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Demir:
Ihr Anruf hatte mich sehr überrascht und ich fragte mich was sie mir zu sagen hatte.
Irgendwie faszinierte sie mich.
Sie war furchtlos.
Ich könnte ihr sonst etwas antun, aber trotzdem hatte sie scheinbar keine Angst vor mir.
Brauchte sie auch nicht zu haben.
Ich würde ihr niemals etwas antun.
Sie war Umuts kleine Schwester, quasi die Unschuld in Person.
Für mich war sie immer noch ein kleines Mädchen, auch wenn sie mittlerweile Anfang Zwanzig sein müsste.
Konzentriert fuhr ich zu unserer Firma.
Ich würde sie hier empfangen.
Meine Eltern sollten auch nichts von dem Treffen erfahren. Sie würden es sowieso nicht gutheißen.
Außerdem hatte ich diese Scheiße gebaut.
Also würde ich sie wieder gerade biegen müssen.
Ich war ein erwachsener Mann und konnte meine eigenen Entscheidungen treffen.

Ich parkte mein Auto und ging dann ins Büro rein, dort machte ich Licht an und bereitete in der kleinen Küche Çay vor.
Es wäre unhöfflich, ihr nichts davon anzubieten.
Ich sah raus und nippte an meinem Tee, sie könnte jeden Moment da sein.
Und schon entdeckte ich schon die Scheinwerfer eines weißen Minis, der auf das Gelände rauf fuhr.
Filiz parkte und blieb eine Weile sitzen, sie schien nachzudenken.
Doch stieg schlussendlich aus.
Ich ging zur Tür und wartete bis sie bei mir war.
Ich musterte ihre Erscheinung.
Sie trug einen rosa Pyjama und darüber einen cremefarbenen Bademantel.
Die Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten.
Sie sah ganz anders aus als beim letzten Mal.
Viel jünger, auf jeden Fall.
„Hallo, Demir.", sagte sie und schaute dann zu mir.
„Hey, komm rein.", sagte ich freundlich und ließ sie rein.

„Komm.", meinte ich und führte sie in mein Büro.
Sie setzte sich auf das Sofa gegenüber von meinem Schreibtisch und atmete erstmal laut aus.
„Macht es dich nervös hier zu sein?", fragte ich sie und gab ihr einen Çay.
Sie nickte und trank dann davon.
Sie fand scheinbar nicht die richtigen Worte um ein Gespräch anzufangen.
Also fing an an zu reden.
„Es ist normal aufgeregt zu sein, schließlich sind wir quasi Erzfeinde, wir sollten uns hassen."
Nun hatte ich ihre Aufmerksamkeit.
„Ich mache es knapp, Filiz. Ich spiele mit offenen Karten und erwarte auch das Selbe von dir.", teilte ich ihr mit.
„Ich weiss nicht, wer deinen Bruder getötet hat. Möge er in Frieden ruhen. Ich war es jedenfalls nicht. Aber ich möchte dir trotzdem mein Beileid aussprechen, auch wenn es schon so lange her ist."
Sie sah mich an und nickte.
„Danke.", wisperte sie.
Meine Worte schienen bei ihr anzukommen, denn ich sah wie ihre Augen glasig wurden.
„Wieso hast du das Auto kaputt gemacht?", wollte sie nun wissen.
Ich seufzte, ich schämte mich dafür.
„Es war dumm, das sehe ich ein. Aber ich war so wütend wegen dem Einbruch. Meine Mutter hatte Todesangst und als sie dann diese Worte an die Wand geschrieben haben... Ich konnte das nicht auf mir sitzen lassen.", erzählte ich.
„Welche Worte?", fragte sie verwirrt.
„Deine Tage sind gezählt.", sagte ich knapp.
Filiz kniff die Augen zusammen.
„Sie wollen die Blutrache, Demir.", sagte sie und ich sah wie ihr einige Tränen übers Gesicht kullerten.
Ich ging zu ihr und holte ein Taschentuch aus meiner Hosentasche.
Ich kniete mich zu ihr und gab es ihr.
„Danke.", schniefte sie.
Ich legte meine Hand auf ihr Knie, doch sie zog es weg.
Also ging ich ein wenig zurück, sie sollte keine Angst haben.
„Du denkst, sie wollen mich umbringen?", fragte ich sie leise, da es erst jetzt zu mir durchdrang.
Filiz nickte.
„Ich weiss es.", flüsterte sie.
„Meine Brüder haben es mir gesagt, Demir. Ich möchte nicht, das noch ein Unschuldiger stirbt."
Sie glaubte mir also, das gab mir Mut.
„Wir müssen das verhindern. Wir müssen Frieden zwischen unsere Familien schaffen.", sagte Filiz.
„Das ist leichter gesagt als getan.", gab ich zurück.

„Unsere Väter werden sich morgen treffen.", sagte ich.
Filiz schien überrascht zu sein.
„Das wusste ich nicht."
„Denkst du es ist ein Hinterhalt?", wollte ich wissen.
Sie schüttelte den Kopf.
„So schätze ich meinen Vater nicht ein."
„Ich glaube du kennst deinen Vater nicht so gut.", murmelte ich nur.
„Was redest du da? Hüte deine Zunge.", ermahnte sie mich.
„Du weisst einige Dinge nicht über unsere Familien, das ist nicht deine Schuld. Du warst damals noch ein Kind."
„Ich kenne meinen Vater, er würde niemanden grundlos verletzen. Er ist ein guter Mann.", verteidigte sie ihren Vater.
So gehörte es sich auch.
Für sie war er der liebevoll Vater, von seiner dunklen Vergangenheit und den dreckigen Geschäften, wusste sie nicht.
Ich sagte dazu gar nichts mehr.
Hoffentlich würde sie diese Seite von ihm, nie zu Gesicht bekommen.
„Weisst du eigentlich was vor Umuts Tod passiert ist?", fragte ich sie vorsichtig.
Sie nickte: „Ein geplatzter Businessdeal."
Innerlich lachte ich auf, natürlich wusste sie es nicht.
„Kann man so sagen.", meinte ich.
Filiz sah mich mit einem fragenden Blick an.
„Erzähls mir, Demir. Bitte.", forderte sie, doch ich verneinte.
„Ein anderes Mal vielleicht. Oder frag deinen Vater."
„Er spricht mit mir nicht über seine Geschäfte."
„Ist vielleicht auch besser so, Filiz. Kleine Mädchen sollten sich auch nicht darin einmischen.", meinte ich provokant.
Ich wollte eine Reaktion aus ihr heraus locken, ohne das ich das Bild, was sie von ihrem Vater hatte, zerstörte.
„Ich bin kein kleines Mädchen!", sagte sie trotzig.
Ich grinste.
„Du wolltest mit offenen Karten spielen, also erzähl!", meinte sie, als ich ihr keine Antwort gab.
„Nun gut, aber ich sage dir von vorne rein. Die Geschichte wirft kein gutes Licht auf deinen geliebten Baba."

Liebe unter FeindenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt