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Filiz:
Wieder mal war ich so unendlich traurig.
Die Träume während ich im Koma lag, waren so realistisch.
Umut war wieder bei mir...
Meine Mama war bei mir...
Doch das war kein Traum gewesen, sie war tatsächlich bei mir gewesen.
„Ich liebe dich, kizim. Finde mich in der Türkei, ich werde dir alles erklären."
Mit diesen Worten verließ sie mich wieder.
Sie ging einfach.
Ich saß still in Demirs Auto, während er meine Sachen aus dem Krankenhaus im Kofferraum verstaute.
Es war nicht viel, nur mein Hochzeitskleid.
Ich schloss meine Augen, ich wollte einfach nur nachhause.
Doch mein zuhause, war nicht mehr bei meinem Vater.
Ich hatte schon komplett vergessen, dass wir in unsere Wohnung fahren würden.
Wäre der Unfall nur nie passiert.
Dann hätten wir uns ganz entspannt einleben können.
Jetzt würde alles komisch sein.
„Bist du bereit?", fragte Demir, als er einstieg.
Stumm nickte ich.
Ich wollte Demir nicht mit meinem Schweigen bestrafen.
Es war alles einfach zu viel für mich.
Während der Fahrt nahm ich seine Hand.
Auch wenn ich nicht viel redete, wollte ich ihm doch nah sein.
„Ich hoffe die gefällt die Wohnung bis jetzt. Ich hab noch nicht viel eingerichtet, das wollte ich mit dir machen.", erzählte Demir.
Ich spürte, dass er vorsichtig mit mir umging.
Das tat er immer, aber jetzt besonders.
„Es geht mir schon besser, Demir. Wir können gerne die Tage Sachen aussuchen.", meinte ich und schaute zu ihm.
Er lächelte mich an und nickte.

Wir kamen an unserem Wohnkomplex an und Demir parkte in der Tiefgarage.
Hier war ich noch gar nicht gewesen.
Doch mein Auto stand neben seinem.
„Ihr habt mein Auto geholt?", fragte ich ihn verwirrt.
„Ja, dein Vater hat es zusammen mit deinen Sachen gebracht."
Ich nickte und stieg dann langsam aus.
Mein Nacken tat immer noch weh, ich spürte jetzt erst die Nachwehen meiner Operation.
Demir holte meine Tasche und brachte mich dann nach oben.
Im Fahrzeug schaute ich uns im Spiegel an.
Er sah wie immer galant aus.
Ich dagegen, sah aus wie ein Penner.
Schnell schaute ich weg.
Er bemerkte meine Blicke.
Sofort legte er einen Arm um mich und zog mich zu sich.
„Sei nicht so hart zu dir selbst, kücük. Du bist gerade erst entlassen worden.", sagte er.
Ich nickte, natürlich stimmte das.
Doch es änderte nichts an der Tatsache, dass mein Äußeres zu meinem momentanen Gefühlszustand passte.
Ein Ding ertönte und schon waren wir in unserer Etage angekommen.
Zusammen gingen wir zum Eingang, wo Demir die Tür aufschloss.
Ich ging langsam rein und sah mich um.
Ein paar Sachen standen schon.
Demir hatte schon vor einiger Zeit ein Sofa bestellt, was anscheinend geliefert wurde.
Auch die Küche war schon da.
„Wie gesagt, es ist noch nicht fertig.", meinte er.
Ich drehte mich zu ihm um und schlang meine Arme um seine Mitte.
Ich war so froh endlich alleine mit ihm zu sein.
Demir lachte auf und drückte mich an sich.
„Danke, Demir.", flüsterte ich.
„Komm, dann zeig ich dir den Rest.", sagte er und führte mich durch die Wohnung.
Im Schlafzimmer stellte er meine Tasche ab.
Ich lächelte.
Mein Schminktisch war hier.
Wenigstens etwas aus meinem zuhause.
„Ich habe meinen Schrank mitgenommen und mein Bett. Wenn du willst, können wir uns aber nach etwas neuem umschauen.", sagte er und setzte sich auf das Bett.
Ich setzte mich auf den Hocker der zu meinem Schminktisch gehörte.
Es war komisch, dass das jetzt unser Schlafzimmer war.
Es würde bestimmt schwierig für mich sein hier einzuschlafen.
Vor Allem in Demirs Bett.
Seine Möbel waren alle ziemlich dunkel.
Der Schrank war schwarz und das Polster des Bettes grau.
Die Sachen gefielen mir nicht wirklich, aber es wäre unnötig andere Möbel zu kaufen.
„Die Sachen sind doch noch gut, wir brauchen keine neuen.", meinte ich nach einer Weile.
„Du sollst dich hier aber wohl fühlen, kücük. Es ist unser zuhause, es soll dir gefallen.", sagte er ermutigend.
Schwach lächelte ich ihn an, er war so zuvorkommend.
Das war einer der vielen Dinge, die ich an ihm liebte.
Er würde mich nie zu etwas drängen und achtete immer auf meine Gefühle.
„Bist du eigentlich müde?", fragte er mich irgendwann.
Es klang eher wie eine Einladung, als nach einer Frage.
Doch ich verneinte. Im Krankenhaus hatte ich genug geschlafen.
Ich wollte erstmal duschen, mich einfach wieder wie ich fühlen.
Es war außerdem auch erst Mittag, wenn ich mich jetzt hinlegen würde, würde ich die Nacht über schlecht schlafen.
„Ich gehe duschen, denke ich.", sagte ich und stand dann auf um mir Klamotten rauszusuchen.
„Brauchst du Hilfe?", fragte Demir.
Ich musste lächeln.
Er hatte keine bösen Hintergedanken, dass wusste ich. Er war einfach nur hilfsbereit.
„Ich schaff das schon.", murmelte ich und ging dann ins Bad.

Ich schälte mich aus dem Trainingsanzug, denn ich schon mehrere Tage anhatte und machte die Dusche an.
Vorsichtig zog ich auch meine Unterwäsche an und betrachtete meinen Verband, der an meiner Wirbelsäule klebte.
Ich sollte ihn nach dem Duschen wechseln.
Also machte ich ihn unter der Dusche ab.
Das Wasser tat gut.
Endlich konnte ich aufatmen.
Die Tage waren zu viel für mich gewesen.
Meinen Vater wollte ich heute auch nicht sehen.
Irgendwie hatte mich meine Familie enttäuscht.
Vor Allem Okan, der nicht zur Hochzeit gekommen war.
Dann meine Mutter die auftauchte und mir kryptische Sachen sagte.
Ich wollte gerade nur meine Ruhe.
Also ließ ich mir Zeit.
Rasierte mich, föhnte meine Haare, zog mir einen frischen Pyjama an.
Alles um mich gut zu fühlen.
Ich schaute auf meine Hand und meinen Ehering.
Irgendwie kam es mir immer noch nicht so vor, als wären wir verheiratet.
Plötzlich fiel mir auf, dass meine Kette fehlte.
Hoffentlich hatte Demir sie.

Liebe unter FeindenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt