Mädelsabend

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Ich sag's euch, bei mir geht es drunter und drüber. Ich bin seit Montag im Psychiatrie Praktikum und komme kaum zum schreiben, sorry. Dafür heute etwas länger ;)

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„Und? Bereit?", höre ich Travis' Stimme von unten und muss schmunzeln. Er ist viel zu früh dran, insgeheim hat er sich bestimmt auf den Männerabend gefreut. Ich schmeiße die letzten Sachen in meine Tasche und gehe dann nach unten. „Hey, alles klar?", unterbreche ich Travis, der gerade eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank zieht. „Ich bin bereit zu kontern", lacht er, „Bring es mir heile wieder". Damit wirft er mir seinen Autoschlüssel zu und verschwindet im Wohnzimmer. „Ruf mich bitte an, wenn es nicht geht. Ich trinke nichts, ich kann dich jederzeit abholen", sagt Patrick und schlingt seine Arme um mich. „Du kannst ruhig trinken, ich komme schon klar. Bis morgen", verabschiede ich mich von ihm und drücke ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen. Er lässt mich nur widerwillig los und ich spüre, wie er mir nachschaut, als ich die Wohnung verlasse.

„Das wird so super", ruft Taylor, als sie die Tür aufreißt und mich in eine Umarmung zieht. „Ich bin bereit für einen testosteronfreien Abend", stimme ich lachend zu und lasse mich von ihr nach drinnen ziehen. „Ich habe schon Pizzateig gemacht, wir müssen nur noch belegen", erzählt Taylor und führt mich in die Küche. Auf der Küchenzeile steht schon Sekt bereit und eine große Schüssel mit Teig. Wir machen uns Musik an und tanzen durch die Küche, während sich jeder eine Pizza belegt. Als sie im Ofen ist, schnappen wir uns die Flasche Sekt und verziehen uns ins Wohnzimmer. Wir kuscheln uns aufs Sofa und zappen planlos durch Netflix. „Wie wäre es mit To all the Boys I've loved before?", schlägt sie vor. „Ich kenne nur die Bücher, aber die waren echt gut", gebe ich zu und Taylor fallen fast die Augen aus dem Kopf. „Was?! Du kennst den Film nicht? Aber.... Noah Centineo!", stottert sie und ich muss lachen. „Wer ist Noah Centineo?", frage ich lachend. „Oh mein Gott, wir müssen den Film gucken", entscheidet sie und gibt den Titel in der Suche ein. Nach ungefähr fünfzehn Minuten ist mir voll und ganz klar, wieso ich diesen Schauspieler kennen sollte. Verdammt, der sieht wirklich gut aus. „Hab ich zu viel versprochen?", fragt sie und ich schüttle den Kopf. „Ich verstehe jetzt einiges", gebe ich zu und zucke heftig zusammen, als mein Timer klingelt. „Pizza ist fertig", rufe ich und springe auf. Das Essen sieht wirklich gut aus und, dass wir auf dem Sofa essen, macht es natürlich noch besser. Das Sofa ist praktisch eine Kissen Burg und wir seufzen abwechselnd wegen dem guten Essen und dem gut aussehenden Schauspieler. Schon bald merke ich auch den Sekt und unsere Stimmung wird immer ausgelassener. „Lass uns Singstar spielen", ruft Taylor, als der Film zu Ende ist. „Auf gar keinen Fall werde ich mit DIR Singstar spielen", wehre ich lachend ab. Wie unfair wäre das denn bitte?! „Okay, dann halt Just Dance", brummt sie und schmeißt die Spielkonsole an. „Auch unfair aber nicht ganz so schlimm", gebe ich zu und raffe mich vom Sofa auf. Es dauert keine zehn Minuten bis wir wild durch das Wohnzimmer tanzen und laut singen.
„Ich bin so froh, dass ich dich kennenlernen durfte", sagt sie, als wir keuchend auf dem Rücken auf dem Teppich liegen, „So eine gute Freundin hatte ich ewig nicht". In meinem Hals bildet sich ein dicker Klos, den ich schnell runterschlucke. „Ich bin auch froh, dass wir uns getroffen haben. Ich habe ganz vergessen wie toll es ist eine Freundin zu haben. Ich meine, ich habe einen wirklich guten Freund und ich habe Patrick, aber...", erkläre ich, doch werde von ihr unterbrochen. "Das ist nicht das selbe, stimmt's?", fragt sie grinsend und ich nicke. "Weißt du, Zuhause hatte wirklich viele tolle Freunde, aber Sebastian hat mich immer mehr von ihnen distanziert und irgendwann hatten wir keinen Kontakt mehr. Ich schätze das hat alles zu seinem Plan gehört", seufze ich. Sie schaut mich traurig an und ich kann förmlich die Fragen hören, die ihr durch den Kopf schwirren. "Frag ruhig", ermutige ich sie. "Ich... Keine Ahnung wie man so Fragen stellt, aber ich habe eigentlich keine Ahnung, was passiert ist. Patrick hat immer gesagt, es wäre nicht seine Geschichte und er hätte kein Recht es zu erzählen", erklärt sie zögerlich. Ich schließe kurz lächelnd die Augen, weil ich wieder einmal nicht glauben kann, was für ein toller Mensch er ist. Er hat seinen Freunden nichts erzählt, obwohl ich es ihm nie verboten habe, er wusste einfach, dass ich es nicht gut finden würde. Nicht einmal seiner Mutter hat er etwas erzählt, bis ich ihm gesagt habe, dass es okay ist. Und ich weiß, dass er von sich aus nie darum gebeten hätte. Er lässt mich immer selbst meinen Weg finden und gibt mir Zeit. Gott, ich liebe diesen Mann! "Sebastian hat mich von meinen Freunden und meiner Familie abgeschottet, ohne, dass ich es bemerkt habe. Und als ich keinen Kontakt mehr zu irgendjemandem hatte, hat er angefangen mich zu misshandeln. Am Anfang hat er mir weiß gemacht, dass es Unfälle waren, damit ich nicht gehe und irgendwann hatte ich zu viel Angst um zu gehen", erzähle ich, lasse aber bewusst Details aus. Es gibt Dinge, mit denen ich sie nicht belasten muss. "Als wir kochen wollten und Pat das Messer genommen hat...", fängt sie vorsichtig an. "Habe ich ein Flashback gehabt", beende ich ihren Satz, "Sebastian hat mich versucht mit einem Messer umzubringen. Glücklicherweise hat mich mein Bruder gefunden, bevor ich verbluten konnte. Ich habe in dem Moment nur Sebastian gesehen. Wir waren so oft in Situationen, wo ich in meiner Panik gefangen war, aber Patrick ist einfach toll und wahnsinnig geduldig". Taylor schaut mich mit Tränen in den Augen an und ich bereue kurz so viel erzählt zu haben. Sie wird sich jetzt unnötig Gedanken um mich machen. "Ich hätte nie gedacht, dass es so etwas krasses ist", gesteht sie, "Am Anfang wirkte Patrick immer mal wieder in sich gekehrt und er hat viel gegrübelt. Ich habe das nie verstanden, weil ich immer anders war, wenn ich frisch verliebt war, aber er hat viel nachgedacht. Ich verstehe jetzt wieso und ich bin wirklich froh, euch jetzt so zu sehen. Ihr wirkt so als hättet ihr nicht den Hauch eines Geheimnisses voreinander. Ihr scheint euch nur mit Blicken zu verstehen". Ich denke über ihre Worte nach. Sie hat Recht, Patrick hat am Anfang unserer Beziehung viel nachgedacht und war extrem vorsichtig, aber mittlerweile kennen wir unsere Grenzen gut und müssen nicht mehr reden, um uns zu unterhalten. "Ich bin so froh, dass er ist, wie er ist. Ich habe das erste Mal so richtig Hoffnung, dass ich das alles hinter mir lassen kann", sage ich lächelnd. Taylor nickt nachdenklich. "Hattest du Therapien oder so?", fragt sie, mittlerweile nicht mehr so zögerlich. "Ich habe es versucht, aber habe irgendwann keine Fortschritte mehr gemacht. Der Psychologe hat mir geholfen, dass ich wieder rausgehen kann und nicht mehr in jedem Menschen das schlechte sehe, aber selbst er hat gesagt, dass eine Beziehung für mich unwahrscheinlich ist. Patrick hat alles geändert", antworte ich. Wann ist wohl der beste Moment um sie nach dem Event zu fragen? "Er macht das wirklich gut. Er liebt dich über alles, ich glaube er würde alles für dich tun", bemerkt sie. Jetzt, jetzt ist der Moment. "Das tut er. Ich wollte dich noch was fragen. Patrick hat eine neue Organisation gegründet, die weißen Füchse. Er möchte auf das Thema häusliche Gewalt aufmerksam machen und Leuten wie mir helfen. Wir machen das Projekt zusammen und haben endlich einen Start", erkläre ich die Idee, "Wir schmeißen nach dem Superbowl eine Spendengala und wollten dich fragen, ob du kommen möchtest". 

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