Teil 35

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6 Monate später

"Vittoria", rufe ich vom oberen Stockwerk nach unten, denn gerade habe ich sie noch vorbei flitzen sehen, wie sie auf dem Weg ins nächste Büro war.

"Ja, Donna Gabriella, tut mir leid, aber Stefano hat für seinen Gast einen Espresso bestellt, die Küche ist heute etwas unterbesetzt, weil viele im Urlaub sind", sie hebt entschuldigend die Hände und sieht mich mit schiefgelegtem Kopf an.

"Kein Problem, weißt du ob Massimo den Lamborghini aus der Tiefgarage gefahren hat? Ich bin zum Abendessen mit Rafaela verabredet und sie hasst es genauso wie ich, wenn jemand unpünktlich ist", ich hänge die Chanel-Tasche quer über den Oberkörper und stecke beim Runtergehen das Handy noch hinein.

"Ich weiß es nicht", antwortet sie zerknirscht, ich komme bei ihr an, da öffnet sich im gleichen Augenblick die Bürotür von Stefano und er holt Luft, sieht aber, das ich neben Vittoria stehe, und schließt den Mund sofort.

"Donna Gabriella hast du eine Minute, unseren neuen Geschäftspartner zu begrüßen, dann bleibt noch etwas Zeit sich um die bestellten Getränke zu kümmern", den letzten Teil spricht er mit einer gewissen Härte aus und wirft der Haushaltsdame einen finsteren Blick zu. Ich wende mich ihm zu, er legt mir eine Hand in den unteren Rücken, die ich resolut wegwische und ihm den entsprechenden Gesichtsausdruck widme. In seinem Büro sitzt ein kleiner Mann mit dunkelgrauen Haaren und neben ihm, dem Aussehen nach zu urteilen, vermutlich sein Sohn.

"Guten Abend", begrüße ich sie, mittlerweile wieder in fließenden italienisch, weil ich nicht mehr oft die Gelegenheit habe, Deutsch zu sprechen. Ich reiche erst dem Älteren die Hand, sein Sohn, ist ihm bei näherem betrachten, wie aus dem Gesicht geschnitten. Der Händedruck fühlt sich allerdings wie ein nasser Waschlappen an.

"Haben Sie ihm nicht beigebracht, wie man sich vernünftig begrüßt?", wende ich mich seinem Vater zu.

"Er ist noch relativ neu, was die geschäftlichen Angelegenheiten betrifft, Donna Gabriella. Es freut mich Sie noch persönlich kennenzulernen, bisher hatte ich nur das Vergnügen mit Stefano, ein sehr kompetenter Mann an Ihrer Seite", er sieht mich prüfend an.

"Danke, ich wähle meine Mitarbeiter nach strengen Kriterien aus. Was haben Sie denn vorzuweisen, damit wir ins Geschäft kommen?", frage ich und verschränke die Arme unter der Brust. Dabei fällt mein Blick auf die schwarze Rolex und stelle fest, selbst wenn ich das Gaspedal fliegen lasse, bin ich deutlich zu spät zum Abendessen mit Raffaela.

"Ich erkläre es Ihnen mit dem größten Vergnügen-", ich hebe eine Hand, "das besprechen Sie ausführlich mit Stefano, ich habe noch einen Termin, wenn mir Ihr Angebot gefällt, hören Sie in den nächsten Tagen von mir", ich nicke kurz in die Runde und die zwei sehen mich mit großen Augen an.

"Ciao, bis morgen, ich weiß noch nicht, wann ich zurück bin", ich halte Vittoria die Tür auf, weil sie ein Tablett mit drei Espressi, eine Flasche Bourbon, Gläser und eine Schale mit verschiedenen Snacks, balanciert.

Einer der Sicherheitsmitarbeiter öffnet mir die Haustür und da steht mein Lieblingswagen, ein matt-schwarzes Lamborghini-Cabriolet, ich streiche mit dem Fingern über die Motorhaube, lächele, setze die Sonnenbrille auf und steige ein.

"Ich begleite dich mit dem BMW, fahr nicht so schnell", unterrichtet mich Massimo streng, er hasst es, wenn ich selbst fahre, und stirbt vermutlich tausend Tode.

"Ja Papa, ich pass schon auf", rufe ich ihm zu und starte den Motor. Bewege das Gaspedal hoch und runter, rolle langsam auf das eiserne Tor zu, die Wachmänner machen einen Schritt zur Seite, grinsen mich schief an und der Weg ist frei. Die zwei haben eine exzellente Kampfkunstausbildung, das Herz am richtigen Fleck und das hat mir gereicht, um sie einzustellen. Ich werfe einen Blick in den Rückspiegel, wo Massimo in dem vollgetönten X6 hinter mir auftaucht, ich winke den Jungs und gebe Gas.

Dangerous taste Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt