Das Hotel verfügt über genügend ausreichend private Parkplätze und ich stelle meine süße Knutschkugel ordentlich in eine der Lücken. Hole die schwere Tasche aus dem Kofferraum und checke ein, das Zimmer ist im oberen Stockwerk, mit Ausblick über die Dächer von München. Ich lasse die Sporttasche auf das Doppelbett fallen und sinke resigniert daneben. Drei Jahre Beziehung für die Tonne, verschwendete Lebenszeit, für jemanden, dem Sex und Vergnügen wichtiger sind. Warum gerate ich immer wieder an solche Pflegefälle?! Ich bin fünfunddreißig, die jugendliche Uhr ist schon lange abgelaufen und das Thema Familienplanung ist seit der Beförderung abgeschlossen, aber es ist doch nicht Zuviel verlangt, einen treuen Mann, mit den gleichen Interessen an seiner Seite, haben zu wollen, oder?!
Mein Handy vibriert, reißt mich von der düsteren Grübelei weg, es ist Caro, die wissen will, ob ich den Praktikumsplatz bekommen habe.
Das habe ich dem ganzen Drama völlig vergessen, ich rufe sie an und ziehe mich nebenbei um. In einer lockeren Jeans, mit weitem T-Shirt mache ich mich zu Fuß auf den Weg ins délice. Nach einer halben Stunde, schnellem Fußmarsch habe ich das Ziel erreicht. Ich atme ein letztes Mal tief durch und lege den Finger auf den Klingelknopf von Pierre Durand.
Es passiert nichts und ich versuche es erneut, nervös schaue ich in den ersten Stock, aber alle Fenster und die kleine Tür vom Balkon sind verschlossen. Ich gehe ein Stück am Haus entlang und entdecke einen schmalen, mit Gestrüpp zugewucherten Weg, der wohl nach hinten führt. Er ist mit Ästen, die sich bereits im Mauerwerk festhalten, überwachsen und nur ein winziger Trampelpfad am Boden lässt erahnen, dass hier auch jemand ab und an lang geht. Ich bleibe an einem Dornenzweig hängen und ein langer Kratzer zieht sich den Arm nach oben. "Autsch", flüstere ich und ducke mich weiter vorwärts.
"Kann ich Ihnen helfen?", ertönt eine tiefe, sanfte Stimme hinter mir und ich drehe mich in Zeitlupe um. Bei genauerem Hinsehen erkenne ich ihn, groß, schlank, schwarze Haare, leger gekleidet, sieht mich Pierre Durand misstrauisch an.
"Äh ja", antworte ich ertappt. "Ich habe geklingelt, zweimal, aber es hat niemand aufgemacht", er deutet mit der Hand an, dass ich zurück kommen soll. Bei ihm angelangt, nehme ich einen angenehmen würzigen Duft wahr und schiebe mich etwas ungelenk an ihm vorbei.
"Wie kann ich Ihnen denn nun helfen?" Ich stecke die Hände in die Hosentaschen, um meine Nervosität zu überspielen, und schaue die weiterhin geschlossene Restauranttür an. "Sie schnüffeln hier herum, geben mir keine Antwort, also?!", fragt er ungeduldig und steht nun mit verschränkten Armen vor mir. Mustert mich aufmerksam von oben bis unten. Bunte Tätowierungen zieren seine Unterarme und auf der linken Hand ist ein schwarzes Motiv, was ich aber trotz der kurzen Entfernung nicht erkenne.
"Ich bin hier, weil ich mich gerade beruflich neu orientiere und erfinde. Und aus diesem Grund auf der Suche nach einem Praktikumsplatz in der Küche bin", er zieht skeptisch die Augenbrauen nach oben und streicht sich mit einer Hand durch die nachtschwarzen Haare.
"Haben Sie Erfahrung in der Gastronomie?"
"Warum? Spielt das denn eine Rolle, wenn man sich für eine andere Perspektive interessiert?! Ab und an muss man einfach mal etwas Neues wagen, oder?!"
"Na dann kommen Sie mal mit", er geht an mir vorbei, schließt die Restauranttür auf und hinter mir sofort wieder ab.
"Hier ist der Gastraum, der Service arbeitet eigenverantwortlich, aber mein Restaurantleiter hat immer das letzte Wort. Für neue Vorschläge haben wir stets ein offenes Ohr. Über den Werdegang des délice erzähle ich nichts, denn Sie werden sicherlich bereits alles online nachgelesen haben, sonst wären Sie schließlich nicht hier. Mit wem habe ich also das reizende Vergnügen?", er sieht mich erneut durchdringend an und ich schlucke trocken.
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Dangerous taste
Romance„Lauf Gabriella, vor deiner Vergangenheit kannst du nicht fliehen, ich finde dich, immer!" Hauptkommissarin Gabriella Farina wird undercover auf den exzentrischen Sterne-Koch Pierre Durand angesetzt, der in der Schickeria von München ganz spezielle...