Zuhause

137 7 0
                                    


"Du bist also eifersüchtig auf Leute, die mich noch gar nicht kennengelernt haben?", frage ich grinsend und schaue zu meinem Freund hoch. "Ich bin nicht eifersüchtig", nuschelt er und verschränkt die Arme. "Nein, du hast nur allen gedroht uns den Kopf abzureißen, wenn wir ihr zu nahe kommen", lacht Travis und legt einen Arm um meine Schulter. Ich bin ziemlich sicher, dass er Patrick damit aus der Reserve locken will und es funktioniert. "Genau wegen sowas", zickt er und zieht mich in seine Arme. "Siehst du, eifersüchtig", sagt Travis und zwinkert mir zu. Irgendwie finde ich das ja schon süß und jetzt macht auch Matt's Bemerkung beim Spiel Sinn. Immerhin findet er Zed okay, mehr brauche ich gar nicht. "Ich finde es heiß wenn du eifersüchtig bist", flüstere ich in sein Ohr und stelle zufrieden fest, dass er erschaudert. "Und ich finde dich heiß", kontert er, was mich zum Lachen bringt. Wir haben wirklich eine ganze Menge Spaß und fahren beinahe jede Achterbahn des Parks. In Hogwarts bin ich förmlich kurz vorm Durchdrehen, als Potterhead bin ich hier wirklich im Paradies. Wir reizen unsere Zeit nicht ganz aus, damit wir es vorm Abflug noch schaffen zu duschen. 

Zed und ich haben eine Stunde mehr Zeit als die Mannschaft, weshalb ich Patrick den Vortritt lasse. "Kommst du direkt zu mir? Ich kann auch am Flughafen auf dich warten", fragt Patrick, als er aus dem Bad kommt. Ich starre ihn einen Moment an, bis ich antworten kann. Tut mir leid, aber an den Anblick kann man sich einfach nicht gewöhnen. "Du musst nicht warten, ich sage Zed, dass er mich bei dir rauslassen soll. Ich muss nur kurz Zuhause ein paar Sachen mitnehmen", sage ich schließlich und reiße den Blick von seinem nackten Oberkörper um ihm in die Augen zu schauen. "Was brauchst du denn noch? Eine Zahnbürste hast du schon bei mir und Klamotten kannst du auch von mir haben", schmollt er, was mich zum Lachen bringt. "Das macht fünf Minuten aus", lache ich, "Ich habe morgen früh Uni und brauche meine Unterlagen. Außerdem würde ich in der Vorlesung gerne meine eigenen Sachen anziehen". Er schaut mich verständnislos an. "Wieso das denn?", will er wissen, ich schüttle nur den Kopf über sein kindliches Verhalten. "Weil ich nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf mich ziehen will. Die meisten werden es schon gesehen haben, aber ich will so lange wie möglich einfach ich bleiben, bevor ich nur noch die Freundin von Patrick Mahomes bin", erkläre ich, ein bisschen ängstlich, dass er das in den falschen Hals kriegt. "Du wirst doch immer du bleiben", murmelt er und geht auf mich zu. "Für dich, ja. Für Zed auch und dein Team, aber für alle anderen werde ich deine Freundin sein. Dein Name hat mehr Gewicht als alles was ich sagen oder machen könnte", sage ich Schultern zuckend. Er schlingt seine Arme um mich und zieht mich an sich. "Ich will nicht, dass du je das Gefühl hast, in meinem Schatten zu stehen", flüstert er und drückt seine Lippen auf meinen Scheitel. Ich belasse es dabei und sage nicht, dass genau das der Fall ist. Allgemein macht mir das nichts aus, aber mein Studium ist mein Ding. Ich möchte bei meinem Job nicht von meiner Beziehung beeinflusst werden. Ich habe mir alles selbst erarbeitet und das sollen die Leute sehen. Niemand soll denken, dass ich durch die Beziehung einen Vorteil habe. Kurze Zeit später verabschieden wir uns und auch ich springe unter die Dusche. Mit einem lockeren Dutt und in meiner geliebten Sportleggings verlasse ich das Zimmer und treffe auf dem Flur auf Zed. "Bereit wieder nach Hause zu fliegen?", fragt Zed und ich nicke. "Könntest du mich nach einem kurzen Abstecher zu mir zu Patrick fahren? Er wollte am Flughafen auf mich warten, aber ich habe ihm gesagt, dass das nicht nötig ist", bitte ich meinen besten Freund. "Ihr verbringt so viel Zeit miteinander, es ist schon fast als würdet ihr Zusammen wohnen", stellt er fest, nickt aber. "Ja, ich habe das Gefühl wir müssen jede freie Minute miteinander verbringen, weil wir beide so beruflich eingespannt sind. Wenn ich Nachtdienst habe, sehe ich in kaum und wenn doch schlafen wir beide", seufze ich und stelle das erste Mal meine Arbeitszeiten infrage. "Da hast du wohl recht", stimmt er zu. Wir geben an der Rezeption unsere Zimmerkarten ab und machen uns mit einem Uber auf den Weg zum Flughafen. Ich kann nicht anders, als die Minuten zu zählen, bis ich wieder bei meinem Freund bin. Langsam aber sicher gewöhne ich mich sogar daran, ihn meinen Freund zu nennen. Ich sollte es meinen Eltern erzählen, bevor sie es im Internet irgendwo lesen, das hätten sie nicht verdient. Seit längerem habe ich den Anruf Zuhause vor mir her, doch jetzt bringe ich es hinter mich. Meinen Mutter geht ans Telefon und wir quatschen ein wenig über Gott und die Welt, bis ich ihr von meinem neuen Freund erzähle. Sie hat keine Ahnung von Football, ich höre aber im Hintergrund meinen Vater nach Luft schnappen. Meine Mutter ist skeptisch, das höre ich.  Die Sorge in ihrer Stimme, doch schließlich seufzt sie und scheint der Meinung zu sein, dass ich selbst vorsichtig genug geworden bin. Mal wieder enttäusche ich sie damit, dass ich nicht sagen kann wann ich in Deutschland bin und ob ich die Feiertage mit ihnen verbringen kann. Als wäre unser Weihnachten etwas Besonderes. Meistens sitzen wir gezwungen am Tisch, essen und halten Smalltalk über unverfängliche Themen, damit wir uns ja nicht wieder in die Haare kriegen. Nein danke, ich versuche lieber Silvester frei zu kriegen und rüber zu fliegen. Erleichtert atme ich aus, als wir den Flughafen erreichen und ich das Gespräch beendet habe. Wir haben nicht gestritten, vielleicht hilft die Distanz ja doch und wir machen Fortschritte. 

Ehe ich mich versehe, ist der Flug auch schon vorbei und ich sitze mit meiner neu gepackten Tasche in Zed's Auto, auf dem Weg zu Patrick. "Das nächste Spiel ist ein Heimspiel, gehen wir hin?", fragt Zed, als er vor der Einfahrt meines Freundes parkt. "Ja, zumindest zur ersten Halbzeit werde ich da sein, ob ich bis zum Schluss durchhalte, weiß ich noch nicht", stimme ich zu und schwinge die Beine aus dem Auto, "Danke fürs Nötigen, es war toll". Damit tippe ich den Zahlencode in das Tastenfeld des Tors und stapfe durch den Schnee die Einfahrt hinauf. Es fühlt sich an wie nach Hause kommen, das Gefühl hatte ich seit Jahren nirgendwo mehr. An der Tür will ich auf die Klingel drücken, doch sehe den kleinen Zettel daneben. Verwirrt folge ich der Anweisung und greife in meine rechte Jackentasche. Darin finde ich einen Haustürschlüssel. Hat er mir wirklich einen Schlüssel überlassen? Ich starre das Metall in meiner Hand einen Moment an, bis ich schließlich die Tür aufschließe und eintrete. Zuhause. 

Quaterback's Number OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt