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Demir:
Am nächsten Morgen saß ich mit meinen Eltern im Wohnzimmer.
Ich hielt Filiz Kette zwischen meinen Fingern, als mein Vater mir erzählte von seinem Gespräch mit Veysel Aslan.
Mein Vater hatte nichts zu Umuts Tod gesagt, oder den Umständen damals.
Er hatte nur für den Frieden zwischen unseren Familien plädiert.
Onkel Veysel hatte ihm gesagt, das meine Taten zu weit gingen und er seine Familie schützen wollte.
Er wollte sich sicher sein, das wir uns gegenseitig nie mehr Schaden zufügen würden.
So wie es klang, war Onkel Veysel nicht mehr so rachesüchtig, wie er es damals gewesen war.
„Wir haben etwas ausgemacht, was auch dich betrifft, Demir.", sagte mein Vater ernst.
Mir gefiel die Art und Weise nicht, wie er mich anschaute.
„Veysel und ich wollen beide hundertprozentige Sicherheit, das kein Krieg ausbricht. Es soll niemand mehr zu schaden kommen."
Ich nickte und schaute zu meiner Mutter.
Sie sah nervös aus dem Fenster, scheinbar wusste sie was mein Vater mir zu sagen hatte.
„Was habt ihr abgemacht, baba?"
„Wir vereinen unsere Familien, Demir.", sagte er: „Das hätten wir vor langer Zeit schon tun sollen."
Unsere Familien vereinen? Er meinte doch nicht...
„Wie vereinen? Meinst du heiraten?", fragte ich ihn perplex, mit so einem Vorschlag hatte ich nicht gerechnet.
Doch mein Vater nickte: „Du wirst Veysels Tochter Filiz heiraten."
Ich formte meine Hände zu einer Faust und umschloss die feine Goldkette, die ihr gehörte.
In diesem Moment sagte ich nichts mehr.
Ich dachte nur an Filiz.
Die Kleine war gerade erst erwachsen geworden.
Sie war in meinen Augen noch ein Mädchen, es war wohl kaum in ihrem Interesse zu heiraten.
Bei mir war es anders, ich war schon 31, meine Mutter hatte mich schon oft darum gebeten endlich eine Frau zu finden.
Doch ich war nicht daran interessiert mich zu binden. Wenn man eine emotionale Bindung zu einem Menschen aufbaute, hatte man eine Schwachstelle.
Ich wollte keine Schwachstelle haben.
„Es ist beschlossen, Demir.", sagte mein Vater noch: „Es ist außerdem Zeit für dich eine Familie zu gründen."
Innerlich kochte ich.
Das konnte er nicht so einfach entscheiden!
„Baba.", sagte ich doch er schüttelte streng den Kopf.
„Demir!", ermanhnte er mich.
„Du wirst sie heiraten, haben wir uns verstanden? Deine schwachsinnigen Aktionen haben dazu geführt! Sei froh das ich eine Lösung gefunden habe, die nicht mit deinem Tod endet!", schrie er mich an.
Meine Mutter fing an zu weinen.
Ich legte meinen Arm um sie und schwieg.
Dann stand er auf und ging.

Leise weinte sich meine Mutter bei mir aus und drückte mich so fest, als hätte sie Angst es wäre das letzte Mal das sie mich halten könnte.
„Annem...", murmelte ich nur, sie war immer noch so aufgewühlt.
„Demir, bitte.", schluchzte sie.
Dann sah sie zu mir auf.
„Filiz ist bestimmt eine wunderhübsche, junge Frau geworden. Du kennst sie doch von früher. Bitte geb dem Ganzen eine Chance."
Sie war eine hübsche, junge Frau geworden, das stimmte. Natürlich wusste meine Mutter nicht, das wir einander gesehen hatten.
„Tu es für die Familie, canim. Mein Herz macht das alles nicht mehr mit.", flüsterte sie.
Stumm nickte ich. Ich musste das für sie tun.
Dann plazierte ich einen Kuss auf ihren Kopf.
„Mach dir keine Sorgen, annem."
Meine Mutter löste sich von mir und trocknete ihre Tränen.
„Weiss sie es schon?", fragte ich sie vorischtig.
Sie schüttelte den Kopf.
„Sie wollen es ihr am Wochenende sagen, sie hat am Freitag Geburtstag.", sagte sie mir.
Bis zum Wochenende waren es noch drei Tage.
Ich konnte ihr bis dahin nicht mehr schreiben.
Es wäre nicht richtig es von mir zu erfahren.
„Sie tut mir leid.", murmelte ich.
„Sie wird einen tollen Ehemann bekommen, es muss dir nicht leid tun.", sagte meine Mutter ermutigend.
Ich zuckte mit den Schultern.
Ob ich so ein guter Ehemann sein würde, bezweifelte ich.
Sollte eine Ehe nicht aus Liebe entstehen?
Filiz war aufgewachsen mit dem Gedanken mich zu hassen...
Doch das tat sie nicht, wenn wir zusammen waren spürte ich, das sie nicht dazu fähig war wirklich zu hassen.

„Ich gehe raus, ich komme später wieder.", sagte ich und stand auf.
Ich musst einfach raus aus dem Haus.
Meinen Kopf frei kriegen.
Denn seit Tagen dachte ich nur an Filiz.
Ich stieg in mein Auto und fuhr einfach sinnlos rum.
Als ich an einer Ampel stand bekam ich eine Nachricht.
Ich entsperrte mein Handy und sah das die Nachricht von Filiz kam.
„Weisst du schon mehr?"
Ich seufzte und sperrte mein Handy.
Sie sollte nicht vor ihrem Geburtstag solche Nachrichten bekommen.
Es müsste ihr 21. Geburtstag sein.
Ich war 10 Jahr älter als sie.
Ich atmete tief ein und stellte meinen Wagen auf einem Parkplatz ab.
Ich brauchte sofort Ablenkung.
Vielleicht sollte ich Maria nochmal anrufen.
Sie war bestimmt immer noch sauer auf mich.
Obwohl sie keinen Grund dazu hatte.
Nie war ich unehrlich gewesen, sie wusste genau das ich keine Beziehung suchte.
Also schrieb ich ihr: „Kann ich vorbei kommen?"
Ich schickte die Nachricht ab und sah nach draußen.
Auf dem Parkplatz vor Rewe war nichts los.
Es war mittlerweile 21 Uhr gewesen.
Mein Handy vibrierte also schaute ich drauf.
Ich erwartete eine Nachricht von Maria, doch sie war es nicht.
„Ich sehe es auch, wenn du meine Nachrichten gelesen hast, das ist dir bewusst oder?"
Auch, wenn wir in einer scheiss Situation steckten, musste ich trotzdem grinsen.
Die kleine Filiz hatte es faustdick hinter den Ohren.
Zum Glück wusste sie nichts, von dem was sie erwartete.
Ich beschloss einfach zu antworten, es war nichts dabei. Von mir würde sie es nicht erfahren.
„Ich weiss noch nichts.", tippte ich.
Sie schrieb zurück: „Ich auch nicht, mein Vater tut so geheimnisvoll."
Dann schrieb sie weiter.
„Wann bekomm ich meine Ketter zurück?"
„Weiss ich nicht."
„Ich habe am Freitag Geburtstag, du kannst sie mir als Geschenk wieder geben."
Ich sah zu ihrer Kette, ich hatte sie eigentlich die ganze Zeit dabei. Ich fragte mich wer sie ihr gegeben hatte.
Vielleicht hatte sie einen Freund, von dem ich nichts wusste. Was ich mir aber nicht vorstellen konnte.
Es hatte mich auch nichts anzugehen.
„Du kriegst sie schon wieder, keine Sorge.", schrieb ich nur noch.
„Bitte, Demir. Umut hat sie mir geschenkt, sie ist mir sehr wichtig.", kam es von ihr.
Ich sah mir den Anhänger wieder an. Sie war also von ihrem Bruder.
Seufzend legte ich die Kette weg.
Wie unser nächstes Aufeinandertreffen wohl sein würde?

Liebe unter FeindenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt