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Filiz:
Demir hatte mir seit Tagen nicht mehr geantwortet. Es kam mir vor, als würde er mich ghosten.
Meine Kette wollte ich trotzdem wieder haben.
Seit dem Gespräch zwischen Baba und Onkel Berkan, schien sich die Lage wieder einigermaßen beruhigt zu haben.
Heute war mein 21. Geburtstag und ich stand vor dem Spiegel um mich fertig zu machen.
Anscheinand hatte Baba im Riva in Düsseldorf für uns reserviert.
Okan und Dilan, sowie meine andere Verwandschaft würde kommen.
Ich mochte es nicht im Mittelpunkt zu stehen, doch an diesem Tag ging es leider nur um mich.
Ich fasste an meinen leeren Hals.
Die Kette fehlte mir wirklich sehr.
Ich seufzte und trug mir Lipgloss auf, vielleicht würde mir jemand eine neue Kette schenken.
Da ich sie von Demir wohl nicht zurück bekam.
Dabei wusste er, das ich heute Geburtstag hatte. Schließlich hatte ich es ihm selbst gesagt.
Ich fuhr mir durch meine gewellten Haare und sah mich nochmal im Spiegel an.
Irgendwie hatte ich das Gefühl, das ich Demir so schnell nicht wiedersehen würde.
Es hatte vermutlich mit der Abmachung zu tun...

Auf dem Weg ins Restaurant saß ich mit Levent hinten.
Er erzählte die ganze Zeit von seinem Fußballspiel, bei dem er zwei Tore geschossen hatte.
Abwesend war ich an meinen Handy.
Ich schrieb mit Aleyna hin und her, sie war in Hamburg bei ihrer Cousine und konnte leider nicht dabei sein.
Ich hätte sie gerne dabei gehabt, sie war sowas wie meine beste Freundin.
Naja, eigentlich war sie meine einzige Freundin.
Ich ging nochmal auf den Chat mit Demir.
Er war sogar online!
Ich sollte seine Nummer löschen...
Ich dachte viel zu viel an ihn.
Er hatte sich sogar wieder in meine Träume geschlichen.
In der vergangenen Nacht hatte ich wieder von ihm geträumt.
Beschämt war ich aufgewacht.
Im Traum hatte er mir meine Kette gebracht.
Er hatte sie mir umgemacht und mir Blumen zum Geburtstag geschenkt.
Doch leider war es ein Traum.
Meine Kette war immer noch weg.

Ich packte mein Handy in meine Tasche und beobachtete meinen Vater beim Fahren.
Er wirkte gelassener, das merkte ich deutlich.
Wir waren nun in Düsseldorf angekommen und Baba parkte unseren Wagen.
Er öffnete mir die Tür und ich bedankte mich bei ihm.
Er hatte mir eine neue Handtasche geschenkt, die ich natürlich sofort mitgenommen hatte.
Gemeinsam liefen wir in das große Gebäude in dem sich das Riva befand.
Baba kannte den Besitzer und begrüßte diesen erstmal.
„Alles Gute an deine wunderschöne Tochter, Veysel.", sagte dieser und übergab mir einen Strauß Blumen.
„Danke sehr.", gab ich zurück und nahm den Strauß mit an den Tisch.
Der Besitzer brachte uns persönlich zu unserem privaten Abteil.
Dort warteten bereits, mein Bruder, seine Frau, Onkel Hakan, Tante Melek und mein Cousin Hassan.
„Alles Gute, hayatim!", rief Okan und sprang direkt auf.
„Danke, abi.", sagte ich und umarmte ihn.
Dilan folgte und drückte mich ebenfalls: „Alles Gute, Filiz."
Ich lächelte sie dankend an und ließ mich von den anderen drücken.
Der Tisch schien mir viel zu groß zu sein, für meine, doch recht kleine, Familie.

„Baba, wer kommt alles?", fragte ich ihn, als ich mich endlich auf meinen Platz setzte.
„Alles alte Bekannte, kizim.", sagte er nur.
Okan sah mich währenddessen vielsagend an.
Was war nur los?
Levent stupste mich an und deutete auf die Namenkärtchen, die an jedem Platz verteilt werden.
Gegenüber von mir stand sein Name.
Demir.
Verwirrt sah ich zu meinem Vater.
„Kommen die Ceylans?", fragte ich, doch er war schon aufgestanden.
Rein kamen meine Tante Nesrin mit meinen jüngeren Cousinen.
Doch dahinter sah ich sie.
Demir zusammen mit seinen Eltern.
Man sah ihm an, das er nicht hier sein wollte.
Hatte ich etwas falsch gemacht?

„Veysel.", hörte ich Onkel Berkan sagen, die beiden schüttelten sich die Hand.
„Ich bin froh, das ihr hier seid.", sagte mein Vater.
Es war komplett ungewohnt ihn so zu sehen...
„Das ist doch nicht etwas die kleine Filiz?", fragte Tante Büsra herzlich.
Ich stand auf und nickte.
„Hallo Tante.", sagte ich lächelnd, ich konnte nicht anders.
Sie umarmte mich fest und ich seufzte.
Sie erinnerte mich immer an meine Mutter.
„Du bist so groß geworden, canim. Und so hübsch.", schwärmte sie und nahm mein Gesicht in die Hände.
„Danke.", flüsterte ich und sah dankbar zu meinem Vater.
Anscheinend hatten sie das Kriegsbeil wirklich begraben.
„Alles Gute, mein Herz.", sagte sie und ließ mich dann los.
Onkel Berkan war der nächste, er schüttelte meine Hand und sagte: „Ich gratuliere dir zu deinem Geburtstag, Filiz. Du kennst mich bestimmt nicht mehr."
Ich schüttelte den Kopf: „Ich könnte dich nie vergessen, Berkan amca."
Stolz nickt er, ich merkte das es für ihn auch emotional war mich zu sehen.
„Mein Sohn, komm her.", sagte er zu Demir, der einige Schritte hinter ihm stand.
Schüchtern schaute ich zu ihm.
Demir trug einen ordentlichen Anzug und hatte eine Tüte in seiner Hand, sowie einen Strauß Rosen.
Er blickte mich jedoch nicht an.
Ich senkte meinen Blick wieder.
„Das ist für dich, Filiz.", sagte Tante Büsra und sie nahm Demir die Geschenke ab.
„Danke vielmals, das wäre nicht nötig gewesen.", sagte ich bescheiden.
Demir schaute mich nun endlich an.
Er zwinkerte mir kurz unauffällig zu und bildete mit den Lippen die Buchstaben W C.
Ich verstand und nickte.
Er entschuldigte sich und ging dann in die Richtung aus der er gekommen war.
Als alle saßen, entschuldigte ich mich auch und hoffte das keiner meiner Brüder bemerkte das ich ihm folgte.

Mit schnellen Schritten machte ich mich auf den Weg zu den Toiletten.
Was er mir wohl zu sagen hatte.
Ich spürte wie mich jemand mit zog und schaute in seine braunen Augen.
Demir zerrte mich in die Damentoilette und schloss hinter uns ab.
Seine Art machte mich doch etwas nervös.
Doch dann spürte ich, wie er seine Arme um mich legte.
„Alles Gute, Filiz.", flüsterte er mir zu.
Dann spürte ich, wie er einen kalten Gegenstand an meinem Nacken zu knipste.
Meine Kette!
Er löste sich von mir und schenkte mir ein Lächeln.
„Danke."
Demir nickte und sein kalter Gesichtsausdruck kehrte wieder zurück.
„Ist irgendwas passiert?", fragte ich besorgt.
Er nickte.
„So einiges."
„Wieso hast du mir nicht mehr geantwortet?", fragte ich ihn vorsichtig.
Für mich machte sein Verhalten keinen Sinn.
„Das erfährst du noch, Kücük."

Liebe unter FeindenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt