Teil 19

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Die anfänglichen Bedenken verfliegen schnell, weil Pierre ein Menü reserviert hat. Alles ist entspannt mit Champagner zum Aperitif und begleitenden Weinen zum Essen. Ich halte mich konsequent an ihn, was die Besteckauswahl angeht, die Speisen sind auf höchstem Niveau, sehr lecker und es sind zum Glück keine außergewöhnlichen Zutaten dabei. Beim Dessert entfernt man die überflüssigen Gläser und wir bekommen einen großen Teller in die Mitte serviert. Er ist beeindruckend angerichtet, kleine Macarons in allen Farben liegen zusammen mit essbaren Blüten auf dem Tellerrand. Peti four, Pralinen, Creme brulée und winzige Crepes schmücken das Innere. Pierre greift nach dem Dessertlöffel, knackt die Zuckerschicht und hält ihn mir hin, ich beuge mich ein Stück vor.

Das Kleid hat einen tiefen Ausschnitt und ich sehe sofort, wohin sein Blick gleitet. Lächelnd lecke ich mir über die Oberlippe und das Blau in seinen Augen verdunkelt sich leicht. Abwechselnd essen wir, bis die Nachspeise leer ist und ich mich zufrieden auf dem dick gepolstertem Stuhl zurücklehne. Verträumt drehe ich den Stil des Champagnerglases zwischen den Fingern hin und her, ich habe noch nie einen so wunderschönen Abend verbracht. Ich zucke erschrocken zusammen, weil der Koch plötzlich bei uns steht und Pierre freundschaftlich auf die Schulter klopft.

"Komm, wir werfen mal einen Blick in die Küche. Ich habe ihm gerade erzählt, dass du ein Praktikum bei mir machst", zwinkert er mir zu und führt mich am Ellbogen in den hinteren Teil des Restaurants. Der Koch lächelt verschmitzt, beim Anblick von Pierre und mir. Sie ist doppelt so groß, wenn nicht sogar dreifach, wie die in München und es herrscht das organisierte Chaos. Überall brodelt, zischt und dampft es, aber die Stimmung ist bestens.

Er scheint fast jeden zu kennen, denn wir bleiben dauernd stehen, damit er sie begrüßt. Nach einer halben Stunde weiß ich nicht mehr, wie viel Hände ich geschüttelt habe. Die zwei verabschieden sich, wechseln noch ein paar Worte auf Französisch und ich ziehe den Schal enger um die Schultern, da wir im Weinvorratsraum gelandet sind.

Er sieht ein paar Flaschenetikette genauer an und hat eine bauchige Flasche in der Hand, meiner Kenntnis nach, handelt es sich wohl nicht um Wein.

"Einer der besten Champagner, für eine besondere Frau, zum Abschluss eines grandiosen Tages", flüstert er und führt mich zurück in die Eingangshalle des Hotels, biegt mit mir in einen der vielen Gänge ab, bis wir vor den Aufzügen stehen.

"Was hast du vor?"

"Lass dich überraschen", antwortet er geheimnisvoll, die Fahrt endet in einem der oberen Stockwerke, er zieht die Karte aus der Hosentasche und hält sie vor eine Tür.

"Hereinspaziert", er hält sie für mich auf und ich stehe in einer gigantischen Suite, am Balkonausgang steht sogar ein Flügel.

"Oh mein Gott", staune ich und traue mich nicht, weiter zu gehen.

"Unser Reich für heute Nacht", haucht er mir ins Ohr, stellt den Champagner auf den Tisch im Wohnbereich, holt zwei Gläser aus einem Schrank, entkorkt die Flasche und gießt uns etwas ein. Reicht mir eins und zieht die Balkontüren auf. Warme Luft strömt herein, ich streife die Schuhe von den Füßen und folge ihm barfuß. Der Ausblick ist unbezahlbar, der Eiffelturm wirkt von hier noch einmal ganz anders, größer und viel näher.

"Auf uns", er stößt an den Rand meines Glases und ich sehe ihn bewundernd an.

"Uns?", frage ich ungläubig, weil ich das Gefühl habe zu träumen.

"Ja Gabriella, ich habe mich in dich verliebt, das liegt nicht nur an Paris, du hast mich schon in München völlig aus dem Konzept gebracht. Der Tag mit dir hat mir gezeigt, dass ich mehr will, ich will dich ganz", er trinkt einen Schluck, ich bin so erstaunt über sein Geständnis, dass ich ihn nur anstarre. Pierre legt sanft den Zeigefinger unter mein Kinn und küsst mich. Er schmeckt süß und ich erwidere den Kuss voller Hingabe. Mit diesen Worten hat er es geschafft, mich um den letzten Funken Vernunft zu bringen.

Dangerous taste Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt