Was für eine interessante Frau…
Ohne meinen studierenden Blick allzu aufdringlich wirken zu lassen, betrachte ich Frau Schröder über den Rand meiner Kaffeetasse hinweg, welche ich in diesem Moment zum
Trinken an meinen Mund führe.Dafür, dass sie ausgerechnet mich unter all den Frauen, welche für die Agentur tätig sind, ausgesucht und damit unser Treffen mehr oder weniger gewünscht hat, wirkt sie
recht…abweisend.
Beinahe so, als würde sie gar nicht hier sein wollen.Seit ich mich gegenüber von ihr an den kleinen Tisch gesetzt habe, haben ihre klaren grauen Augen mich kaum eines Blickes gewürdigt. Weder bei den oberflächlichen Fragen nach dem Befinden des jeweils anderen noch bei der Kaffeebestellung, für welche sie eine schwarzumrandete Brille hervorgezogen hat, um die Karte des Cafés, welche die zuständige Kellnerin uns gebracht hat, entsprechend lesen zu können.
Dabei konnte ich mir nur beschwerlich ein Schmunzeln verkneifen, da eine blonde Strähne ihres sonst penibel glatt gekämmten Haares heute wohl äußerst widerspenstig zu sein schien und ihr ständig beim Lesen der Karte ins Gesicht gefallen ist, woraufhin Frau Schröder sie verärgert und stets begleitet von einem leichten Schnauben wieder zur Seite gestrichen hat.Diese anfängliche Unannehmlichkeit scheint jedoch inzwischen vollkommen vergessen zu sein, so genießerisch, wie die blonde Frau ihre Augen schließt, als sie ebenfalls die Tasse mit dem frisch gebrühten Bohnenkaffee an ihre Lippen führt und kurz daran schnuppert, bevor sie einen leichten Schluck davon nimmt.
Schön zu wissen, dass ihr das Getränk zu munden scheint…Ich spüre, wie meine Mundwinkel sich nun doch zu einem leichten Schmunzeln heben, welches auch noch bestehen bleibt, als Frau Schröder wieder ihre Augen öffnet und ihr Blick meinen findet.
Für einen Moment erwidert sie diesen nur mit einem ungewöhnlich langen Blinzeln, bis sie ihre Tasse mit einem leichten Räuspern wieder zurück auf die zugehörige Untertasse stellt.
„Sie haben da etwas, Bianca“, erwidert sie überraschend kühl und tippt, auf meine gehobenen Augenbrauen hin, mit ihrem Zeigefinger auf ihren rechten Mundwinkel.
Ich folge ihrer Weisung mit meinen Augen und bemerke tatsächlich etwas Milchschaum, welcher sich dort abgesetzt hat.
Oh...
Doch anstatt wie sonst auch in einem solchen Fall auf meinen Agenturtreffen nach einer Serviette zu greifen und sorgsam damit über meinen Mund zu tupfen, fährt meine Zunge reflexartig mit einem geschickten Schlag über meinen Mundwinkel und entledigt diesen so von dem überschüssigen Milchschaum.
Eine Geste, welche die grauen Augen von Frau Schröder für einen flüchtigen Moment größer werden lässt, ehe sie ihren Blick trocken schluckend wieder von mir abwendet.In der Tat…eine höchst interessante…und durchaus attraktive Frau….gerade der zweite Aspekt lässt sich wirklich nicht bestreiten.
Und dennoch sollte ich mich nicht allzu sehr von meinem persönlichen Empfinden blenden lassen.
Schließlich bin ich schon lange genug in dieser Branche, um zu wissen, wie schädigend dieser Fokus sein kann…
„Vielen Dank für Ihren Hinweis, Frau Schröder“, sage ich stattdessen und gewinne so die Aufmerksamkeit des grauen Augenpaares zurück, welches langsam wieder zu mir zurück wandert, „Sie scheinen eine sehr aufmerksame Frau zu sein, nehme ich an?“„Es bedarf wohl kaum einer ausgeprägten Form von Aufmerksamkeit, einen solchen Umstand zu bemerken“, entgegnet Frau Schröder, wobei ein Hauch von Spott in ihrer Stimme mitschwingt, ehe sie einen zögerlich tiefen Atemzug nimmt, „aber ja, ich…ich habe in der Tat ein Auge fürs Detail. Eine Fähigkeit, welche mir insbesondere in meinem Beruf äußerst häufig gelegen kommt.“
„In Ihrem Beruf?“, hake ich nach und stelle meine Tasse ebenfalls wieder zurück auf den Tisch, bevor ich mich verschwörerisch lächelnd zu der blonden Frau vorlehne, „nun machen Sie mich aber neugierig.“
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Sugar & Spice (Johanna & Bianca)
RomanceErfolgreich. Stolz. Und eiskalt. Mit ihrem akribischen Auge fürs Detail zählt Johanna Schröder zu den gefragtesten Architektinnen ihrer Branche. Gleichermaßen gefürchtet und geachtet von ihren Angestellten und Kollegen versteht Johanna es spielend...