27.Kapitel

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Als ich die Augen wieder aufmachte, fiel mein Blick allem voran auf einen kleinen Jungen in Mitte der Arena. Ein fremder Mann hatte ihn an der Hand und hinter den beiden konnte ich auf einem langen, provisorisch aufgestelltem Tisch eine vielzahl von Foltergeräten erkennen. Gerade der Hammer, die Axt und die Kettensäge die ich sah, stießen mir negativ auf. Fuck. Das sah alles andere als gut für mich aus.
Aber den Gedanken verwarf ich sofort wieder, als ich erneut meinen Blick auf den kleinen Jungen fallen ließ. Stechend grüne Augen sahen mich fragend an. Es war mein Baby. Mein Sohn. Hunter. Und ich war ihm so nah, wie schon seit drei Jahren nicht mehr. Er war so groß geworden. Meine Augen füllten sich mit Freudentränen, als ich immer näher zu ihm gefahren wurde. Er hatte scheinbar laufen gelernt. Als ich ihn das letzte mal bei mir hatte ist er noch gekrabbelt. Ein paar Meter vor meinem Sohn ließ Tanner schließlich die Lehne von dem Stuhl, an welchem ich gefesselt war, los und schritt ohne ein weiteres Wort, ohne einen weiteren Blick, zurück zu der schwarzen Tür aus der wir gekommen waren.

Nun befanden sich nurnoch Derek, der fremde Mann, Hunter und ich in der Mitte der Arena. Das Publikum blendete ich für einen Moment komplett aus. Für einen kleinen Moment, wollte ich es genießen Hunter zu sehen. Endlich da zu sein. Ihn endlich gefunden zu haben. Ich war ihm so nah, dass ich sogar kleine Sommersprossen auf seinem Gesicht erkennen konnte. Die hatte er von mir. Er war super süß und ich konnte kaum glauben, dass mein Sohn bereits so groß geworden war. Erkannte er mich noch?
Wie gerne wollte ich eine Hand nach ihm ausstrecken, um ihm so nah wie möglich zu kommen, doch die Fessel verwehrte es mir.

Ich zuckte heftig zusammen, als aufeinmal Dereks Stimme durch ein Mikrofon ertönte, »Meine Damen und Herren! Nun kommt mein Lieblingspart dieser Show«, er deutete auf mich und hatte dabei wieder dieses gruselige Lächeln drauf. Er schien es wirklich zu genießen der Aufmerksamkeitsmittelpunkt zu sein. »Diese Lady hier auf dem Stuhl werden Sie wohl alle kennen. Sie war bisher mein bestes Projekt«, grinste er, schritt auf mich zu und riss mir die Maske vom Gesicht. Er warf sie in die Menge, wo einige Leute gleichzeitig nach ihr griffen, um sie zu fangen. »Sie ist die Darstellerin meines bestgeklicktestem Darknet-Films.« Ein erstauntes Raunen ging durch die Arena. Ach fuck. Die scheinen mich hier also wohl wirklich alle zu kennen. Das macht die Sache natürlich weitaus angenehmer. Nicht. Instinktiv suchte ich die Menge in dem Bereich wo ich vorhin noch gesessen haben musste nach schwarzen Haaren und stechend grünen Augen ab. Eigentlich traute ich mir zu Sandor selbst in so einer riesigen Menschenmenge zu finden, jedoch merkte ich, dass meine Sicht durch den Stress und Angst leicht verschwamm, wodurch es mir unmöglich wurde, ihn auf diese Entfernung finden zu können.
»Der beste Part an dem Ganzen kommt aber erst noch.«, sprach Derek wahnsinnig weiter, »Sie ist nicht nur die Darstellerin, aus meinem Darknet-Film, sie ist noch dazu die Mutter des Hauptpreises! Dieses kleinem, süßen Jungen hier.«, grinste er und deutete auf Hunter. Mir wurde schlecht. Hunter war für ihn nur ein Objekt. Ein Menschenleben, was er versteigern konnte. Ich würde alles dafür tun, dass Hunter nicht dieses Schicksal erleiden müsste, aber im Moment sah es zugegebenermaßen sehr schlecht für uns zwei aus.

Hunters große, unschuldige Augen trieben mir selbst fast Tränen in die Augen. So etwas wie das hier sollte kein Kind jemals erleben. So etwas wie das hier sollte keiner jemals erleben. So viel Grausamkeit auf einem Fleck.
Fragend sah mein Sohn mich an, bis sich langsam so etwas wie Erkenntnis auf seinem Gesicht formte.

»Diesen Akt habe ich: „This person will not exist" benannt. Ein ungewöhnlicher Name, ich weiß, aber dir sollte er bekannt vorkommen, Rachel, ich habe ihn nur... etwas umgedichtet«, er zwinkerte mir kurz zu, bevor er sich wieder der Menge zuwandte. Mit größter Not konnte ich gerade noch so einen aufkommenden Würgereiz unterdrücken. Er spielte auf meine Darknet-Seite an. »Mir erschien der Name jedoch als sehr passend, da Rachel diese Arena nicht lebend verlassen wird.« Derek deutete nun auf die Foltergeräte und wandte sich kurz mir zu, »Die meisten dieser Instrumente kennst du ja schon. Die brauche ich dir wohl nicht mehr erklären. Lass mich dir lieber die Person vorstellen, welche sie dieses Mal benutzen wird. Und nein, Rachel, diese Person heißt nicht Sandor.«

This Person Will Not ExistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt