Teil 32

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Nur mühsam öffne ich die Augen, am Anfang ist alles noch verschwommen, aber das Bild ist schnell klar. Ich liege in einem hellen Zimmer mit Ausblick in den weitläufigen Garten, durch ein großes bodentiefes Fenster. Ein kleiner Monitor piept regelmäßig rechts über dem Kopf, direkt daneben steht ein Infusionsständer mit drei verschiedenen Beuteln und ein weißer, glänzender Nachtschrank. Das Kopfteil vom Bett ist leicht hochgestellt und ich schiebe mich langsam weiter nach oben.

Genieße den Anblick der bunten Büsche draußen, bis sich jemand hinter mir leise räuspert, erschrocken schaue ich nach, Lorenzo schnappt sich seinen Stuhl und setzt sich an meine Seite.

"Hey Gabi, wie geht es dir?", flüstert er und ich zucke ahnungslos mit den Schultern. "Der Arzt sieht später wieder nach dir, er hat dich auch operiert. Dir fehlen ein paar Tage, weil sie dich, wegen des hohen Blutverlustes, ins künstliche Koma gelegt haben. So hat sich dein Körper perfekt von den ganzen Strapazen erholt", ich schiebe eine Hand unter der warmen Bettdecke hervor und tippe leicht an seinen Arm, er rutscht dichter zu mir.

"Pierre?", krächze ich und merke, das Sprechen mich enorm anstrengt. Er reicht mir ein Glas mit einem Strohhalm und ich trinke einen kleinen Schluck, der sich wunderbar kühl in meinem trockenen Hals anfühlt.

"Er hat mich aus München angerufen, die Polizei hat ihn verhört und ein Verfahren wegen Drogenhandel gegen ihn eingeleitet. Du sollst dich bei ihm melden, er weiß nicht, was hier noch vorgefallen ist, nachdem er Sizilien verlassen hat. Ich hoffe, du bist mir nicht böse, dass ich ihm das vorenthalten habe", sagt er unsicher und ich schüttele leicht den Kopf.

"Nein, hat irgendjemand schon unangenehme Fragen gestellt?"

"Filippo und die weiblichen Hausangestellten, haben sich um alles Weitere gekümmert. Ruh dich aus, ich besuche dich morgen wieder", er gibt mir einen freundschaftlichen Kuss auf die Stirn und ich dämmere weg.

"Buonasera", weckt mich ein Arzt oder Doktor, in einem blütenweißen Kittel und ich schlage die Augen auf. Er schnappt sich die Fernbedienung vom Bett und drückt den Knopf, damit es sich noch weiter aufstellt. "Ich möchte Sie ja schließlich richtig ansehen", er steht am Fußende, klappt eine rote Krankenakte auf und wirft einen Blick auf die Unterlagen. Sein lernendes Gefolge beobachtet alles anbetungswürdig.

"Sie hatten mehr Glück im Unglück, dass man Sie so schnell eingeliefert hat, sonst würden Sie sich die Radieschen von unten betrachten. Frau Farina, es gibt allerdings noch etwas, was ich Ihnen sagen muss. Sie können schon mal zum nächsten Patienten gehen, ich komme nach. Liegt nichts Gravierendes vor, sehen wir uns im Meetingraum, danke", die Kollegen verschwinden und er setzt sich zu mir auf die Bettkante.

"Im ersten Moment fühlt es sich nicht real an, was ich gleich sage, wir haben aber einen sehr guten Psychologen im Haus, der bereits über Ihren Fall informiert ist-", "Kommen Sie endlich auf den Punkt und reden Sie nicht um den heißen Brei herum", unterbreche ich ihn heiser.

"Wir mussten leider ihre Gebärmutter entfernen, sie war einfach zu stark verletzt und der tiefe Schnitt ließ sich nicht mehr verschließen. Das ist aber noch nicht alles, Sie waren vermutlich in der fünften oder sechsten Woche schwanger", ich sehe den Doktor an, beobachte wie sich seine Lippen bewegen, höre ihn aber nicht mehr.

Ich war schwanger, von Pierre. Wir hätten ein Baby bekommen, wir wären eine richtige Familie geworden und Maurice, der große Bruder. Aber nichts davon ist in Zukunft möglich, weil ich nie wieder Kinder kriegen kann, ich schnappe verzweifelt nach Luft. Habe das Gefühl zu ersticken, Tränen bahnen sich unaufhaltsam den Weg an meinen Wangen herab, die Worte dringen weiterhin nicht zu mir durch und schon verschlingt mich eine herrliche Wärme, die mit Dunkelheit endet.

Dangerous taste Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt