Ehrlichkeit

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Wir brechen als erste auf nach Hause. Patrick weigert sich während der Playoffs auch nur ein Bier zu trinken und ich bin in einen Strom von Gedanken versunken seit meinem Gespräch mit Rashee. Pat bemerkt das natürlich, wie immer, aber lässt mich grübeln. Er flüstert mir lediglich zu, ob alles gut ist und belässt es dabei, als ich nicke. "Das war wirklich intensiv", stellt er fest, als wir zu Fuß auf dem Weg zum Arrowhead Stadion sind, um sein Auto zu holen. "Das stimmt, aber es ist ein kleiner Einsteig für mich. Ohne, dass jemand darüber berichtet oder so", stimme ich zu. "Ich habe ein Konzept für unser Opening", erzählt er schließlich, "Ich habe an ein Spendengala gedacht, die gleichzeitig eine Informationsveranstaltung wird". Ich denke darüber nach und nicke langsam. Das klingt gut, gutes Essen einige Leute und ein wichtiges Thema. Um so Sachen drehen sich solche Abende doch immer, oder? "Wann?", frage ich und starre die Sterne im Himmel an. "Wann immer du bereit bist. Ich habe nach dem Superbowl erstmal ordentlich Zeit mich voll da rein zu knien", antwortet er, während er mit einer meiner Haarsträhnen spielt. "Ich habe den Tag vorm Superbowl meine letzte Klausur. Die Klinik geht erst drei Woche später los. Das sollte ganz gut passen", erkläre ich und schaue ihn an. "Und bist du so weit?", fragt er und bleibt stehen, "Ich will nicht, dass du sich verpflichtet fühlst, nur, weil ich Zeit habe". Ich seufze und schaue ihm in die Augen. "Ganz ehrlich? Ich glaube ich werde nie so weit sein. Aber wenn ich es nicht versuche, weiß ich auch nicht, ob ich daran wachsen kann", seufze ich und bin kurz selbst von meiner Ehrlichkeit erstaunt. Wann habe ich damit angefangen direkt die Wahrheit zu sagen, ohne darüber nachzudenken? Früher habe ich immer gesagt, was die Leute von mir hören wollten, nicht was wahr ist. "Wieso guckst du so überrascht?", lacht er und streicht mir die Haare aus dem Gesicht. "Ich war einhundert Prozent ehrlich, ohne vorher darüber nachzudenken", gebe ich zu. "Ich schätze du meinst es mittlerweile auch so, wenn du sagst, dass du mir vertraust", stellt er lächelnd fest und ich nicke. Ich vertraue ihm vollkommen. 


Patrick's POV

Seit sie mit Rashee geredet hat, mache ich mir Sorgen. Sie hat kaum mehr ein Wort gesagt und ich kann förmlich das Kreisen ihrer Gedanken hören. Es fällt mir wirklich schwer sie nicht zu bedrängen, aber hier wird sie sowieso nicht ehrlich mit mir reden und ehrlicherweise möchte ich auch nicht, dass die anderen das mitbekommen. "Rashee hat wirklich tolle Sachen gesagt", unterbricht sie meine Gedanken und zieht mich weiter. Ich weiß genau, was sie meint. Seine Worte waren wie Balsam für meine Seele. Die ganze Zeit besteht die Sorge, dass ich nicht gut für sie bin, oder sie irgendwie triggere. Es ist schon sehr viel leichter geworden und die Tatsache, dass sie mir endlich absolut vertraut, macht es mir einfacher. "Das stimmt, es ist schön das von Außenstehenden zu hören", stimme ich ihr etwas zu spät zu. "Du bist wirklich ein guter Ast", fügt sie grinsend hinzu. Gott, ich liebe diese Frau so sehr. Wie sie Rashee erklärt hat, was in ihr vorgeht, war Wahnsinn. Natürlich hatte ich nicht damit gerechnet, dass sie sich öffnet, aber das ist ein gutes Zeichen. Und ihre Metapher war ein Beweis, dass sie genau die Richtige für unsere Organisation ist. Sie hat so einfach ein so komplexes Thema erklärt, das hätte ich niemals hinbekommen. "Ich gebe mein Bestes", verspreche ich ihr und halte die Tür der Beifahrerseite auf. "Abgesehen davon, dass du ein vorbildlicher Gentleman bist", lacht sie und lässt sich auf den Sitz fallen. "Was willst du morgen machen?", frage ich und lenke das Auto auf den Highway. "Meine Antwort wird dir nicht gefallen", stellt sie fest und ich verdrehe die Augen. "Lernen", stelle ich fest und sie nickt. "Bald stehen wieder Klausuren an, ich muss. Und die Uni geht nächste Woche wieder los", erklärt sie und ich nicke. Sie lebt für dieses Studium und ich werde ihr keine Steine in den Weg werfen, trotzdem ist ihr Durchhaltevermögen ein bisschen einschüchternd. Und nervig, wenn sie um sechs Uhr morgens aufsteht und ich lieber weiter kuscheln würde. Ja, sie hat mich absolut zum Softy gemacht und ich stehe dazu. "Wir können uns auch schon mal an die Gala setzen. Ich kann lernen während du das Spiel nachsprichst und danach können wir uns schon mal nach einer Location umgucken", bietet sie an und ich nicke. "Das klingt sinnvoll, so weit habe ich noch gar nicht gedacht. Aber wir sollten schon mal was reservieren und überlegen wer auf die Gästeliste kommt", bemerke ich. Wir sind kurz darauf Zuhause und gehen auf direktem Weg ins Bett. Meine Muskeln schmerzen, als ich mich ins Bett lege, vielleicht sollte ich morgen meinen Physio kontaktieren. "Woran denkst du?", fragt Liv und kuschelt sich an meine Seite. "An meinen Physio", antworte ich schmunzelnd. "Tut dir was weh? Du musst ja ganz schön einstecken heute", fragt sie und richtet sich auf. "Bin nur ein bisschen verspannt", murmle ich und will sie wieder an mich ziehen, doch sie bleibt eisern sitzen. "Dreh dich um", fordert sie mich auf. "Du musst nicht...", widerspreche ich. "Ich will aber. Sieh es als gute Ausrede dich anzufassen. Zieh den Pulli aus", unterbricht sie mich und schaut mich abwartend an. Grinsend ziehe ich meinen Hoodie aus und drehe ihr meinen Rücken zu. Kurz darauf höre ich die Schublade vom Nachttisch und sie träufelt etwas warmes auf meinen Rücken. "Was ist das? Das riecht gut", frage ich, als mir ein Lavendelduft in die Nase steigt. "Ich habe Massage aus Deutschland mitgenommen", erklärt sie und fängt an meine schmerzenden Muskeln zu massieren. Sie ist wirklich fast so gut wie mein Physio und ihre Berührung genieße ich natürlich noch mehr. "Da bildet sich ein Hämatom", murmelt sie und streicht über meine Rippen. "Ich werde es überleben", lache ich, mein Herz ist aber schwer, vor lauter Liebe, weil sie sich so um mich sorgt.  "Du bist aber auch ganz schön fest. Vor allem hier", brummt sie und drückt auf einen Punkt an meiner Schulter, sodass ich scharf die Luft einziehe. Ich merke förmlich, wie sie ein Knötchen in meinem Muskel hin und her schiebt. Verdammt das tut wirklich weh, aber morgen wird es sich umso besser anfühlen. Sie bearbeitet meinen ganzen Rücken bestimmt eine halbe Stunde, ehe sie aufgibt. "Ich kann nicht mehr", seufzt sie und lässt sich zurück fallen. "Das war toll, danke", nuschle ich ins Kissen, da ich schon fast eingeschlafen wäre. "Ich bin gleich wieder da", informiert sie mich und dann hebt sich die Matratze neben mir an. Sie ist nicht lange weg und ich habe mich in der Zwischenzeit wieder auf den Rücken gedreht. "Hier, leg das unter deinen Nacken", sagst sie und reicht mir ein warmes Körnerkissen. "Danke", flüstere ich und ziehe sie in meinen Arme, "Ich hab dich gar nicht verdient". Sie lächelt mich nur an und kuschelt sich dann in meine Halsbeuge. "Gute Nacht", seufzt sie und ich schlafe kurz darauf mit ihrem waren Atem auf meiner Haut ein.  

Quaterback's Number OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt