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Am Abend tigerte ich aufgeregt in der Suite auf und ab. Ich hatte getan, was er mir aufgetragen hatte und die Kleidung angezogen, die in dem Schrank für mich bereit gelegen war. Nicht jedoch ohne am Nachmittag mit Nova darüber zu spekulieren, was es damit auf sich hatte. Wir waren – um es mit Cassiels Worten zu sagen – brav gewesen und hatten uns auf die Liegen an Deck verzogen. Die Aetheria hatte am Morgen wieder abgelegt – ich hatte den Start offenbar verschlafen, so erschöpft war ich gewesen – und wir hatten Skaldengard inzwischen hinter uns gelassen, und das merkte man auch deutlich an den Temperaturen. Die Sonne brannte regelrecht vom Himmel und es war so warm gewesen, dass wir uns am frühen Nachmittag in die Schatten verziehen mussten. Ein neues, ungewohntes, doch absolut großartiges Gefühl.

„Ein Abendkleid?", hatte Nova stirnrunzelnd gefragt, als ich ihr von Cassiels Ankündigung und meinem Fund erzählte. „Vielleicht will er mit dir ausgehen? Apropos, wie war denn euer Ausflug in die Taverne?"

Ich war knallrot geworden und hatte schnell das Thema gewechselt, nun war ich genauso schlau wie vorher.

Ja, wollte er mit mir ausgehen? Die Anzeichen sprachen eindeutig dafür. Ich trug ein bodenlanges Kleid in schimmerndem Weiß. Es war schlicht geschnitten, durch die Farbe jedoch und feinste Silberfäden, die sich durch den Stoff zogen, kam ich mir fast vor wie in einem Hochzeitskleid. Lediglich mein Halsband passte nicht dazu und ließ erkennen, dass ich keinesfalls eine Braut war, sondern das Gegenteil davon. Doch dadurch, dass ich mein Haar an diesem Abend offen trug und es mir in weichen Wellen bis zur Taille fiel, stach das Band gar nicht mehr so sehr ins Auge.

Cassiel ließ mich warten und kam erst um kurz vor halb sieben zurück. Sein Haar war zurückgekämmt, er trug einen schwarzen Anzug und wirkte gestresst, doch als er mich sah, wurde sein Blick weich.

„Du siehst wunderschön aus, Lumi", sagte er. „Das tust du immer, aber heute Abend ganz besonders. Du strahlst regelrecht." Er reichte mir seinen Arm und leicht irritiert hakte ich mich bei ihm ein. „Können wir gehen?"

Tausend Fragen lagen mir auf der Zunge. Keine Leine, kein Spielzeug? Was hatte er vor?

Doch ich stellte keine davon, sondern nickte nur. Gemeinsam verließen wir die Suite und begaben uns zum Lift. Mein Herz pochte so laut, dass er es hören musste. Aber selbst wenn nicht, er konnte meine Nervosität fühlen.

„Du bist aufgeregt", stellte er auch direkt fest, als die Aufzugtüren sich hinter uns verschlossen. Mein Mund war staubtrocken und ich nickte nur. Es war eine gute Art von Aufregung, mit Cassiel zusammenzusein, aber nach dem vorherigen Abend gesellte sich auch ein wenig Angst dazu, vor dem, was mich erwarten mochte.

Er strich mir eine verirrte Strähne hinter das Ohr und lächelte. „Du musst nicht nervös sein, Schneekätzchen. Heute Abend lassen wir es ruhiger angehen. Am Himmelsdeck findet ein großer Ball statt und ich möchte, dass du mich dorthin begleitest."

Ich starrte ihn mit großen Augen an. „Ein Ball?", stieß ich hervor und vergaß dabei, dass er mir das Sprechen nicht erlaubt hatte. Meine Gedanken überschlugen sich. Noch so einen Abend wie gestern würde ich nicht ertragen. Noch dazu unter hunderten von Seraphim ... Ich könnte es nicht verkraften, wenn Michael dabei wäre, davon abgesehen brauchte ich dringend eine Pause.

„So ... so ähnlich wie gestern?", fragte ich und eine leichte Röte überzog bei der Erinnerung meine Wangen. Cassiel musterte mich amüsiert und ich senkte den Blick.

Er griff sanft nach meinem Kinn und hob es an, sodass ich ihm wieder ins Gesicht sehen musste.

„Es hat sehr viel Spaß gemacht gestern", flüsterte er. „Und es ist zuckersüß, dass du nach all dem, was wir bereits getan haben, immer noch rot wirst. Aber nein, heute nicht. Ich möchte einfach nur mit dir reden und tanzen, Lumi. Um ehrlich zu sein, freue ich mich darauf schon seit Tagen, und du hast hiermit auch meine offizielle Erlaubnis zum Sprechen."

Obwohl mich seine Worte beruhigen sollten, machten sie mich nur noch nervöser.

Above the Winter Skies [Dark Romantasy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt