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Taylor

"Mary, Liona! Räumt, verdammt nochmal, eure Sachen von der Treppe!", schnaube ich aufgebracht und wische mir die Strähnen, die sich aus meinem Zopf gelöst haben, aus dem Gesicht. Ein lautes Krachen ertönt aus dem oberen Stockwerk und ich weiß genau, wer die Tür gerade zugeschmissen hat. Mary vermisst ihren Vater unglaublich doll. Vor allem sie, hatte ein sehr enges Verhältnis zu ihrem Dad.

Zwar weiß sie, was er mir all die Jahre angetan hat, dennoch verdrängt sie es und gibt mir die Schuld, dass Nate momentan ein Umgangsverbot zu seinen Kindern hat. Der Prozess ist im vollen Gange und es wird noch dauern, bis wir uns geeinigt haben. Wenn das überhaupt jemals der Fall sein wird. Er darf sich uns im Moment nicht näher als 50 Meter nähern. Die Tatsache beruhigt mich zwar, jedoch terrorisiert er mich über andere Wege. Festnetztelefon, Handy, SMS... egal was, er findet immer eine Möglichkeit.

Wenn ich ihn blockiere, ruft er mit einer anderen Nummer an. Die Festnetznummer habe ich bereits drei Mal geändert. Er findet sie trotzdem immer wieder heraus. Mittlerweile reagiere ich schon gar nicht mehr bei unbekannten oder anonymen Anrufen.

Liona kommt die Treppe heruntergetrottet und nimmt ihre liegen gelassenen Sachen in die Hände. Warum muss diese verdammte Treppe immer als Ablage dienen? Irgendwann bricht sich einer von uns noch den Hals, weil er über irgendwas drüber gefallen ist. "Danke, Maus.", lächle ich sie warm an. Sie verzieht keine Miene, während sie mir kurz in die Augen schaut und sich wortlos umdreht, um wieder nach oben zu stapfen.

Resignierend seufze ich auf. Ich bin einfach müde. So unglaublich müde. In den Nächten halten mich Albträume wach und am Tag kann ich es mir nicht leisten zu schlafen. Zu vieles muss erledigt und geregelt werden. Das meiste habe ich schon hinter mir. Neue Bankkonten, alle Verträge umschreiben lassen, der Schule Bescheid geben, dass die Kinder nicht mit ihrem Vater gehen dürfen. Was halt alles bei so einem Rosenkrieg ansteht.

Am meisten aber plagt mich die ständige Angst. Angst, meine Kinder zu verlieren, weil er sie entführen könnte oder er vielleicht vor Gericht Lügen über mich erzählt. Angst, es allein nicht zu schaffen. Ich war zwar auch vorher im Prinzip allein, dennoch war Nate in gewissen Dingen eine Entlastung.

Er ist ein guter Vater, das war er immer. Je abwertender er mich behandelte, desto liebevoller war er zu den Kindern. Er hat ihnen förmlich die Welt zu Füßen gelegt. Aber auch finanziell musste ich mich nie Sorgen oder darum kümmern. Das hatte immer alles Nate geregelt.

Und jetzt... weiß ich nicht, wie es weitergehen soll. Ich habe nur eine Halbtagsstelle als Bibliothekarin. Ich liebe meinen Job. Das war immer das, was ich machen wollte. Aber mit Kindern kann ich einfach nicht Vollzeit arbeiten gehen. Noch nicht. In ein paar Jahren, wenn die Mädchen älter sind, wird es einfacher sein. Allerdings brauche ich jetzt eine Lösung.

Die Haustürklingel reisst mich abrupt aus meinen Gedanken. Seufzend reisse ich mich zusammen und straffe die Schultern. Ich seufze ziemlich oft die letzten Monate. Es fühlt sich an, als wäre jeder Atemzug ein Seufzer. Alles fühlt sich schwer und unüberwindbar an. Am liebsten würde ich nur noch schlafen und nie wieder aufwachen. Doch das ist keine Option. Ich muss weitermachen. Für meine Kinder.

Meine Hand gleitet gedankenverloren an die Türklinke und drückt sie herunter. Während ich mich noch verfluche, die Tür einfach geöffnet zu haben, ohne vorher durch den Spion zu schauen, wer da steht, blicke ich Maddy entgegen. Glück gehabt. Ich muss vorsichtiger sein.

"Hey Süße, ich wollte mal nach dir sehen. Wie gehts dir?", lächelt sie mir zart entgegen.
"Hey Maddy. Ja soweit ist alles okay. Die Mädchen reden immer noch nur das nötigste mit mir." Und wieder entkommt mir ein Seufzen. Gott, ich kann es schon selbst nicht mehr hören. So leidend!

Three of loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt