Aufgeschreckt sprang ich aus der Badewanne und riss meinen Bademantel vom Hänger, um mich direkt in diesen einzuhüllen.
„Toll, wenn ich jetzt gegen jemanden kämpfen muss, wird das ja richtig unangenehm." flüsterte ich vor mich hin. Ja, solche Gedanken gehen mir ständig durch den Kopf und ich bezweifle, dass ich damit alleine bin.
Vorsichtig schlich ich also zur Tür und die Treppen runter, denn das Geräusch kam eher aus der Richtung unseres Gartens.
Auf einmal kroch mir doch die Angst durch die Adern und ich überlegte kurz wieder in mein Zimmer zurückzukehren und mich dort zu verbarrikadieren und die Polizei einfach zu rufen.
„Nein Pray, die haben besseres zu tun, was ist, wenn einfach nur ein Vogel gegen die Scheibe geflogen ist." sprach ich mir Mut zu, zog meinen Bademantel nochmal fester und machte dann mutig einen großen Schritt nach vorne vor die Terrassentür.
Zu meiner Verwunderung war dort auf den ersten Blick niemand zu sehen und ich begann allmählich meine Psyche zu hinterfragen, ob da oben noch alles gut ist, oder ob der Mechaniker mal wieder alle Schrauben festziehen muss.
Nur um auf Nummer sicher zu gehen griff ich trotzdem nach dem Griff der Tür und ging einen großen Schritt auf die Terrasse.
Nach genauerer Inspektion fand ich Alex zusammengerollt hinter dem Strandkorb.
„Nanu, was machst du denn hier?" fragte ich ihn und ging langsam auf den schwarzen Wolf zu, der sich jedoch kaum regte.
Vorsichtig legte ich meine Hand auf seinen Brustkorb, der sich scheinbar nicht mehr bewegte.
Panik machte sich in mir breit und ich schüttelte besorgt den Körper des Wolfes, kaum merklich öffnete sich ein Spalt breit sein linkes Auge.
Doch dann konnte er sich nicht mehr verstecken und ich sah aus dem Augenwinkel, wie seine Schwanzspitze freudig zuckte.
„Man Alex, du hast mir einen halben Herzinfarkt eingejagt." fluchte ich und packte mir dramatisch an die Brust.
Der Wolf sprang auf und hechelte freudig.
Beleidigt ging ich wieder ins Wohnzimmer, ließ jedoch die Tür einen Spalt breit offen, damit er mir folgen konnte.
Kaum war er drinnen angekommen, verwandelte er sich zurück und schloss die Terrassentür hinter sich sorgfältig.
„Naaaaa, was machen wir heute, Casper? Kuchen essen?" grinste er von Ohr zu Ohr und steckte mich damit trotz meines Wiederwillens an.
„Casper?" fragte ich verwirrt, da ich keinen blassen Schimmer hatte, was er damit meinte.
Er versuchte seinen hinterlistiges Grinsen zu verstecken und deutete nur mit seinem Finger auf mein Gesicht.
Oh Schreck ich hatte meine Gesichtsmaske ja noch drauf.
„Tja ich kümmere mich wenigstens um Körperpflege und hause nicht draußen im Wald ohne mich zu waschen." konterte ich und streckte ihm die Zunge raus, wobei ich meine Nase arrogant nach oben rümpfte.
„Nicht frech werden junges Fräulein, aber was ist denn nun die Antwort auf meine Frage? Was machen wir heute spannendes?" hakte er nochmal nach.
„Also ich werde jetzt definitiv mein Bad zu Ende genießen bei dem du mich so erfolgreich unterbrochen hast, ich will ja schließlich kein Badewasser verschwenden." sagte ich und zuckte mit den Schultern.
„Dann komm ich mit, wenn ich schon so stinke, sollte das ja eher zufriedenstellend sein." stellte er klar und mir entwichen sämtliche Gesichtszüge.
„Äh äh äh was?" stotterte ich und als wäre die Situation nicht schon unangenehm genug hielt mein Gehirn es für angemessen gerade jetzt mir wieder in Erinnerung zu rufen, dass er ja komplett nackt war und ich auch nur einen Bademantel anhatte.
„Alles gut, das war ein Spaß kannst dich entspannen, wenn du keine Zeit hast, dann kann ich auch wieder gehen. Ich dachte nur ich schau mal bei der aktuell einzigen Person vorbei, die mich nicht hasst, und frage ob sie Lust hat was zu unternehmen." ruderte er zurück und schaute mich dabei mit sanften Augen an.
„Sorry ich war darauf jetzt echt nicht vorbereitet, aber klar gerne darfst du bleiben mir ist eh langweilig, da tut ein bisschen Ablenkung nicht weh." sammelte ich mich und holte aus der Küche schnell ein Glas und ein paar Snacks für ihn.
„Dann flitz mal wieder in deine Badewanne." sagte Alex, nachdem er sich die Snacks und das Glas genommen hatte.
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und ging wieder hoch in mein Bad, wo ich den Bademantel wieder weghängte, die Gesichtsmaske abmachte, da die Zeit dafür schon lange rum ist, und mich wieder in das noch warme Wasser gleiten ließ.
Doch meine Ruhe sollte nicht lange wahren, denn nur ein paar Minuten später platze Alex ins Badezimmer.
Schnell versuchte ich die wichtigsten Stellen zu bedecken.
„Du wolltest mich doch nicht alleine da unten lassen oder? Entspann dich ich guck dir nichts weg, nichts, was ich noch nie gesehen hab." grinste er und zuckte mit den Schultern.
„Soo ich hab uns einen Film ausgesucht." führte er das Gespräch ganz ungestört weiter, während ich ihn entgeistert anstarrte.
„Ist was?" fragte er dann erstaunt, nachdem er meinen Blick bemerkt haben muss.
„Ähm ja?! Du stehst hier, als wenn ich nicht gerade komplett nackt in meiner Badewanne liege und entspannen möchte." murmelte ich und versuchte meinen Blick verzweifelt auf seinem Gesicht zu halten.
„Ihr Menschen seid immer so verspannt." nuschelte er nur und traf damit wieder genau ins Schwarze.
Quasi augenblicklich traten mir wieder Tränen in die Augen und eine Welle der Verzweiflung rollte über mich.
Ich zog meine Beine an meinen Oberkörper und versteckte mein Gesicht in meinen Händen.
„Oh nein ich Idiot. Es tut mir leid Pray, ich wollte nur einen Spaß machen, ich hab nicht mehr dran gedacht." fiel es ihm sofort wieder ein und er eilte zu mir an die Badewanne, um mich in den Arm zu nehmen.
Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich das ganze nach all den Jahren mittlerweile verarbeitet hatte, doch anscheinend immer noch nicht.
Alex hielt mich ganz fest an seine Brust gedrückt und flüsterte mir dabei beruhigende Worte ins Ohr, während er mir über die Haare streichelte.
Es tat auf eine seltsame Art und Weise so gut ihn so nah bei mir zu haben, ich würde sagen mein Vorhaben den ganzen Tag nicht an ihn zu denken ist mir ziemlich missglückt.
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Im Bann des Vollmondes
مستذئبNach der Trennung ihrer Eltern, muss die 17 Jahre alte Pray sich nun in dem Heimatdorf ihrer Mutter neu zurecht finden. Was einst vertraut war in ihrer alten Heimat ist nun neu und fremd, genau wie die Menschen, die in Northville wohnen. Die gleicha...