Kapitel 5

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Langsam kam das Tier hinter dem Busch hervor und ich fiel fast hinten über, als ich erkannte, dass es sich bei dem vermeintlich ungefährlichen Tier um einen ausgewachsenen Wolf handelte, der mich aus seinen hellen Augen anschaute, ungewöhnliche Farbe für Wölfe.
Sein schwarzes Fell bewegte sich sanft bei jeder seiner Bewegungen, die er auf mich zukam, wobei sich dadrunter deutlich seine ausgeprägten Muskeln abzeichneten.
Als ich fertig war sein Fell zu bestaunen fiel mir auf, dass er vorne humpelte und generell ziemlich leidend aussah bei jeder Belastung seiner linken Vorderpfote.
Einen Meter vor mir blieb der Wolf stehen und ich kniete mich langsam zu ihm runter, um nicht so bedrohlich auf ihn zu wirken.
Er kam ein weiteres Stück auf mich zu und aus irgendeinem Grund wusste ich, dass er mich nicht angreifen wird, weshalb ich meine Hand langsam nach ihm ausstreckte, wobei er zurückschreckte.
„Hey, ich will dir nur helfen, lass mich deine Pfote mal anschauen." sprach ich vorsichtig auf ihn ein und seine Ohren richteten sich mir zu, was mir ein Lächeln entlockte.
„Ich heiße Pray und ich habe mich leider in diesem Wald verlaufen, weißt du ich bin gestern erst hierher gezogen, weil meine Eltern sich scheiden lassen wollen." erzählte ich ihm von meinen Sorgen und es tat gut endlich mal alles rauszulassen.
Er kam mir so nah, dass ich ihn berühren konnte.
Vorsichtig streichelte ich über seinen Kopf und ging dann runter zu seiner Pfote, welche er mir bereits leicht entgegenhielt, da er das Bein nicht belastete.
„Hmm, sieht aus wie ein Dornen, also nichts schlimmes, den kann ich auch jetzt entfernen, dann könnte es nur sein, dass es sich entzündet, was natürlich nicht so gut wäre." flüsterte ich ihm meine Prognose zu und er legte niedlich den Kopf schief, als würde er mich verstehen.
Ich kicherte: „Jetzt guck mich nicht so an, ich habe leider kein Desinfektionsmittel und Verband bei mir, sonst würde ich dir gerne helfen, aber wenn du mir hilfst aus diesem Wald rauszukommen, dann kann ich welches von zu Hause holen und dir den Dornen entfernen. Obwohl den Dornen kann ich jetzt auch schon rausmachten, dann kannst du vernünftig laufen, dann müssen wir es nur noch säubern, wenn ich das Desinfektionsmittel habe." lächelte ich ihn an und streichelte dabei über seinen Kopf.
„Okay, das kann jetzt etwas weh tun, nicht erschrecken." warnte ich ihn und zog dann mit einem kurzen Ruck den Dornen raus, der ziemlich tief drinnen war.
Kurz danach spürte ich etwas feuchtes an meinem Arm und als ich runterguckte sah ich, wie seine Zähne sich gerade noch aus meinem Arm zogen und er mir einen entschuldigenden Blick zuwarf.
„Autsch, dass tat weh." murrte ich und er fing an zu winseln.
„Schon gut, hey, alles gut, du kannst da ja nichts für, es ist nur dein Instinkt." beruhigte ich ihn und mich, bevor ich aufstand und zu ihm runtersah.
„Hilfst du mir jetzt aus dem Wald zu kommen?" wandte ich mich an ihn und er begann unbeschwert in eine Richtung zu laufen.
Schnell beeilte ich mich ihm zu folgen und nach einer Stunde war ich tatsächlich aus dem Wald raus und wir standen in meinem Garten.
„Vielen lieben Dank, ohne dich hätte ich das niemals geschafft." bedankte ich mich überschwänglich bei ihm und mir kamen tatsächlich sogar die Tränen, da ich nicht dadran gedacht hatte da heute nochmal lebend rauszukommen.
„Warte hier auf mich." sagte ich zu ihm und sprintete schnell zum Haus um Desinfektionsmittel und einen Verband zu holen für den Wolf.
Wieder bei ihm desinfizierte ich die Wunde und meinen Biss gleich mit und verband ihm dann seine Pfote, wobei ich darauf achtete den Verband nicht zu stramm zu machen, aber trotzdem so, dass er nicht abfallen würde so schnell.
„Tschüss, mein Freund, lebe wohl." lächelte ich und streichelte ihm noch einmal über sein Fell.
Dann drehte er sich um und verschwand im Dunkeln der Bäume.
Schnell lief ich das kurze Stück zu unserer Veranda, wo meine Mutter mich auch schon in ihre Arme schloß.
„Ich hab gerade gesehen, dass du versucht hattest mich zu erreichen, wo warst du denn die ganze Zeit, ich hab mir langsam Sorgen um dich gemacht!" quasselte sie direkt drauf los und ich drückte mich einfach nur lächelnd an sie, froh es doch wieder nach Hause geschafft zu haben.
„Können wir uns erst Kakao machen und einen Film anmachen? Dann kann ich dir dabei alles erzählen." fragte ich und meine Mama nickte verständnisvoll.
Wir gingen rein und schlossen die Tür hinter uns sorgfältig ab und machten die Rollos runter, schließlich war es mittlerweile verdammt dunkel geworden.
Als ich endlich den Kakao hatte und nebenbei Kong: Skull Island lief, begann ich meiner Mama davon zu erzählen, wie ich mich erst verirrt hatte, wie schnell die Zeit dann vergangen ist und wie ich dann dem Wolf geholfen habe und er mir.
Während ich den Wolf erwähnt fiel mir wieder der Biss ein, doch ich beschloss meiner Mutter nicht davon zu erzählen, sonst würde sie mich nie wieder alleine in den Wald lassen.
Nachdem ich zu Ende erzählt hatte drückte meine Mutter mich ganz feste an sich und murmelte was von wie viel Glück ich gehabt haben muss und das der Wolf von Gott persönlich geschickt worden sein muss.
Ich erwiderte nichts darauf, sondern schenkte dem Film meine Aufmerksamkeit, bis er zu Ende war und ich mich bettfertig machte, um schlafen zu gehen.
Doch während ich entspannt mich in meine Decke kuschelte wanderten meine Gedanken immer wieder zu dem Vorfall von heute Mittag und dem Wolf und sie ließen mir keine Ruhe.
Irgendwann gegen 1 Uhr morgens muss ich dann wohl so erschöpft gewesen sein, dass ich einfach eingeschlafen bin, denn ich kann mich nicht erinnern irgendwie zur Ruhe gekommen zu sein.
Diese Nacht träumte ich nur wirre Sachen über Menschen die sich in Wölfe verwandeln konnten und lustigerweise war ich eine von ihnen und sie erklärten mir, dass der Wolf der mich gebissen hat mein sogenannter Mate wäre.

Im Bann des VollmondesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt