Kapitel 29

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Nancy POV:
Die ersten Monate vom neuen Schuljahr waren schon vergangen.
Und nichts war mehr, wie früher - alles hatte sich geändert.

Ich hatte die Ferien im Eberkopf verbracht und für Aberforth gearbeitet. Ich half ihm, wo ich konnte und durfte dafür in einem kleinen Zimmer schlafen. Es war die erste Möglichkeit, welche sich mir geboten hatte, um irgendwie ein Dach über dem Kopf zu haben. Er war zwar ganz nett, aber das Klientel war mehr als zwiespältig. Und einen Plan für meine weitere Zukunft hatte ich auch immer noch nicht. Und nun änderte sich auch noch alles um mich herum.

Die Zwillinge waren ab diesem Jahr nicht mehr in Hogwarts, sie fehlten mir jetzt schon schrecklich doll. Ihre Witze und Scherze hatten mich in den letzten Wochen doch sehr abgelenkt und mir ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert. Doch sie waren fertig mit der Schule und hatten ihren eigenen Laden endlich eröffnen können. Ich gönnte es ihnen von Herzen und würde sie bei meinem nächsten Besuch in der Winkelgasse besuchen gehen. Ihr Erfolg schien das einzig positive in diesem Jahr zu sein.

Das erste offizielle Quidditchturnier hatte ebenfalls schon stattgefunden - Gryffindor gegen Slytherin und Ron war der neue Hüter. Er war furchtbar nervös wegen allem, was letztes Jahr passiert war, doch Harry hatte es irgendwie geschafft ihn zu beruhigen. Und dann legte der Rotschopf ein gewaltig geniales Spiel hin. Natürlich gewannen wir und anschließend gab es eine ausgelassene Feier im Gemeinschaftsraum.
Vielleicht etwas zu ausgelassen, denn auf einmal war es Lavender Brown, welche der Meinung war, Ron nun als den besten Jungen der Schule zu finden und sich abrupt in ihn zu verlieben. Vor versammelter Mannschaft küsste sie ihn.

An diesem Abend sah ich Hermine nicht mehr. Ich wusste, sie hatte sich schon damals für den Weihnachtsball gewünscht, Ron würde sie fragen - vergebens.
Auch wenn sie nicht darüber sprach, war ich mir ziemlich sicher, es war schrecklich für sie. An sich war es für alle von uns schrecklich, da die Beiden nur noch aufeinander hockten und sich gegenseitig die Zungen in die Hälse steckten. Das war nicht mehr normal.

* * * *

„Won-Won", drängte die quietschende Stimme von Lavender durch den Gemeinschaftsraum. Sie kam auf uns zu, quetschte sich zwischen Ron und Harry auf das Sofa und ignorierte uns Mädels. „Gehen wir dieses Wochenende gemeinsam in die drei Besen?" Mit einem lauten Seufzer stand ich auf. Ich ertrug ihre Stimme einfach nicht, ich musste hier weg.

Hermine tat es mir gleich und wenige Schritte später, standen wir im Flur zur Bibliothek. „Ich hätte nie gedacht, dass ein Mensch so nervig sein kann", schüttelte ich den Kopf. Hermine presste zwar nur die Lippen aufeinander, aber ich wusste, sie stimmte mir zu.
Es gab nur eine Person, welche mich all die Jahre mehr genervt hatte als Lavender und das war Malfoy.

Doch auch er war ein weiterer Punkt, der sich geändert hatte. Er hatte noch kein einziges bissiges Kommentar abgelassen, keine Beleidigung, kein Zauber, einfach nichts. Ich würde fast sagen, er würdigte mich keines Blickes, wenn er in den Fluren an mir vorbeilief. Nicht, dass ich seine Aufmerksamkeit bräuchte, aber er hatte nie eine Gelegenheit ausgelassen, mich fertig zu machen. Oder Hermine. Oder über Ron herzuziehen. Oder Harry. Doch es geschah nichts.

Harry war der festen Überzeugung, Malfoy sei ein Todesser geworden wie sein Vater und würde nun Voldemort dienen. Wahrscheinlich hatte er eine Aufgabe von ihm bekommen und war deswegen zu beschäftigt. Ich glaubte ihm nicht, dafür war das Muttersöhnchen viel zu feige. Aber Harry war fast schon besessen und tüftelte ständig an einem Plan, wie er es beweisen konnte. Es gab kein anderes Thema mehr für ihn, was mich nach einer Weile auch sehr belastete.
Ich hatte wirklich versucht ihm zu glauben und ihm zu helfen, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass alles, was ich tat, falsch oder nicht gut genug war. All meine Freunde waren nur noch mit sich selbst beschäftigt.

Ich hörte ihnen zu, ließ sie in Ruhe, wenn sie es wollten und war aber doch jederzeit bereit, für sie da zu sein. Nur mir wollte keiner zuhören, ich wurde nicht einmal gefragt, wie meine Ferien waren oder was ich unternommen hatte. Ich hatte das Gefühl, Luft zu sein und fühlte mich auch so behandelt. Die Geschichte mit dem Schlafwandeln letztes Jahr, hatten sie alle geglaubt. Und selbst Hermine, welche mit mir seit Jahren in einem Raum schlief und wusste, ich schlief wie ein Stein und bewegte mich überhaupt nicht, hatte die Aussage für Bares genommen.

Und wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst war, ein wenig neidisch war ich auf sie auch. Während sie sich mit Liebe und keiner Liebe beschäftigten, musste ich mir Gedanken über mein Leben machen und wie ich meine Zukunft schon jetzt gestalten würde. Alleine. Ohne eine Familie. Oder ein Zuhause.
Vielleicht sollte ich doch zu Dumbledore gehen und ihn um Rat fragen, aber etwas in mir hinderte mich daran. Es interessiert niemanden. Die kleine Stimme in meinem Kopf war immer mit dabei und wurde über die Ferien lauter und präsenter. Ich kam mir so elendig vor. Wie ein verstoßenes Tier, unnütz - nicht wert, geliebt und umsorgt zu werden.

Gedankenverloren saß ich neben Hermine und wir schrieben unsere Aufsätze für Zaubertränke. Manchmal überkam mich eine Welle an Gefühlen, wie fremd wir uns doch geworden waren. Früher waren wir selbst bei unseren Hausaufgaben immer am Quatschen gewesen.

Doch das war letztes Jahr. Dieses Jahr war alles anders.

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