Kapitel 28

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Pray P.O.V.
Es waren jetzt schon 5 Tage seit meines Verschwindens vergangen und der anfängliche Euphemismus, dass ich morgen wieder bei meiner Mama bin, ist verblasst.
Die Einsamkeit hatte mich jeden Tag ein bisschen mehr aufgefressen und ich vermisste meine Mama schrecklich, ich vermisste es die Sonne auf meinem Gesicht zu spüren, ich vermisste es auf meinem Skateboard durch die Straßen zu rollen, ich vermisste es Alex auf meiner Terrasse anzutreffen.
Ach Alex, wenn du nur hier wärst, dann würde es definitiv weniger einsam sein, es wäre fast lustig, er wüsste bestimmt, was wir in so einer Situation machen sollten.
Ich hoffe nur, dass die Jungs ihn nicht für den Entführer hielten und jagten, dass wäre eine wahre Katastrophe.
Ich seufzte vor mich hin, was würde ich nur dafür geben endlich hier rauszukommen, sei es nur um mit irgendwem zu sprechen, einfach mal wieder Licht zu sehen.
Meine trostlosen Gedanken wurden unterbrochen, als ich Stimmen im Gang wahrnahm, es hörte sich an, als wenn sie sich stritten oder zumindest diskutieren.

Was ist, wenn sie gar kein Wolf ist? -Stimme 1
Sie muss einer sein, schließlich ist ihre Mutter auch einer -Stimme 2

Redeten die von mir? Nein unmöglich, ich war kein Wolf und meine Mama auch nicht, dass hätte sie mir schon längst gesagt, außerdem hätte sie sich dann ja auch verwandelt irgendwann.

Vielleicht braucht sie einfach bisschen länger als andere -Stimme 1
Du bildest dir was ein, wir sollten das Mädchen freilassen, es muss die falsche sein -Stimme 2
Niemals! Sie gehört mir, selbst wenn sie kein Wolf ist -Stimme 1
Alpha, warum akzeptiert ihr eure Mate denn nicht einfach? -Stimme 2
Das ist nicht deine Angelegenheit, sie bleibt in der Zelle, bis sie sich entwolft, selbst wenn das Jahrhunderte dauert -Stimme 1

Worüber zum Teufel redeten die? Jedenfalls schien das Gespräch beendet zu sein, denn die Stimmen waren verstummt und ich wieder mir alleine überlassen.
Da ich nicht wusste, was ich noch machen sollte, ging ich wieder schlafen, viele andere Möglichkeiten hatte ich hier nicht.

Noah P.O.V.
Als wir am nächsten Tag aufwachten, setzten wir uns alle unten an den Tisch und grübelten über einen Plan, wie wir Pray daraus kriegen sollten.
Wir wussten schließlich nichtmal genau, wo sie sich aufhielt, lediglich ein paar Vermutungen.
Dazu kam, dass wir nur zu viert waren und somit nicht viel ausrichten konnten gegen ein ganzes Rudel.
Dem Rudelhaus nach zu urteilen sogar ein ziemlich großes und einflussreiches noch dazu.
Enttäuscht stocherte ich in meinem Müsli rum, der Hunger war mir seit ein paar Tagen echt vergangen, nur wegen uns wusste Pray überhaupt, dass es Werwölfe gibt, was ist wenn das Azzocello Rudel es nur auf sie abgesehen hat, wegen einem von uns?
„Okay, versuchen wir wenigstens schonmal den Umriss aufzuzeichnen und dann fügen Alex und ich das hinzu, an das wir uns erinnern." begann Derrick dann das Gespräch.
Wir holten also ein großes Blatt Papier, Lineale, Geodreiecke und Bleistifte heraus und begannen den groben Umriss des riesigen Gebäudes zu zeichnen.
Nachdem der fertig war, zeichneten Derrick und Alex ein, woran sie sich noch erinnern konnten, wobei wir darauf achteten nur das zu nehmen bei denen sie sich zu 100% sicher waren.
Als das auch stand, zeichneten wir mit rot mögliche Aufenthaltspunkte von Pray ein, wobei sich alle im Keller befanden.
Das sah doch schon ganz vernünftig aus.
„Okay nun die Frage aller Fragen: Wie kriegen wir sie in einem Stück wieder daraus? Am besten noch ohne entdeckt zu werden." fragte Alex dann und jeder legte ein grübelndes Gesicht auf.
„Wie wäre es mit einem Tunnel?" schlug Tyler vor.
„An sich keine schlechte Idee, aber wir wissen ja gar nicht in welcher Zelle Pray sich genau befindet." schlug Derrick die Idee nieder.
„Dazu würde es viel zu lange dauern diesen unbemerkt zu graben, falls das überhaupt möglich ist." ergänzte ich dann.
„Was ist wenn sich einer von uns auf ihrem Gebiet gefangen nehmen lässt?" schlug ich als Alternative vor.
„Dafür, dass wir dann zwei retten müssen, nein danke. Vor allem, wie kommunizieren wir dann mit demjenigen?" verwarf Tyler die Idee.
„Naja, die Kommunikation wäre ja möglich, wenn wir in der Nähe sind über das Rudelhirn." verteidigte Alex die Idee.
„Aber wenn du nicht mitkriegst, wie sie dich dahin gebracht haben, dann bist du uns auch keine weitere Hilfe." wandte Derrick dann ein.
Wir überlegten hin und her und die skurrilsten Vorschläge wurden ans Licht gebracht.
Morgen war Vollmond, da konnten wir das ganze eh vergessen, denn dann waren wir viel zu sehr damit beschäftigt uns unter Kontrolle zu halten.

Pray P.O.V.
‚Wach auf Pray' hörte ich eine Stimme sagen, eine helle weibliche Stimme.
„Was ist denn los?" murrte ich, denn Schlaf war das Einzige, was mir aktuell Frieden brachte, denn dann konnte ich für ein paar Stunden in meine weniger komplizierte, hundert mal bessere Traumwelt entgleiten.
‚Du darfst dich nicht so aufgeben. Morgen ist es soweit.' beharrte die Stimme und langsam erwachte ich.
Momentchen mal, drehte ich jetzt endgültig am Rad und hörte schon Stimmen?
Verzweifelt schlug ich mir mit der flachen Hand gegen die Stirn, in der Hoffnung alles wieder festzuklopfen.
‚Was ist morgen soweit?' fragte ich verdutzt in die Dunkelheit, in der Hoffnung, dass ich eine aufschlussreiche Antwort bekommen würde.
Jedoch wurde ich enttäuscht und hakte das Ganze als Halluzination ab.
Schritte ertönten auf dem Gang, schwere Schritte.
Als die Schritte vor meiner Tür anhielten, wurde meine Neugier geweckt.
„Komm her." ertönte eine tiefe Stimme und ich eilte so gut es ging zur Tür.
Diese öffnete sich und ein Junge stand vor dieser, ich hätte ihn maximal ein paar Jahre älter als mich geschätzt.
„Hier zieh das an und komm wieder zur Tür, wenn du fertig bist. Ich komme in 10 Minuten zurück." befahl er und ich nahm interessiert dir Schachtel entgegen, die er mir hinhielt.
Im fahlen Licht des Türspalts öffnete ich die Schachtel und holte aus dieser ein samtenes dunkelblaues Kleid.
Ich begutachtete es etwas genauer, es hatte einen tiefen Rückenausschnitt, mit einer Schnürung, einen kniehohen Schlitz am Bein und ellbogenlange Ärmel die eng anlagen.
Es gefiel mir, weshalb ich mich in eine dunklere Ecke zurückzog und dort mich meiner dreckigen Sachen entledigte und mich am Waschbecken schnell wusch.
Fertig damit streifte ich das Kleid über und ging zurück zur Tür.
Nach ein paar Minuten kam der Junge zurück und musterte mich einmal von oben bis unten.
„Das geht schon so. Komm mit." befahl er wieder und ohne ein weiteres Wort packte er mich am Arm und zog mich hinter sich her.

Im Bann des VollmondesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt