Teil 26

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Ich passe gerade so unter den Duschkopf, weil das Bad winzig ist und stelle das Wasser lauwarm. Die Tränen bahnen sich nun doch den Weg an die Oberfläche und ein tiefer Schluchzer verlässt meinen Hals. Das Duschgel aus dem Spender an der Wand riecht merkwürdig, aber mir ist im Moment sowieso alles egal, Hauptsache ich fühle mich danach ein wenig wohler, auch wenn ich in die alten Klamotten schlüpfen muss. In der Kabine suche ich in der Hosentasche einen Haargummi und binde die feuchte Lockenmähne zu einem Zopf, Pierre verschwindet ohne mich an zusehen, ebenfalls in der Nasszelle, denn mehr ist das auf keinen Fall.

Ich strecke mich auf der harten Matratze aus, versuche zu entspannen, aber die Unwissenheit, mit wem ich es hier zu tun habe, lassen mich nicht zur Ruhe kommen. Ganz in Gedanken versunken, zucke ich erschrocken zusammen, als Pierre gegenüber auf das Bett sinkt. Er starrt aus dem viereckigen Fenster und ich sehe, dass es auch in seinem Kopf rotiert.

Plötzlich steht er wieder auf, setzt sich auf die Kante bei mir, ich rutsche ein Stück näher zur Wand und er streicht sich mit der Hand durch die nassen Haare, bevor er mich traurig ansieht.

"Es tut mir leid, was ich vorhin gesagt habe, ich war so wütend, vor allem auf mich selbst. Warum hast du mir nicht in Paris wenigstens die Wahrheit über deinen Beruf erzählt, als ich dir meine Liebe gestanden habe. Dennis kam an irgendeinem Nachmittag, ich weiß nicht mehr genau wann, ins Restaurant und berichtete mir von einer genialen Geschäftsidee, bei der man innerhalb kürzester Zeit, richtig Geld verdient, ohne viel dafür zu machen. Er hatte wohl mit dem Barbesitzer an der Ecke gesprochen und der hat ihm mit dem Kontakt geholfen. In den Kreisen der Reichen und Schönen spricht sich so etwas schnell rum, dass es zu den Cocktails auch noch andere Sachen für eine gute Partynacht gibt. Am Anfang habe ich es abgelehnt, aber das délice läuft seit Monaten nicht gut, ich kratze jeden Cent für den Großmarkt zusammen, und die Gläubiger hängen mir im Nacken, so haben wir uns darauf geeinigt es einfach auszuprobieren.

Wenn die Zahlen wieder besser sind, wäre ich ausgestiegen. Ich habe Dennis freie Hand gelassen, was die Mengen angeht, weil ich nur wegen dem Essen mit den Gästen in direktem Kontakt stehe. Mir war egal, was sie zusätzlich zum Dessert verlangt haben, für mich stand das Restaurant an erster Stelle. Er hat sich um alles gekümmert, ich habe das getan, was ich am besten kann, kochen. Ich konnte nach ein paar Wochen endlich die Rechnungen ohne Schnappatmung bezahlen und war schockiert, den Kopf in der Fischsuppe zu finden, Dennis erzählte mir abends, dass wir noch mehr verkaufen müssen, die Lieferanten wären nicht zufrieden", Pierre schaut schuldbewusst auf den Boden, ich setze mich hin und lege seine Hand in meine.

"Ich weiß noch nicht, an wen ihr geraten seid, aber ich verspreche dir, dass wir hier wieder rauskommen. Tu mir bitte einen Gefallen, zieh die Weste unter dein T-Shirt, ich denke, die brauchen mich lebend", er drückt mich an den Schultern runter und legt sich neben mich, streicht sanft an meiner Wange entlang.

"Du hast doch sicherlich einen Verdacht, wer dahinter steckt, oder?", ich schlucke hart, wir sitzen im gleichen Boot, im wahrsten Sinne des Wortes. Also kann ich ihm auch die Wahrheit sagen.

"Auf dem Zettel, den ich im Mund des Opfers gefunden habe, waren die Initialen von Fausto Greco, ein einflussreicher Name in der italienischen Mafia. Eine Große Nummer im Drogenvertrieb, ihr habt euch gewaltig in die Scheiße geritten, nur um schnell an Geld zu kommen", seufze ich.

"Mich hat nicht interessiert, wo Dennis das Zeug her hat, die Kohle war einfach wichtiger. Meinst du, Maurice ist auch in Gefahr?", sein ganzer Körper spannt sich bei dieser Frage an. Ich stütze den Kopf in die Handfläche und schüttele ihn leicht.

"Nein, mach dir keine Sorgen. Die wussten genau, wen sie sich holen. Pierre, ich-", wie erkläre ich ihm mein Drama am besten? Er küsst mich auf die Stirn und den Mund, für einen Moment vergessen wir, dass wir gewaltig in der Scheiße stecken und verlieren uns in dem innigen Kuss.

Dangerous taste Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt