Ich weiß wer du bist

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"Hey, ich bin Patrick", sagt mein Freund und streckt ihm die Hand entgegen. "Ich weiß wer du bist", faucht mein Bruder und ich ziehe instinktiv den Kopf ein. "Tut mir leid", entschuldigt er sich sofort bei mir. "Du weißt ganz genau, dass ich Streit... nicht mag", werfe ich ihm vor und er nickt schuldbewusst. "Und du glaubst, dass das hier eine gute Idee ist? Was hast du ihm für eine Geschichte erzählt?", fragt mein Bruder und ich kann den Stich in meiner Brust nicht ignorieren. "Er weiß es", flüstere ich und versuche die Tränen zurückzuhalten. Patrick bemerkt es natürlich sofort und kommt zu mir rüber. "Ich kann damit leben, wenn du mich nicht leiden kannst, aber hör auf deiner Schwester so einen Mist an den Kopf zu werfen. Als wäre es nicht schon schwer genug für sie", verteidigt Patrick mich und mein Bruder sieht ehrlich schockiert aus. "Tut mir leid, ich bin einfach nicht ich selbst im Moment... Ich bin Marc", stellt er sich schließlich vor und ich stutze. Das ist komisch, er ist IMMER er selbst. Mein Bruder ist die Art Mensch, die man nie aus der Ruhe bringen kann. "Wieso wolltest du unbedingt zu mir?", frage ich alarmiert und mustere ihn genau. Er hat Augenringe und verdächtig gerötete Augen. "Britney hat Schluss gemacht. Ich dachte du kannst mich ein bisschen ablenken", gesteht er. Daher weht also der Wind, seine Freundin hat ihn verlassen. "Na dann sei froh, dass ich gestern ein Flashback hatte und nicht in die Uni gegangen bin", brumme ich ein bisschen beleidigt, weil er wieder nur vorbeikommt, wenn er etwas braucht. In letzter Zeit ist ihm die Arbeit zu Kopf gestiegen und er hat sich kaum gemeldet. Wobei ich da vermutlich der letzte Mensch bin, der ihm einen Vorwurf machen kann. "Ein Flashback?", hackt er nach und sein Blick schießt zu Patrick. "Hör auf ihn so anzugucken, er hatte damit nichts zu tun", fauche ich böse. "Na ja, so ganz stimmt das ja nicht", wirft Pat ein und ich verdrehe die Augen. "Nicht hilfreich", seufze ich kopfschüttelnd. "Ihr zwei müsst mir ehrlich erklären, wie das funktioniert. Ich komme nicht dahinter,  nicht nur wegen Sebastian, auch wegen den Medien und dem Cyber...", spricht er, doch ich falle ihm schnell ins Wort. "Dann sollten wir uns hinsetzen. Willst du einen Kaffee?", lenke ich ab, was ihm nicht entgeht. Er kennt mich besser als jeder andere und merkt genau, dass ich meinem Freund noch nicht alles erzählt habe. Nickend folgt er mir und wir setzen uns die Theke in der Küche, während Patrick uns Kaffee macht. "Du siehst dünn aus", stellt mein Bruder fest und ich sehe, wie sein Blick wieder zu meinem Freund huscht. "Hör auf ihn für alles verantwortlich machen zu wollen und frag dich lieber wieso ich wach und gut gelaunt bin nach dem Flashback", pampe ich ihn an und sehe die Erkenntnis auf seinem Gesicht. "Du hast hier geschlafen? Richtig geschlafen?", fragt er und nimmt dankend die Tasse entgegen. "Ziemlich gut geschlafen sogar. Wir reden immer direkt über alles und es hilft mir. Ich schlafe viel besser wenn er da ist", erkläre ich mit einem verträumten Lächeln auf dem Gesicht. Marc schüttelt fassungslos den Kopf. "Du bist ja sowas von verliebt", stellt er fest und ich nicke grinsend. Endlich hat er es verstanden. "Ich auch", brummt Patrick und lässt sich auf den Stuhl neben mir fallen. "Ja keine Frage, selbst ein Blinder sieht wie du sie anschaust", erwidert mein Bruder resigniert. Ihm scheint das alles immer noch nicht ganz zu passen, aber er scheint Patrick nicht länger ermorden zu wollen. 

Wir erzählen ihm die ganze Gesichte, wie wir uns kennengelernt haben, Zed's Rolle in der Gesichte, was ich ihm erzählt habe und schließlich von dem Flashback gestern. Mein Bruder scheint das gar nicht glauben zu können, aber nickt immer wieder. "Ich muss langsam zum Training", seufzt Patrick und steht auf. Er verschwindet um sich umzuziehen und ich mache mich auf einen Fragenhagel gefasst, der ausbleibt. "Willst du gar nichts sagen?", frage ich und schaue ihn perplex an. "Ich weiß nicht was", gesteht er, "Ich würde diesen Kerl gerne hassen, aber ihr beide macht mir das echt schwer. "Das nehme ich als Kompliment", lacht Patrick, "Wir können später zusammen kochen, ich gehe auf dem Heimweg schnell einkaufen. Bis dann". Zum Abschied küsst er mich kurz und verschwindet dann in Sportsachen aus der Haustür. "Ihr kocht zusammen? Er lässt dich in seinem Haus alleine? Er geht für euch einkaufen", murmelt mein Bruder ungläubig vor sich her. "Wir kennen uns noch nicht so lange, aber es ist als wären wir schon ewig zusammen. Ich habe nur Albträume wenn er nicht bei mir schläft. Ich verstehe das alles selbst nicht, aber ich will auch nichts ändern", erkläre ich und verschränke die Arme. "Das solltest du auch nicht. Ich habe dich ewig nicht so glücklich erlebt", erwidert er ehrlich. "Gestern war ich kurz davor alles wegzuwerfen, weil er immer so mit mir leidet und ich ihn einfach nicht kaputt machen will", gestehe ich leise. "Und was hat deine Meinung geändert?", fragt Marc neugierig. "Er hat mir gesagt, dass er mich liebt. Und ich liebe ihn. Ich will gar nicht von ihm getrennt sein, die Tage an denen er ein Auswärtsspiel hat sind die Hölle", erkläre ich, "Stell dir vor, er ist in meiner Nachtdienstwoche sogar extra nachts wach geblieben, damit er mit mir zusammen tagsüber schlafen kann. Ich hätte es auch keinen einzigen Tag länger ausgehalten ihn nicht zu sehen". Langsam aber sich breitet sich ein echtes Lächeln auf seinem Gesicht aus. "Das freut ich so sehr für dich. Und ich vertraue dir, dass du dich auf den richtigen Menschen einlässt. Nichtsdestotrotz wirst du mit ihm über die Medien Sache sprechen müssen. Er steht nun mal in der Öffentlichkeit und ihr könnt euch nicht ewig verstecken", legt er mir ans Herz, ich weiß, dass er Recht hat. "Ich weiß, aber ich möchte ihm nicht zu viel auf einmal zumuten. Fürs erste habe ich ihm vom Verhältnis zu unseren Eltern erzählt, weil er mit mir über Silvester nach Deutschland fliegt. Wenn ich den Besuch gut überstanden habe, erzähle ich ihm auch noch das letzte Bisschen. Fürs Erste ist er aber mit dem was er weiß gut bedient. Er würde es nie zugeben, aber es belastet ihn", seufze ich und er nickt verstehend. "Du findest deinen Weg, so wie immer. Patrick ist glaube ich wirklich ein guter Mensch. Du solltest darum kämpfen was ihr habt. Und was Deutschland betrifft, ich glaube, dass du das schaffst. Sicherlich wird es nicht leicht mit all den Triggern, aber du hast ja dein persönliches Gegengift dabei", grinst er. 

Wir reden noch eine ganze Weile, hauptsächlich über seine Trennung und trinken Tee. Es tut mir wirklich in der Seele weh, dass er so leidet, aber ich habe diese eigebildete Britney nie gemocht. Ich würde es ihm nie sagen, aber ohne sie ist er wirklich besser dran meiner Meinung nach. Nach zwei Stunden verabschiedet sich mein Bruder schließlich und ich beschließe Patrick zu überraschen, wenn er nach Hause kommt. Schnell mache ich Bestandsaufnahme bei den Vorräten und finde tatsächlich genug Zutaten für eine Gemüselasagne. Fünf Minuten bevor mein Timer für den Ofen abläuft, öffnet sich die Tür und Patrick kommt herein. "Hey, ich bin Zuhause!", ruft er, "Ach verdammt, ich muss nochmal los. Ich habe vergessen einzukaufen". Lachend laufe ich ihm entgegnen.  "Nicht nötig", beruhige ich ihn und lege kurz meine Lippen auf seine. In dem Moment klingelt der Timer los und ich ziehe ihn in die Küche. "Ich habe schon gekocht", füge ich hinzu und drücke ihn auf einen Stuhl an der Küchenzeile. "Als könntest du Gedanken lesen, ich bin am verhungern", lacht er. 

Quaterback's Number OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt