Kapitel 32

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Als die Schwester und Dr Schmidt das Zimmer verlassen haben, greife ich zu meinem Handy und scrolle ein bisschen durch meine Nachrichten. Es sind hauptsächlich Nachrichten von Amelie, der Band, meiner Familie und meinen Jungs. Alle machen sich Sorgen und wünschen mir gute Besserung und sind einfach froh, dass nichts schlimmes passiert ist und ich am Leben bin. Die Jungs wollen später, wenn Besuchszeit ist vorbeikommen zusammen mit meiner Mum und Shayenne. Ich beantworte ein paar der Nachrichten und schicke eine längere Sprachnachricht an Amelie. Danach checke ich meine Social Media Kanäle, es sind wie immer unzählige Nachrichten von meinen Fans in meinem Posteingang. Einige der Fans machen sich langsam Sorgen, weil ich mich länger nicht gemeldet habe. Andere sind sogar böse darüber, obwohl ich extra angekündigt hatte, dass ich mir eine Auszeit von Social Media nehmen werde. Aber es sind auch viele, die mich unterstützen und mir eine Pause gönnen. Ich muss lächeln. Ein bisschen berührt es mich schon, dass meine Community, die Crew, so aktiv ist und mich immer unterstützt und immer hinter mir steht. Über meinen Unfall finde ich nichts, die Medien haben es zum Glück noch nicht mitbekommen und ich bin sehr dankbar darüber. Allerdings werde ich das ganze nicht mehr lange geheim halten können. Spätestens zum Konzert in der Elphi, werde ich erzählen müssen was passiert ist. Es wird ja auffallen, dass ich mit einem Gipsbein auf die Bühne komme, wenn ich denn überhaupt bis Dahin wieder hier raus darf und auftreten kann. Ich lege mein Handy beiseite, schließe meine Augen, versinke in meinen Gedanken und Träume ein wenig vom Konzert in der Elphi. Ein paar Minuten später werde ich jedoch unsanft aus meinen Gedanken gerissen. Die Schwetser von vorhin kommt mit einem weiteren Pfleger, um mich abzuholen und in die Radiologie zu bringen. Ich hab eigentlich gar keine Lust darauf in diese enge Röhre geschoben zu werden, aber mir bleibt wohl keine andere Wahl, denn ich möchte so schnell wie möglich wieder auf die Beine kommen. Ich lasse die Untersuchungen meines Beines und auch von meinen Kopf, also über mich ergehen und mache brav alles was von mir verlangt wird. Nachdem die Untersuchungen abgeschlossen sind, bringt die Schwester und der Pfleger mich auf die Station, aber nicht zurück auf die Intensivstation sondern auf eine Normale Station. Ich bin sehr froh darüber, dass ich die ganzen Kabel und Schläuche endlich los bin. Nur die Zugänge für die Infusionen sind noch in meiner Hand. Dr Schmidt betritt das Zimmer und kommt an mein Bett. Sie lächelt mich kurz an "Herr Weiss, da ihre Werte so gut waren konnten wir Sie auf die Normale Station verlegen. Ich habe ihre Bilder vom MRT bereits ausgewertet." Dr Schmidt hält mir ein Tablet hin auf dem die Bilder von meinem Bein zu erkennen sind. "Ihr Sprunggelenk hat es ganz schön erwischt, das muss auf jeden Fall sobald wie möglich operiert werden ! Aber ich habe auch eine gute Nachricht, die Bänder sind zum Glück nicht alle gerissen sondern nur eins." Ich schaue ein wenig geknickt auf die Bilder "Na toll was soll daran jez gut sein ? Um eine Op komme ich ja doch nicht herum?" Die Ärztin schüttelt den Kopf "Wenn Sie ihr Bein und Ihren Fuß, je wieder vollständig benutzen möchten, dann führt da kein Weg dran vorbei ! Aber ich habe noch eine gute Nachricht Ihr CT vom Kopf sieht soweit gut aus und ihre anderen Werte auch, das bedeutet wir könnten Sie morgen früh gleich auf den Op Plan setzen." Ich brumme vor mich hin "Immerhin etwas gutes" Dr Schmidt hatte es gehört und lächelt mich wieder ein wenig an "Der Anästhesist wird später bei Ihnen vorbei schauen und die Op mit Ihnen besprechen. Ich lasse Ihnen die Op Aufklärung hier, die Können Sie schonmal in Ruhe lesen. Haben Sie noch Fragen?" Ich schüttel den Kopf. Dr Schmidt nickt zufrieden "wie geht es Ihnen Sonst ? Haben Sie über das Angebot des Psychologen nachgedacht?" Wieder schüttel ich den Kopf "Mir gehts gut, ich brauche keine Therapie! das war bestimmt nur eine einmalige Sache mit der Panikattacke!" Die Ärztin scheint nicht ganz zufrieden mit meiner Antwort, aber sie lässt es sich nicht anmerken "Denken Sie einfach nochmal drüber nach" Sie legt einen Flyer und einige Zettel mit der Op Aufklärung auf den Nachttisch neben meinen Bett, bevor sie sich verabschiedet und dann das Zimmer verlässt. Ich werfe einen kurzen Blick auf die Sachen und schmeiße sie dann frustriert zu Boden. Ich betrachte die Zettel, die etwas zerstreut am Boden liegen und genauso fühle ich mich auch. In mir drin ist ein absolutes Chaos, meine Gedanken und Gefühle fahren momentan Achterbahn. Einerseits spüre ich einen riesengroße Angst, da ich weiß wie knapp die ganze Geschichte war und wie viel Glück ich hatte. Aber ich bin immer noch nicht über den Berg, mein Fuß ist immer noch kaputt und auch der Gedanke an die bevorstehende Operation und die Narkose macht mir irgendwie Angst. Auch wenn es mir schwer fällt muss ich mir eingestehen, dass die Ärztin gar nicht so unrecht hat. So ein Unfall und die Verletzung am Kopf ist immerhin nicht ganz ohne und ich sollte mich glücklich schätzen, dass ich keine bleibenden Schäden, durch die Op und die Hirnblutung davon getragen habe und ich mich an alles erinnern kann, auch wenn die Erinnerung nicht schön ist. Andererseits spüre ich eine riesige Wut in mir, ich bin einfach unfassbar wütend auf den Unfall, auf mein Fuß, der kaputt ist. Darauf, dass ich meiner Familie und meinen Freunden einen großen Schock eingejagt habe und sie sich wegen mir Sorgen machen mussten. Vorallem aber bin ich wütend auf mich selbst, dass mich diese ganze Sache so mitnimmt. Das bin ich einfach nicht gewohnt von mir. Ich predige meinen Fans zwar immer wie wichtig auch die Psychische Gesundheit ist und dass es kein Zeichen von Schwäche ist sich einzugegestehen, dass man Hilfe braucht und sich diese dann auch zu holen. Das habe ich in der Vergangenheit auch schon getan, als ich mit Depressionen zu kämpfen hatte, aber ich dachte eigentlich das wäre vorbei und ich wäre wieder "glücklich". Doch nun kommen Erinnerungen in mir hoch an die Zeit von damals, wie ich einfach keine Gefühle mehr hatte und ich einmal drei Tage lang nicht mehr aus dem Bett gekommen bin und auch nichts gegessen und getrunken habe. Ein dunkler Moment in meinem Leben, an dem es mir so Schlecht ging, dass ich nie wieder dahin zurückmöchte. Aber nun ist da dieser Unfall, bei dem ich hätte Sterben können und diese Gedanken in meinem Kopf. Ich versuche die Dunkeln Gedanken beiseite zu schieben und auf andere, fröhliche Gedanken zu kommen. Ich nehme mein Handy und betrachte die Bilder die wir vor ein paar Tagen auf der Piste und am Gipfel gemacht haben und ich denke kurz zurück wie glücklich wir waren. Ich muss kurz lächeln und scrolle weiter und auf meinem Display erscheint das Bild was wir kurz vor der Abfahrt am Startpunkt der Rodelbahn gemacht haben und mit einmal schieben sich wieder die Dunkeln Erinnerungen an den Unfall in meinen Kopf. Vor meinen Augen sehe ich wieder und wieder wie die Mauer vor mir auftaucht und ich Sekunden später auf dem Boden liege, unfähig Hilfe zu holen. Diese letzte Erinnerung löst wieder diese Angst in mir aus und ich spüre wie die Panik in mir hochsteigt, wie eine Welle die immer höher wird. Ich schließe meine Augen und versuche tief durchzuatmen, doch die Panik in mir bleibt und die Welle droht jeden Momet über mir zusammenzubrechen. Verzweifelt versuche ich mir einzureden, dass ich in Sicherheit bin. Doch es gelingt mir nicht und genau in diesem Moment bricht die Welle über mir zusammen und die Panik überrollt mich mit voller Wucht. Ich merke, wie ich wieder anfange zu zittern, mein Puls fängt wieder an zu rasen. Meine Atmung wird schneller und unregelmäßiger und ich habe das Gefühl unter der Welle der Panik erstickt zu werden. Ich richte mich auf und verzweifelt versuche ich nach Luft zu schnappen. Aber so sehr ich auch versuche meine Lungen mit Sauerstoff zu füllen, es klappt nicht und das Gefühl zu ersticken bleibt und löst neue Panik in mir aus. Ich lege eine Hand auf meinen Brustkorb und spüre wie mein Herz dahinter rast und versuche es zu beruhigen, mit meiner anderen Hand Taste ich nach dem Notrufknopf und betätige diesen.

Rodel To Hell - Wincent Weiss Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt