Frisch geduscht streife ich das Schlafshirt mit Patrick von Spongebob über und krieche müde ins Bett. Kaum habe ich die richtige Schlafposition gefunden, klopft es leise. Stöhnend stehe ich wieder auf und frage, wer da ist. "Pierre, bitte Gabriella, lass mich rein", flüstert er auf der anderen Seite. Ich schließe auf, er steht in einem enganliegenden schwarzen langärmeligen Pullover und der passenden Hose vor mir und nimmt mich fest in den Arm. Küsst meinen Scheitel und schiebt mich rückwärts zurück ins Zimmer, die Tür fällt mit einem lauten Knall ins Schloss.
"Fahr mit mir weg, nur wir zwei. Maurice bleibt bei Julia, ich habe schon alles geregelt", er schließt mein Gesicht in seine Hände, küsst mich zärtlich auf den Mund und ich drücke ihn von mir weg.
"Ich kann hier nicht weg, wie stellst du dir das vor?! Wir sind, ja was sind wir, überhaupt? Wir hatten zweimal Sex, dass bedeutet heute nichts, nur das wir Spaß hatten. Du kannst doch dein Restaurant nicht für zwei Tage schließen-", er unterbricht mich, in dem er mir seine Zunge in den Mund schiebt und ich sofort in seinen Armen dahin schmelze. Pierre legt seine warmen Hände erneut um mein Gesicht und schaut mir tief in die Augen.
"Ich will dir meine Vergangenheit zeigen, fahr mit mir nach Paris, ich muss einfach mal ein paar Tage raus. Mein Sou-Chef hat alles im Griff und Maurice lässt dich ganz lieb grüßen. Gabriella, ich weiß nicht, was das zwischen uns ist, aber das finden wir raus, gemeinsam. Vielleicht in einem anderen Outfit, als das, was du gerade trägst, komm schon, wann hast du das letzte Mal in deinem Leben, etwas verrücktest getan?", er hebt mich hoch und ich sehe in seine vor Freude geweiteten, blauen Augen und nicke zustimmend. Vor zwanzig Jahren war ich sehr verrückt, als ich meiner Familie den Rücken gekehrt habe und danach ein typisch deutsches Spießerleben geführt habe. Abitur, Ausbildung bei der Polizei mit zusätzlichem Studium. Die Beziehung zu Vince war eine bittere Lektion, vertraue nie auf den erstbesten Typen in deinem Leben. Pierre lässt mich runter und ich ziehe mich schnell an, halte kurz inne und sehe mich um.
"Wo ist dein Gepäck?"
"Vor der Tür, ich wusste ja nicht, ob du einverstanden bist und mit mir ein Abenteuer wagst", grinst er. "Das Taxi wartet am Hoteleingang, bringt uns zum Flughafen und morgen früh sitzen wir unter dem Eiffelturm und frühstücken typisch französisch."
Schmetterlinge flattern in meinem Bauch aufgeregt hin und her, und ich versuche, die Freude zu verbergen, denn ich bin ein absoluter Gefühlsmensch, wenn es sich um Liebe handelt. Werfe auf die Schnelle ein paar Wechselklamotten in die Sporttasche und die Waschtasche aus dem Bad dazu. Meine Nonna, Gott hab sie selig, hat mich als kleines Mädchen ständig Träumerin genannt. Ich ziehe das Ladekabel ab, stecke es in die Jackentasche und das Handy in die Jeanstasche. "Okay, fertig", Pierre nimmt mir ganz Gentleman die Tasche ab, schnappt sich seine vor der Tür und so steigen wir mitten in der Nacht in das Taxi zum Flughafen. Gähnend halte ich mir eine Hand vor den Mund, denn der Tag hat es wirklich in sich gehabt, er zieht mich an seine Schulter und flüstert mir ins Ohr, dass ich gleich noch ein bisschen schlafen kann, bis der Flieger abhebt.
Am Check-in ist um diese unchristliche Uhrzeit nur wenig los und wir machen es uns im Wartebereich bequem. Pierre bettet meinen Kopf in seinem Schoss und grinst auf mich herunter. "Das ist verdammt gefährlich, aber ich werde mich zusammen reißen und es später nachholen", zwinkert er und streichelt zärtlich über die Stirn. Meine Augen werden schwer und ich döse weg. Bis er mich weckt, es ist halb vier, auf dem Weg zum Gate decken wir uns mit Kaffee ein und trinken ihn im Weitergehen.
Pünktlich um sechs, hebt die Maschine nach Paris ab und wir nutzen die kurze Flugzeit, um Schlaf nachzuholen. Anderthalb Stunden später empfängt uns das hektische morgendliche Treiben am Flughafen und Pierre ruft laut nach einem Taxi. Nennt dem Fahrer eine Adresse, natürlich in fließendem Französisch, ich verstehe kein Wort. Der Verkehr ist mörderisch und ich würde einen Anfall bekommen, wenn ich hier selbst Auto fahren müsste.
Der Taxifahrer hält vor einem antik aussehenden Gebäude, mit weißen Verschnörkelungen und einem, vermutlich, ruhigen großen Innenhof, mehr kann ich noch nicht erkennen. Pierre bezahlt, greift nach dem Gepäck und wir checken ein, unser Zimmer befindet sich ganz oben, hat einen Balkon und einen unverbauten Blick auf den Eiffelturm. Die Luft ist fantastisch und ich atme sie tief ein, halte mich an dem geschwungenen Balkongeländer fest, sauge die Aussicht in mir auf und genieße die Sonnenstrahlen im Gesicht. Zwei Hände schieben sich über meine Arme und umschließen sie sanft.
"Los, lass uns endlich frühstücken", er zieht mich vom Geländer weg, in das gemütliche Zimmer. Es ist alles in warmen dunkelbraunen Tönen gestaltet, das Himmelbett ist aus massivem Holz und mit roten, durchsichtigen Vorhängen dekoriert, die sich um die Pfosten schlängeln. Die Bettwäsche ist nicht zu sehen, weil sie mit einer dunkelroten Tagesdecke abgedeckt ist. Am Kopfende liegen zwei große schwarze Kissen, mit goldenen Bommeln an den Ecken. Das Bad ist sehr klein, aber vollkommen ausreichend mit einer Dusche und Waschbecken, die Toilette befindet sich separat daneben.
"Verrätst du mir, was dieser spontane Trip kostet? Wir haben ein Zimmer mit einem unbezahlbaren Ausblick-", er drückt mich an die Ausgangstür und bringt mich mit einem leidenschaftlichen Kuss zum Schweigen.
"Genieß die Zeit mit mir, in Paris redet man nicht über Geld, man lebt einfach", wir verlassen das Hotel, schlendern durch schmale Seitenstraßen, in denen sich Häuser dicht aneinanderreihen. Die verschiedenen Baustile sind deutlich zu erkennen und ich schaue staunend in alle Richtungen. Er hat Recht, die Menschen wirken alle entspannt und sind so vornehm gekleidet, dass ich mir in Jeans, langen Pullover und T-Shirt völlig fehl am Platz vorkomme. Meine Haare sind eine Vollkatastrophe, weil ich sie in der Eile nur zu einem unordentlichen Zopf zusammengebunden habe.
An einer kleinen Bäckerei bittet mich Pierre, kurz zu warten, ich schreibe in der Zeit schnell Caro, dass ich mir wohl einen fiesen Erkältungsvirus eingefangen habe und deshalb ein paar Tage das Bett hüten werde. Sie wünscht mir gute Besserung, fragt, ob ich Medikamente benötige, ich lehne dankend ab und versichere ihr, dass ich im, Hotel bestens versorgt bin.
Es ist eine Notlüge und irgendwie betreibe ich ja auch Recherche, was Pierre Durand angeht. Mit einem breiten Lächeln und einem Stoffbeutel in der Hand, der gut gefüllt ist, verlässt er den Laden. Umschlingt mit der freien Hand meine und ein herrlicher Duft, nach frischem Gebäck steigt mir in die Nase. In einer Papiertüte entdecke ich die Spitzen von Croissannts, aber mehr ist nicht zu sehen. An einem Secondhandladen, warte ich wieder, bekomme vorher die Anweisung nicht in den Beutel zusehen, was ich auch nicht mache, schließlich will ich ihm die Überraschung nicht zerstören. Zehn Minuten später ist er mit einer grün-karierten Picknickdecke zurück und wir schlendern ganz gemütlich weiter. Bis der Eiffelturm imposant vor uns auftaucht.
Fasziniert sehe ich hoch, lege den Kopf in den Nacken, bis mir schwindelig ist. Ein wunderschön angelegter Park erstreckt sich in alle Richtungen, auf den sattgrünen Rasenflächen haben wohl noch mehr Menschen die gleiche Idee. Ein paar liegen einfach nur da, andere lesen in alten Büchern oder haben einen Laptop auf dem Schoss. Alle sind entspannt und genießen das schöne Wetter.
Wir finden schnell einen Platz abseits der Menschenmassen und Pierre breitet die Decke aus. Ich reiche ihm den Beutel und er befördert zwei Porzellanbecher, die Tüte mit dem duftenden Gebäck und eine Plastikschüssel mit verschiedenen Obstsorten ans Tageslicht. Im Schneidersitz lässt er sich fallen und klopft neben sich. Ich setze mich dicht zu ihm, streife Schuhe und Socken aus und stütze den Oberkörper auf die angewinkelten Arme.
Er öffnet die Obstschüssel und steckt mir erst eine Heidelbeere, anschließend ein Stück Ananas in den Mund und ich schließe genüsslich kauend die Augen. Er nutzt diese Gelegenheit und küsst mich, ein Arm landet in meinem Nacken und so drückt er mich auf den Boden, wobei die andere auf dem Pullover zum liegen kommt. Wandert hoch zum Gesicht und ich öffne die Augen, er sieht mich voller Liebe im Blick an. "Gabriella, du bist die erste Frau, seit einer gefühlten Ewigkeit, mit der ich mir wieder eine Zukunft vorstellen kann", flüstert er dicht über mir und ich schlucke hart.
"Aber wir kennen uns doch kaum", gebe ich ihm die Chance, seine Aussage zu überdenken.
"Ich weiß, aus diesem Grund, sind wir hier. In meiner alten Heimatstadt, damit du mich besser kennenlernst. Denn du hast mich verzaubert, ich bin verliebt, und das hat bisher nur eine Frau geschafft", er sieht zur Seite und ich lege ihm eine Hand auf die Wange, dass er mich wieder ansieht.
"Erzähl mir von ihr, aber nur wenn du es möchtest", sage ich einfühlsam, weil in seinen Augen Tränen schimmern.
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Dangerous taste
Romance„Lauf Gabriella, vor deiner Vergangenheit kannst du nicht fliehen, ich finde dich, immer!" Hauptkommissarin Gabriella Farina wird undercover auf den exzentrischen Sterne-Koch Pierre Durand angesetzt, der in der Schickeria von München ganz spezielle...