9.Kapitel

253 13 1
                                    

Nachdem ich noch Zions Handynummer bekommen hatte, verlies ich die Toilette vor ihm und suchte in der Menge nach Mariella.
Sie war nicht schwer zu finden, da sie zusammen mit dem Typen auf einer Art Podest stand und mit ihm tanzte. »Mariella?«, rief ich zu ihr nach oben, doch sie schien mich nicht zu hören. Also streckte ich meinen Arm aus und kniff ihr ins Bein. »Autsch!«, kam es von ihr, dann schaute sie mit einem saueren Blick zu mir herunter. »Ah, Rachel, du bists. Hab dich garnicht bemerkt. Hast du ihn flachgelegt?«, rief sie mir zu. »Das sag ich dir, wenn du runter kommst.« Entschuldigend drehte sie sich zu ihrem Typen um und sprang nachdem sie ihm irgendwas zugeflüstert hatte, zu mir herunter. »Unnnnd?«, hakte sie sofort neugierig nach. »Lass uns erstmal hier raus. Es ist schließlich schon drei Uhr morgens.« Sie zuckte grinsend mit den Schultern, »Und?«
»Und ich bin müde.« Sie verdrehte die Augen, »Hat dich der Sex so verausgabt?« Jetzt war ich diejenige, die die Augen verdrehte, »Lass uns einfach gehen. Wir können ja morgen nochmal hierher kommen.« »Ohja, gerne.« Mariella zupfte an dem Shirt von dem Mann, welcher sich auch gerade von dem Podest hinunter bewegte. Sie sagte wieder irgendwas zu ihm, was ich nicht verstand. Wahrscheinlich einfach, dass wir nun nach Hause gehen würden. Er nickte nur, sagte auch was und ließ sie dann gehen. Aber nicht, ohne ihr eine Kusshand hinterher zu werfen. Dabei fiel mir sein Tattoo am Unterarm auf. Ich verzog das Gesicht. Ziemlich... speziell. Es war ein Auge, aber der sonst weiße Bereich des Auges war schwarz. Noch dazu war es weit aufgerissen und die Pupille war wie die einer Katze geformt. Naja, wers mag. Ich würde mir sowas nicht tätowieren lassen.

Ich hakte mich bei Mariella unter und zog sie in Richtung Ausgang. Dieses Mal mussten wir uns dafür nicht durch eine Menschenmasse kämpfen. Anbetrachts der Uhrzeit waren viele einfach schon nach Hause gegangen.
Als wir draußen waren, bombardierte Mariella mich prompt mit neuen Fragen. »Hattest du jetzt Sex, oder nicht? Mit diesem Barkeeper? Wenn ja, wie ließ sich das mit seinem Chef vereinbaren?« Genervt schlug ich mir die Hand vor den Kopf. »Ja, JA, Mariella, ich hatte Sex mit dem Barkeeper und bevor du fragst: Ja es war gut und ich bin zwei mal gekommen.« »Ohhh«, kam es fasziniert von Mariella, »Ich wünschte, ich könnte mal dasselbe von mir aus sagen.« Kurz musste ich schmunzeln, beantwortete aber noch ihre letzte Frage: »Keine Ahnung übrigens, wie sich das mit seinem Chef vereinbaren lässt, das ist ja wohl sein Problem, nicht meins.«
»Wie heißt der hübsche denn?« Sandor. »Zion«, ich musste hart schlucken. Denn eigentlich kannte Mariella diesen Mann schließlich selbst schon, wenn auch nur flüchtig. Es war aber besser, wenn sie nichts davon wusste. Sie würde ausrasten und mich für verrückt erklären. »Heißer Name«, grinste Mariella. Okay Rachel, fahr jetzt einfach die Verknallten-Schiene. »Ich würde ihn echt gerne morgen wiedersehen. Deswegen... lass uns bitte echt nochmal morgen hier in den Club gehen.« Ich wollte meine Freundin nicht in diese kriminellen Geschehnisse involvieren, deswegen erzählte ich ihr nichts von dem, was ich vor weniger als zehn Minuten alles herausgefunden hatte. »Wow, du bestehst ja richtig darauf«, Mariellas Augen blitzen auf, »Siehst du, ich habe doch gesagt, dass dir mal so ein Urlaub gut tun würde! Endlich kommst du mal ein bisschen aus dir heraus.« »Jaja.« Ich zog sie mit mir Richtung Hotel. Es saßen immernoch Leute an der Rezeption, als wir hereinkamen, welche uns eine Gute Nacht wünschten. Im Aufzug fragte ich Mariella, »Und was ist mit dir und diesem Typ? Mit dem du die ganze Zeit getanzt hast?« Mariella zuckte mit den Schultern. Gerade waren wir in unserem Stockwerk angekommen und stiegen aus unserem Lift. »Er war nett, aber das war einfach so eine man-kann-gerne-mal-quatschen-und-rummachen-man-muss-sich-aber-nicht-nochmal-sehen Geschichte.«
Malwieder verdrehte ich die Augen. Was Männer anging war Mariella wirklich... anders.

Wir betraten unser Zimmer und ich schmiss mich direkt aufs Bett. Man, war ich müde.
Die Geschehnisse von heute hatten mich dermaßen überfordert. Nach einer Weile legte sich Mariella neben mich. Sie hatte sich bereits abgeschminkt und umgezogen. Also entschied ich, dasselbe zu tun. Als ich mich neben sie legte, war ich mir nicht sicher, ob sie schon schlief. »Mariella?«, flüsterte ich, »Bist du noch wach?« Ein Grummeln kam - wohl als Antwort gemeint - von ihr, doch sie behielt die Augen geschlossen. Ich interpretierte es als »Nein« aber nutzte trotzdem die Chance, um zu fragen: »Wollen wir morgen mal in die Stadt gehen? Dann stelle ich uns einen Wecker, damit wir früher loskommen.« Die schwarzhaarige nickte kaum merklich, was mir aber als Antwort reichte. Schnell stellte ich den Wecker auf acht Uhr in der früh und deckte mich zu. Anschließend flüsterte ich meiner Freundin ein, »Gute Nacht« zu, doch es kam keine Antwort mehr, da sie bereits schlief. Ernsthaft? Obwohl sie diejenige war, die eigentlich noch weiter gefeiert hätte? Ich versuchte schmunzelnd ebenfalls etwas Schlaf zu finden. Das glückte mir jedoch nicht, da mich nach wenigen Minuten schon wieder die Schuldgefühle plagten. Schon wieder verschwieg ich etwas meinen vertrautesten Personen. War es wirklich besser so, Mariella nichts erzählt zu haben? Sollte ich es ihr noch erzählen? Sollte ich zur Polizei gehen? Ich schluckte, als vor meinem inneren Auge Zion auftauchte. Was war das eigentlich gewesen?
Legt der immer so schnell Mädels flach? Aber andererseits... ich habe ja im Prinzip dasselbe getan. Nur halt eben... der Gedanke daran, dass Zion vielleicht jedes Wochenende mit einer anderen Frau vögelte, missfiel mir aus irgendeinem Grund enorm. Frustriert seufzte ich auf.

Bitte geh endlich aus meinem Kopf.

This Person Will Not ExistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt