„Was soll das heißen, dass Sie mir keine weitere Auskunft geben dürfen?!“, herrsche ich die Dame am anderen Ende der Leitung an, deren innerliches Zusammenschrumpfen ich förmlich vor mir sehen kann.
„N-Nun“, sie räuspert sich, vermutlich in der Hoffnung, auf diese Weise das Zittern in ihrer Stimme etwas besser kaschieren zu können, ehe sie fortfährt, „wie ich Ihnen bereits sagte, gelten für unsere Agentur die datenschutzrechtlichen Vorschriften auch, oder vielmehr insbesondere, nachdem eine unserer Escortdamen unsere Agentur verlassen hat, weswegen wir Ihnen auch keine näheren Angaben, geschweige denn persönliche Daten wie Anschriften
oder dergleichen, weitergeben können. Allerdings besteht für Sie natürlich immer noch die Möglichkeit, ein Treffen mit einer anderen Dame unserer Agentur zu verein-“Mit einem Schnauben beende ich dieses aussichtslose Telefonat und widerstehe nur schwer dem Drang, mein Handy mit voller Wucht auf die polierte Oberfläche meines Schreibtisches zu schlagen.
Dieses unnütze Gespräch hätte ich mir von Grund auf ersparen können…
Ich meine, wie konnte ich denn auch nur für einen Sekundenbruchteil annehmen, dass ich über die Agentur nähere Informationen über Bianca erhalten würde?
Jeder Person mit nur einem Hauch an gesundem Menschenverstand sollte dieses Prinzip des Datenschutzes mehr als geläufig sein.
Insbesondere in einer derart sensiblen Branche…Weshalb also habe ich diese offensichtliche Regelung derart missachtet und die Agentur trotz
dessen angerufen?
Ein solch impulsives, wenn nicht gar verzweifeltes Handeln kenne ich gar nicht von mir…Meine Kiefermuskeln verkrampfen sich durch die herrschende Anspannung in meinem Körper und ich schließe meine Augen, um mit zwei Fingern meine Nasenwurzel zu massieren.
Ich muss nachdenken…
In Ruhe und ohne mich von der Reizbarkeit, welche die Erkenntnisse der vergangenen Stunde mit sich gebracht haben, beeinflussen oder gar blenden zu lassen…
Fakt ist, dass ich Bianca Unrecht getan habe.
Sie hat mich nicht angelogen und mir auch nichts vorgespielt.
Zu keinem Zeitpunkt…Fakt ist weiter, dass ich Bianca durch meine fälschliche Annahme nicht nur das Bewerbungsgespräch mit Ingo verdorben und ihr damit die Möglichkeit, sich dem Escortgeschäft auf würdige Weise zu entledigen, genommen habe, sondern auch, dass Ingo bereits sämtliche Unterlagen von ihr vernichtet hat, wodurch ich keinerlei Grundlage habe, sie erneut zu einem Gespräch einzuladen.
Und Fakt ist auch, dass Bianca die Escortagentur verlassen und ich so nun überhaupt keine Möglichkeit mehr habe, sie zu kontaktieren und...genau was eigentlich zu tun?
Ich stocke in meinem Gedankenfluss und öffne meine Augen mit einem langsamen Blinzeln.
Was…was verspreche ich mir eigentlich durch eine Kontaktaufnahme mit Bianca?
Natürlich…ich möchte mit ihr reden...ihre die Gründe für meine fälschliche Annahme, dass sie eine Affäre mit Arno hat, erläutern und sie…sie auch um Verzeihung bitten.
Ich habe sie schließlich zu Unrecht verdächtigt.Aber…ist das wirklich alles?
Geht es mir schlicht und ergreifend um eine klärende Aussprache zwischen Bianca und mir?Oder steckt…steckt etwa noch mehr dahinter?
Ich hole überrascht Luft, als ich neben dem unangenehm dumpfen Gefühl in meiner Magengegend erneut dieses merkwürdige Kribbeln verspüre, welches meinen Körper unruhig und mein Herz schneller schlagen lässt, bis ich es schlussendlich mit einem entschlossenen Kopfschütteln wieder verdränge.
Vermutlich ist es nur das schlechte Gewissen, welches mich so dermaßen plagt.
Mehr nicht…Und im Grunde genommen sind meine tiefer liegenden Absichten und Motive bezüglich meiner Aussprache mit Bianca auch nicht weiter von Relevanz, wenn ich nicht einmal eine Möglichkeit habe, sie zu kontaktieren.
Wobei…
Ich halte inne und presse meine Lippen einen Augenblick lang fest aufeinander, während ich das Für und Wider dieser letzten Option abwäge, bis ich mich schließlich zu meinem Bürotelefon vorlehne und das Telefon von Nicole kurz anklingeln lasse, was meine Assistentin nur wenige Wimpernschläge später an meine Bürotür klopfen und kurz darauf in
kerzengerader Haltung im Türrahmen erscheinen lässt.„Sie haben gerufen, Frau Schröder?“
„Sehr richtig, Nicole“, erwidere ich und schlage meine Beine übereinander, während ich mich in meinem Bürostuhl ein wenig zurücklehne, „bitte lassen Sie mir umgehend die Kontaktdaten von Ottilie Breidenbach zukommen.“
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Sugar & Spice (Johanna & Bianca)
RomanceErfolgreich. Stolz. Und eiskalt. Mit ihrem akribischen Auge fürs Detail zählt Johanna Schröder zu den gefragtesten Architektinnen ihrer Branche. Gleichermaßen gefürchtet und geachtet von ihren Angestellten und Kollegen versteht Johanna es spielend...