Kapitel 65

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-SHIVA

Es vergehen stille Minuten, die sich wie Stunden anfühlen, ehe ich all meinen Mut zusammennehme und beginnen will zu sprechen. ,,Es ist einiges passiert..." beginne ich wage. Levin sieht mich durch den Rückspiegel hin an. Er sieht nachdenklich aus. Aber auch wütend. Sein Kiefer presst sich kräftig auseinander, so dass seine Gesichtszüge noch markanter sind. ,,Worüber denkst du nach?" ,,Ich will dich nicht belügen..." Seine Blicke wandern im schnellen Takt über die Straße und wieder in den Rückspiegel. Abwechselnd. Geduld ist normalerweise keiner meiner Stärken, doch jetzt grade habe ich so viel Geduld... Ich würde ihm all die Zeit der Welt geben. ,,Ich weiß, was passiert ist." ,,Sie hat es dir gesagt." stelle ich fest, während ich versuche, nicht sofort auszuflippen. Da vertraue ich mich einmal jemanden an und dann passiert sowas. Man, regt mich das auf. Sie soll abwarten, bis ich sie in die Finger bekomme. Die kann sich was von mir anhören! ,,Nein." Presst er grob hervor. Aber ich glaube ihm nicht. Von wo hat er es denn sonst? Ich hatte immer gedacht, dass er kein Lügner ist. Doch scheinbar ist er genauso hinterlistig wie die anderen. Ungläubig ziehe ich meine Augenbraue hoch, was er sofort bemerkt. ,,Mein Bruder hat mir... Wie will man das sagen?" unbeholfen kratzt er sich im Nacken. Was hat sein Bruder? Mein Kopf versucht mit aller Macht den Satz zu beenden, doch ich schaffe es nicht, eine Antwort zu bilden, die auch Sinn ergibt. ,,Er hat mir ein Video geschickt."

Fragend sehe ich ihn an, bis meine Augen sich vor Erkenntnis weiten.

,,Er hat... Er hat... Er hat ein- ein Video d-davon gemacht?" Meine Stimme bricht. Levin sieht starr geradeaus und beginnt zu nicken. Beschämt sehe ich zum Fenster. Ich kann spüren, wie sich Tränen aufbauen. ,,Was hast du gesehen?" will ich wissen. Wie kommt es, dass er noch mit mir redet? Ich meine, ich bin beschädigte Ware! Ich bin nicht mehr ich... ,,Genug." presst er hervor.

Ich höre ihm deutlich den Ekel an. Ich wusste, dass er sich vor mir ekeln wird und ich nun beschädigte Ware für ihn bin. Ich wusste es. Und doch hatte ich gehofft, er wäre anders. Wie dumm auch nur zu glauben, er würde mich dennoch wollen.

Wieso muss ich mich jedes einzelne Mal in Männer täuschen?

Enttäuscht von mir selber lege ich mich auf der Rückbank hin. Lola legt sich in den Fußraum hinter Levin. Sachte legt sie ihren Kopf auf die kleine Erhöhung zwischen den Fußräumen am Boden. Ich lege mich ebenfalls mit den Kopf hinter Levins Sitz hin, nur halt auf der Rückbank.

Während der Autofahrt betrachte ich die vorbeifahrende Landschaft vom Liegen aus, besonders aber achte ich auf den vorbeiziehenden Himmel. Was nicht wirklich schwer ist... denn ich muss mich bemühen, um auf etwas anderes zu achten.

Enemies to LoversWo Geschichten leben. Entdecke jetzt