleicht würden Sie sie in der nächsten Stadt wieder erkennen und dieser Alptraum würde von vorne beginnen. Außerdem war ich mir sicher, Devon befand sich nicht in der Lage, für sich selbst zu sorgen. Doch wohin mit ihr? Ihre ach so tollen Freunde waren unterwegs und wurden von jedem Todesser dieser Welt gesucht. Ich seufzte. Mein Herz wurde schwer.

Ich zückte meinen Zauberstab und vergrößerte mein Bett. Dann beschwor ich neue Bettwäsche herbei und legte die Utensilien vom Mungos auf den Nachttisch. Ein paar Tränke gegen Schmerzen und riesengroße Einlagen, die stark an Windeln erinnerten. Der Heiler hatte etwas von vermehrter Blutung gesprochen, aber das Thema hatte ich Mutter überlassen. Die Badezimmertür knarrte leise.
Devon versank halb in meiner Jogginghose und dem zu großem T-Shirt.
„Ruh dich aus", es war mehr ein Flüstern, dennoch verstand sie mich. Sie kuschelte sich in die Decke ein und schien sofort einzuschlafen.

Ich machte mich selber fertig, nahm eine Dusche und versuchte die vielen Gedanken in meinem Kopf loszuwerden. Das dunkle Mal hob sich stark von meiner hellen Haut ab. Ich wusste, sie wusste es - wahrscheinlich wusste es ganz Hogwarts und doch wollte ich auf keinen Fall, dass sie das Mal sah. Ich fand ein langärmeliges Poloshirt und ging ebenfalls zu Bett. Darauf bedacht, möglichst an der Kante zu liegen, drehte ich mich zu ihr hin. Sie war so wunderschön. Mittlerweile war es tief in der Nacht, das Mondlicht schien auf ihr Haar und gab ihm einen leicht goldenen Schimmer.

Ein Schluchzer erschütterte ihren Schlaf. Ihr Gesicht verzog sich angstvoll, ihre Atmung wurde schneller. Ihre zierliche Hand krallte sich in das Kissen hinein. Ich rutschte zu ihr. „Schhh, Devon. Es ist alles gut", vorsichtig nahm ich ihre Hand in meine. „Dra . . Draco?", hauchte sie ganz zart, während eine Träne über ihr Gesicht lief. „Ich bin da", flüstere ich ebenso leise zurück.
Das Stechen in meiner Brust machte sich breit und zerschnitt mir mein Herz. Sie ergriff meinen Arm und klammerte sich daran, als wäre ich ihre letzte Hoffnung. Ihre Hände lagen direkt auf dem dunklen Mal. Nun war ich derjenige, dem eine Träne über das Gesicht lief. Ich fühlte mich so elendig wie noch nie.

Ich war nicht gut für sie, nichts in diesem Haus war gut für sie. Sie wog sich in meiner Sicherheit, in meinem Schutz, obwohl ich nichts für sie tun konnte.
War mir mein Leben mehr Wert als Ihres? Vielleicht nicht unbedingt.
Aber war ich zu feige, mich für sie einzusetzen und mich gegen meine Familie und den dunklen Lord zu stellen? Auf jeden Fall. Feige. Das war das richtige Wort.
Und das Schlimmste war, sie würde sich jederzeit für Andere opfern, für das Richtige einstehen, egal welche Konsequenzen es geben würde.
Deswegen war sie in Gryffindor. Sie war mutig, gerecht und unbezwingbar.
Ich war nur eine feige Schlange, die zuerst immer an sich selbst dachte. Ich hatte sie ohnehin nicht verdient. Dieser kleine Moment, diese wunderschöne Erinnerung, wäre bald alles, was ich jemals von ihr haben würde.

Nancy POV:
Ich atmete tief ein und aus. Mein Kopf dröhnte und mein Körper schmerzte. Doch etwas war anders. Das, worauf ich lag, war weich und bequem. Nicht wie die dünnen Matten in dem Zeltlager. Außerdem war es warm und es roch weder nach Rauch noch nach Schweiß, auch die Geräusche des Waldes waren nicht mehr da. Es war still. Doch warum? Ich konnte mich kaum an die letzten Tage erinner oder generell die letzten Wochen. Bei den Greifern gab es nur Feuerwhisky und hartes Brot. Ich wusste schon nicht mehr, wann ich das letzte Mal einen klaren Gedanken fassen konnte. Doch es war besser so.

Langsam öffnete ich die Augen. Eine Hand fiel in mein Blickfeld. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich den Arm zu der Hand festhielt. Ich ließ meinen Blick weiter wandern und platinblondes Haar fiel mir ins Auge. Das gleiche Haar, was ich gestern verschwommen wahrgenommen hatte. Das gleiche Haar, was mir Halt gab und mich aus diesem Alptraum geholt hatte. Malfoy.

Erschrocken riss ich mich hoch. Tatsächlich. Ich lag in einem Bett mit Malfoy. Durch meine ruckartige Bewegung hatte ich ihm seinen Arm gegen das Gesicht geschleudert. Schlagartig war er nun auch wach. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich ihn an, in meinem Kopf ratterte es und sofort kamen all die Bilder zurück. Der Kampf im Bad. Das Blut. Der Kuss. Dumbledores Tod. Das dunkle Mal. Ich rutschte weg von ihm - und purzelte rückwärts aus dem Bett.

Draco POV:
Mit einem dumpfen Plong und einem kleinen Aufschrei, waren auf einmal nur noch Devons Füße zu sehen. Sie hatte mich so aus dem Schlaf gerissen, ich brauchte einen Moment. Schließlich begab ich mich zur Bettkante und stütze mich darauf ab. Immer noch perplex lag Devon auf dem Boden und blickte mich ungläubig an. Ein Lächeln zierte mein Gesicht, sie sah zu komisch aus.
„Hör auf so doof zu grinsen Malfoy", wies sie mich zurecht. Das war Devon, wie ich sie kannte. Doch sogleich wurde ihr Blick ernster. Sie setzte sich aufrecht hin und blickte sich unschlüssig um. „Wie bin ich hier hergekommen?"

Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Schmerzvoll verzog sie das Gesicht. Ich griff zu einem der Tränke. „Hier." Misstrauisch sah sie mich an.
„Gegen die Schmerzen", fügte ich hinzu. Doch sie schüttelte den Kopf.
Wie konnte man so stur sein. „Devon trink das", fuhr ich sie an.
„Ich will wissen, was passiert ist", brachte sie krampfhaft hervor.
„Nachdem du das getrunken hast." „Davor."

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