Schlechtes Gewissen

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Es ist schon fast Abend, als wir mit einem mächtigen Kater aufwachen. "Jetzt weiß ich wieder, warum ich nicht trinke", stöhne ich und presse mir die Hand gegen die Stirn. "Der Coach wird mich umbringen", seufzt Patrick und mich trifft die Erkenntnis wie ein Schlag. Verdammt, wir müssen unsere Koffer packen, unser Flug geht in ein paar Stunden. Nicht, dass der Privatjet ohne uns fliegen würde, aber ich möchte trotzdem pünktlich sein. "Wir müssen packen", seufze ich und setze mich auf, was ich direkt bereue. Mir wird kotzübel und alles dreht sich. "Geht's dir gut? Du bist so blass", frag Patrick besorgt und ich schließe einen Moment die Augen. Das macht es definitiv nicht besser. Ich springe auf und schaffe es gerade so bis ins Bad. "Geh weg", keuche ich, als ich höre, dass Patrick hinter mir her kommt. "Ich hätte dir nicht so viel aufschwatzen sollen", murmelt er reuevoll, während ich das Klo umarme. Er streicht meine Haare nach hinten und bleibt neben mir sitzen und ich drehe mich einmal auf links. "Ich hätte mir selbst auch eine Infusion gönnen sollen", keuche ich, als es endlich vorbei ist. "Du hast gar nicht so betrunken gewirkt", sagt er nachdenklich und ich muss lachen. "Nenn es meine Superkraft, man merkt es mir nie an", seufze ich und stehe auf um meine Zähne zu putzen. Jetzt geht es mir schon viel viel besser. Während Patrick nach unten geht um etwas zu essen, lege ich mich noch einmal ins Bett und schnappe mir schließlich doch eine Infusion. Gerade ziehe ich mit meinen Zähnen den Stauschlauch fest, als Patrick wieder rein kommt. "Kann man dir helfen?", lacht er und ich schüttle den Kopf. "Noch nicht, aber gleich", antworte ich und steche mit der Nadel in meine Ellenbeuge. "Krieg ich auch was gegen Kater?", bettelt er, während ihr mir die Nadel abnimmt, die ich ihm hin halte. Nachdem ich meinen Zugang fertig habe, krame ich in meiner Tasche und werfe ihm ein Tütchen Elotrans zu. "Dauert etwas länger bis es wirkt, aber ich muss dir nicht in deine teueren Venen stechen", erkläre ich und lehne mich am Kopfende gegen die Wand. Die Infusion wird in einer halben Stunde durch sein, dann kann ich packen und wir kommen rechtzeitig am Flughafen an. "Mein Bruder ist absolut fit und hat nicht mal Kopfschmerzen. Das ist so gemein", beschwert sich mein Freund, während er das Pulver in sein Wasser kippt. "Sehe ich genauso", brumme ich. 

Pat steckt den Abschied von seinen Eltern wesentlich besser weg als ich. Nach so langer Zeit hatte ich mal wieder das Gefühl, zu einer richtigen Familie zu gehören. Wir laufen Hand in Hand durch den kleinen Flughafen, zum Gate für seinen Jet. Mittlerweile geht es auch ihm besser, dann überlebt er vielleicht sogar das Training morgen früh. Wenn wir in Kansas gelandet sind, haben wir noch vier Stunden Zeit um zu schlafen, dann muss er zum Training. Wir sollten definitiv versuchen auch im Flugzeug schon etwas Schlaf zu bekommen. Im Flieger machen wir es uns auch direkt bequem und schauen aneinander gekuschelt einen Film bis wir eingeschlafen sind. Wir können tatsächlich den ganzen Flug durchschlafen und steigen wie gerädert aus dem Flugzeug in Kansas. Ich ziehe zitternd meine Jacke enger um mich und laufe mit gesenktem Kopf durch den Flughafen. Leider Gottes wird Patrick einige Male erkannt und wir halten immer wieder an, damit er Fotos machen kann. Davor ziehe ich wirklich den Hut, man sieht ihm an wie müde er ist, doch hat für seine Fans immer ein Lächeln übrig. Als ich wiederholt gähnen muss, entschuldigt er sich und kommt zu mir zurück. "Lass uns gehen, du schläfst ja gleich im Stehen ein", sagt er grinsend und schlingt einen Arm um mich. Zuhause lasse ich mich seufzend aufs Sofa fallen um kurz Kraft zu sammeln um die Treppe nach oben zu laufen. Mein Körper hat einfach keine Lust mehr ich kann es ehrlich nachvollziehen. "Willst du nicht ins Bett?", fragt Patrick, der gerade unserer Koffer im Wohnzimmer abstellt. "Hmm ich hab's gleich", seufze ich mit geschlossenen Augen. Ehe ich verstehe, was passiert, verschwindet der Boden unter mir. "Was machst du denn?", lache ich und schlinge meine Arme um seinen Hals, als er mich die Treppe hoch trägt. "Princess Treatment", antwortet er und ich lache noch mehr. "Wo hast du denn das Wort her?", frage ich und er grinst breit. "Von Travis und ich glaube der hat es von Taylor", erklärt er, "Die beiden haben übrigens gefragt, ob wir heute Abend bowlen gehen wollen". Ich nicke sofort, Taylor wieder sehen klingt super. Leider klingelt der Wecker schon wieder viel zu früh und ich bereue ehrlich, dass ich zugestimmt habe, mit zum Training zu kommen. "Aufstehen Babygirl, ich habe den Wecker schon viel zu knapp gestellt", seufzt Patrick und steht auf. "Eine Minute", brumme ich ins Kissen und er lässt mich tatsächlich liegen. "Du bist ja wieder eingeschlafen, wir müssen los", weckt er mich viel zu früh und ich mache seufzend die Augen auf. Patrick ist tatsächlich schon fertig, weshalb ich jetzt auch die Beine aus dem Bett schwinge. Schnell ziehe ich eine Sportleggings über, sowie einen seiner Pullis. Meine Haare fasse ich schnell in einem Messibun zusammen und nehme meine Zahnbürste mit ins Auto. Auf dem Weg zum Stadion putze ich meine Zähne und schnappe mir die Kekspackung als Frühstück aus dem Handschuhfach. "Hast du die da rein getan?", fragt Pat sichtlich verwirrt und ich nicke. "In Deutschland hatte ich immer Kekse und einen RedBull in meinem Auto". 

Im Stadion geht Patrick sich umziehen, während ich mich mit der dicken Wolldecke aus dem Auto, zum Rand des Spielfelds gehe. "Hey Coach", begrüße ich den großen Mann und lasse mich neben ihn fallen. "Du siehst aus wie der Tod in Person", stellt er fest und ich grinse schief. "Ich war wohl nicht bereit für Weihnachten in Texas", gebe ich zu und er lacht. "Na super, dann ist mein Quarterback mal wieder außer Gefecht. Er hat dich auf diese Höllenparty geschleift, oder? Er hängt jedes Jahr durch wenn er da war", seufzt er und ich nicke. "Ich habe mein Bestes gegeben ihn wieder fit zu machen", lache ich und der Coach nickt, sichtlich nur halb zu frieden. "Stimmt nicht, du hast bei meinem Bruder dein Bestes gegeben. Bei mir hast du dich geweigert", wirft Pat ein, der gerade zu uns gejoggt kommt. "Stimmt, weil ich nicht in deine 500 Millionen Dollar Venen stechen werde", wiederhole ich mich und der Coach lacht. "Ach, mach das ruhig beim nächsten Mal. Und nimm gefälligst die größte Nadel", brummt er und ich muss auch lachen. Patrick schaut uns beleidigt an und wird zu allem Überfluss auch noch von Travis ausgelacht, der ebenfalls alles mitgehört hat. "Wenn ich euch beide so anschaue, wird das heute Abend wohl eine Wasser Veranstaltung", stellt dieser fest und ich nicke. "So schnell fasse ich keinen Alkohol mehr an", nuschle ich. "Und ihr beide auch nicht. Ihr müsst in der ersten Januarwoche fit sein", fügt der Coach hinzu und scheucht die beiden zum Aufwärmen. "Pass nur auf ihn auf in Deutschland. Ich glaube nicht, dass er da mithalten kann", bittet der Coach und ich lache. "Er hat keine Chance, aber wir werden Silvester nichts trinken. Außerdem kommen wir ja nach ein paar Tagen zurück. Er hat gar nicht die Gelegenheit eine unserer Parties mitzuerleben", beruhige ich ihn. "Jetzt fangt den verdammten Ball", brüllt er, ehe er sich leiser wieder an mich wendet, "Hat er dir erzählt, wie er um eine Freistellung vom Training gebettelt hat, damit er mit dir fliegen kann? Er hat ehrlich alles gegeben". Stumm schüttle ich den Kopf und versuche das schlechte Gewissen abzuschütteln. Er nimmt eine Menge auf sich, damit er mitkommen kann. Vor allem lässt er Training sausen, obwohl ein Spiel ansteht. "Mach dir keinen Kopf, wären sie nicht schon sicher in den Playoffs, hätte die NFL nie zugestimmt. Aber so ist es machbar", fügt er hinzu, ehe er auf das Spielfeld geht und mich mit meinen Gedanken alleine sitzen lässt. 

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