Teil 10

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Er schaltet das Licht überall aus, die Notbeleuchtung an und in diesem Augenblick klingelt sein Handy in der Hosentasche. Fluchend zieht er es raus und meldet sich mürrisch, lauscht den Worten des Anrufers, tiefe Furchen bilden sich auf der Stirn, das Gespräch beendet er, ohne sich zu verabschieden, und sieht mich traurig an.

"Es tut mir leid, aber ein Freund braucht meine Hilfe."

"Kein Problem, wann soll ich morgen hier sein?"

"Du hast frei, ich muss zum Großmarkt und habe den ganzen Tag zu tun", er schiebt mich ungeduldig Richtung Ausgang. Verabschiedet sich kurz angebunden und wirft die Tür schnell hinter mir ins Schloss. Hier stinkt doch gerade etwas ganz gewaltig zum Himmel, ich sehe mich nach rechts und links um, entdecke einen unbeleuchteten Hauseingang mit drei Stufen und stelle mich in die dunkelste Ecke. Das Restaurant hat man vor hier bestens im Blick, es vergeht noch nicht einmal eine Minute, da parkt ein schwarzer Mercedes mit getönten Scheiben auf dem Gehweg. Drei Typen, die förmlich nach Ärger schreien, steigen aus und hämmern mit den Fäusten gegen die Tür. Sie öffnet sich einen Spalt und Pierre lässt sie eintreten. Ich schleiche mich zum Eingang zurück, drücke sachte die Klinke runter und husche im dunkelen Flur den aufgebrachten Stimmen entgegen. Ausländischer Akzent dringt aus dem Gastraum, blitzschnell schiebe ich mich an der Wand auf die rechte Seite und dicht an den Türrahmen des Restaurantbereiches.

Pierre steht an einem der Tische, neben ihm einer der Typen, während die zwei anderen es sich auf den Stühlen bequem gemacht machen.

"Das ist die letzte Lieferung, du hast die Kohle in fünf Tagen, kapiert?!", dem Akzent nach zu urteilen, tippe ich auf Araber, ich zücke mein Handy, halte es weiter um die Ecke und drücke auf den Auslöser. Lehne mich zurück, stecke es ein und schleiche lautlos zum Ausgang. Draußen fotografiere ich den Wagen und das Nummernschild, gehe schließlich unbemerkt Richtung Hotel.

Dusche, stelle mir den Wecker auf sieben und schreibe Caro eine Nachricht, dass ich morgen ins Büro komme. Erschöpft schlafe ich ein, wache aber ständig schweißgebadet auf, weil mein schlechtes Gewissen, mich warnt, nichts mit einem Straftäter anzufangen. Aber es war ja nur das eine Mal, und aus diesem Grund sollte ich da nicht Zuviel hineininterpretieren. Völlig gerädert, reißt mich mein Handywecker aus der unruhigen Nacht, nach einem ausgiebigen Frühstück schwinge ich mich in meinen roten Flitzer und düse ins Präsidium. Caro erwartet mich mit frischgekochtem Kaffee und leckeren Teilchen vom Bäcker, um die Ecke.

Ich schalte den Computer an, sie lehnt sich mit ihrer Tasse entspannt zurück und sieht mich erwartungsvoll an. Ich schließe mein Handy an, drucke die Fotos aus und hefte sie mit den Magneten zu den bisherigen Bildern.

"Diese Typen haben hundert Gramm Kokain in kleinen Tütchen abgeliefert, abends, nach Restaurantschluss. Aussehen und Akzent deuten auf Araber hin, ich frage gleich Liu, ob er damit was anfangen kann, oder ob sie zu unscharf sind. Das Nummernschild rast schon durch die Datenbank."

"Das sieht doch hervorragend aus, wie bist du so dicht an die Übergabe gekommen?!"

"Ich wurde unhöflich nach Hause gebeten, das kam mir merkwürdig vor und so habe ich mich kurzer Hand in einem Hauseingang versteckt. Die sind relativ schnell aufgetaucht und ich habe mich zurück ins Restaurant geschlichen, es hat niemand etwas mitbekommen. Hast du noch was über Pierre Durand herausgefunden?"

"Allerdings, fünfunddreißig Jahre alt, Ausbildung in Paris in einem Nobelrestaurant, anschließend in einem Fünfsterne Hotel tätig, wo sie ihn nach einem halben Jahr zum Chefkoch befördert haben. Dort ist er geblieben, bis er zweitausendfünfzehn in einer Nacht- und Nebelaktion seine Heimat verlassen hat. Das war übrigens drei Monate nach dem Anschlag von Bataclan, vielleicht gibt es da eine Verbindung. In der Zeit dazwischen gibt es Lücken, er hat das délice vor fünf Jahren übernommen. Es sind keine Akteneinträge vorhanden, Internetrecherche und ein Telefonat mit seinem ehemaligen Arbeitgeber haben auch nichts Neues ans Tageslicht befördert. Hast du sonst noch was?"

Dangerous taste Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt