„Also, ich muss sagen, dass Sie wirklich eine hervorragende Wahl mit dem Theaterstück getroffen haben, Frau Schröder. Bislang gefällt es mir sehr gut.“
„Das freut mich, Bianca“, erwidere ich knapp und nehme einen tiefen Atemzug, als ich an der Seite der jungen Frau den Theatersaal zur Pause verlasse und in die äußerst belebte Empfangshalle trete.
Damals, als Arno und ich noch regelmäßig das Theater besucht haben, war ich immer recht dankbar für die zeitweilige Befreiung aus dem stickigen Saal gewesen und habe diese Gelegenheit stets genutzt, um nach draußen zu treten und die frische Nachtluft tief in mich aufzunehmen.
Nur ist dieses Mal meine Kurzatmigkeit keinesfalls der zu Wünschen übrig lassenden Luftqualität des Theatersaales geschuldet…„Gefällt Ihnen das Stück etwa nicht?“, höre ich Bianca derweil fragen und spüre ihren verwunderten Blick seitlich auf mir ruhen, welcher mich leicht schlucken lässt.
„Doch. Es ist…durchaus gelungen“, entgegne ich halbherzig und bete im Stillen, dass die junge Frau auf weitere Nachfragen bezüglich des Theaterstückes verzichten würde, da ich ihr diese keinesfalls wahrheitsgetreu beantworten könnte.
Umso besser könnte ich ihr dafür aber sagen, wie verführerisch weich sich der hellgraue Stoff ihrer Hose auf meiner Haut angefühlt hat, da mein Bein durch die enge Anordnung der Sitze ständig an ihrem entlang gestrichen ist.
Oder wie der rosige Duft ihres Shampoos meine Sinne benebelt und meine Augenlider zum wiederkehrenden Flattern gebracht hat.
Oder wie mein Herzschlag kurzweilig ausgesetzt hat, als sie sich seitlich zu mir gelehnt und mir irgendwelche flüsternden Worte über das Stück zugeraunt hat, wohingegen ich mich nur auf ihren Atem an meinem Ohr und das daraus resultierende wohlige Prickeln meines Körpers konzentrieren konnte.Das…das war doch alles anders gedacht!
Ich meine, ich…ich wollte sie doch umgarnen!
Umgarnen und mir ihr offenkundiges Interesse zunutze machen, um mehr über sie und damit am Ende auch über ihr Verhältnis zu Arno herausfinden!Aber bisher ist dieses eigentlich so durchdachte Vorhaben meinerseits alles andere als erfolgsversprechend gewesen!
Vor allen Dingen im Hinblick darauf, dass Bianca scheinbar zu keinem Zeitpunkt mit derartig unerwünschten körperlichen Empfindungen zu kämpfen hatte...
Sollte ich mich vielleicht doch geirrt und dieses vermeintliche Begehren seitens der jungen Frau falsch gedeutet haben?
Beherrscht sie ihren Job etwa in solchem Maße, dass es ihr gelingt, Sehnsucht und Verlangen auf eine solch überzeugende Weise zu verkörpern, dass sie sogar mich damit täuschen konnte?Und wenn dies tatsächlich zutreffen sollte…wenn sie wirklich über ein derart ausgeprägtes schauspielerisches Talent verfügt...wie soll es mir dann nur gelingen, mehr über sie und Arno
herauszufinden?„Fühlen Sie sich nicht gut, Frau Schröder?“
Der besorgte Tonfall der jungen Frau lässt mich zu ihr sehen und ich schlucke über den begutachtenden Blick ihres braunen Augenpaares, bevor ich mich kaum hörbar räuspere.
„Nein, ich…ich bin nur in Gedanken.“
„Ja, das sehe ich.“Ich schlucke erneut, diesmal ein wenig fester, bis es mir zu meinem Ärger nicht mehr gelingt, Biancas studierender Miene noch länger standzuhalten, und wende meinen Blick langsam von ihr ab, um stattdessen über die Ansammlung von verschiedenen Menschen in der
Empfangshalle zu blicken.Das ist doch wirklich ein mehr als bemitleidenswertes Auftreten meinerseits!
Ich scheine ja das sinnbildliche offene Buch für sie zu sein!Und nun gelingt es mir auch nicht einmal mehr, dieser trügerischen Schauspielerin länger als ein paar stolpernde Herzschläge in die Augen zu blicken!
Wie sollte ich da erwarten können, dass sie mir auch nur im Entferntesten etwas über das Ausmaß ihrer Bekanntschaft zu Arno erz- ?
Meine Gedanken verstummen abrupt und meine Haltung versteift sich ein wenig, als Bianca mit einem Mal vor mich tritt und eine Hand auf meine Schulter legt, während sich mich
immer noch aus ihren aufmerksamen Augen betrachtet.„Frau Schröder…wenn…wenn Sie keine Freude an dem Abend haben sollten, scheuen Sie sich bitte nicht, mir dies mitzuteilen. Ich kann Sie gerne zu Ihrem Auto geleiten oder Ihnen ein Taxi kommen lassen. Natürlich nur, sofern Sie dies auch wünschen...“
Der leicht verunsicherte Vorschlag der jungen Frau und ihre letzten, beinahe geflüsterten, Worte, lassen mich vor Verblüffung blinzeln, ehe meine Mundwinkel sich zu einem
belustigten Lächeln heben.„Sie glauben doch nicht wirklich, dass ich in Anbetracht unserer Auseinandersetzung im Park noch irgendeine Form von Hemmungen hätte, Ihnen gegenüber mein Missfallen einer Situation kundzutun, oder?“, frage ich und ziehe amüsiert eine Augenbraue in die Höhe, was nun wiederum Bianca verwundert blinzeln lässt, ehe die junge Frau mit einem wissenden Lachen ebenfalls zu lächeln beginnt.
„Da mögen Sie durchaus Recht haben, Frau Schröder. Sie sind in der Tat keine Frau, die eine unangenehme Situation aus Rücksicht auf die Befindlichkeiten anderer Menschen erdulden würde.“
„Das klingt beinahe so, als würden Sie mich für eigennützig und gefühllos halten, Bianca“, entgegne ich und hebe meine Augenbraue noch ein Stück mehr, wovon sich die charmante Escortdame jedoch nicht aus der Ruhe zu bringen lassen scheint.
„Nein, keinesfalls“, erwidert sie leise und lässt die Fingerspitzen ihrer Hand über meine Schulter zu meinem Arm hinab gleiten, wodurch meine aufrechte Körperhaltung erneut ein
wenig verkrampft. „Ich halte Sie für eine äußerst intelligente, willensstarke, zielstrebige, höchst attraktive und rundum faszinierende Frau, die in ihrem Leben nicht annährend auf die Weise wertgeschätzt worden ist, wie sie es eigentlich verdient hätte.“Oh.
Ich…
D-Das…
Ä-Ä-Ähm…
Unfähig, auch nur im Entferntesten einen klaren Gedanken zu fassen, schaue ich die junge Frau mit dem kinnlangen braunen Haar sprachlos an und versuche verzweifelt, wieder Herr über das unkontrollierte Beben in meiner Brust zu werden, während Biancas Finger über meinen Arm zurück zu meiner Schulter gleiten und ihr Zeigefinger sich schließlich mit zwei Drehungen um meine rechte Haarsträhne schlingt.
„Die Agentur steht in enger Zusammenarbeit mit einigen Hotels in der Stadt. Eines davon ist hier ganz in der Nähe“, spricht Bianca immer noch in gedämpftem Tonfall weiter, wobei mir das ungewöhnlich raue Kratzen in ihrer Stimme jedoch nicht entgeht. „Ich habe bereits vor Beginn unseres Treffens dort angefragt und eines der zur Verfügung stehenden Zimmer reservieren lassen. Natürlich nur unter Vorbehalt und der Voraussetzung, dass Sie dieser Wendung des Abends zustimmen. Ich würde Ihnen gerne zeigen, auf welche Weise man eine so wundervolle Frau wie Sie wertschätzen sollte. Aber die letztendliche Entscheidung liegt selbstverständlich bei Ihnen, Frau Schröder.“
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Sugar & Spice (Johanna & Bianca)
RomanceErfolgreich. Stolz. Und eiskalt. Mit ihrem akribischen Auge fürs Detail zählt Johanna Schröder zu den gefragtesten Architektinnen ihrer Branche. Gleichermaßen gefürchtet und geachtet von ihren Angestellten und Kollegen versteht Johanna es spielend...