Chapter 57

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Raphael

Beschissener könnte mein Tag nicht noch werden. Beschissener könnte mein Leben nicht noch werden.

Ich stand zum gefühlt 100. Mal heute im Fitnessbereich und stemmte mir mein Hirn raus.

Was rede ich da? Mein Hirn habe ich bereits vor 10 Monaten verloren, als ich der Meinung war eine andere ficken zu müssen, während ich das schönste in meinem Leben bereits schon zuhause hatte.

Ana...

Wie hätte ich mir auch nur ansatzweise denken können, dass Ana mich wieder wollen würde? In welchem Märchenbuch lebe ich eigentlich?

Wenn ich ehrlich bin, will ich mich gerade nicht mal selbst. Ich war erfüllt von so viel Selbsthass und Wut, dass ich mein eigenes Spiegelbild gar nicht sehen kann. Ich würde das Glas mit meiner bloßen Hand zertrümmern, bis alle Überreste in winzige Einzelteile zu Boden fallen.

Gefühlt zum 100. Mal trainierte ich meine Sets durch, in der Hoffnung eine Ablenkung zu haben. Meine Muskeln waren überanstrengt, doch ich fühlte nichts.

Durch meinen Kopf schwirrten auch bestimmt gefühlt zum 100. Mal Gedanken, welch Abschaum und Gesindel ich doch war, so von meiner Spur abgekommen zu sein, dass mein ganzes Leben davon bestimmt wird.

Seit Ana nicht mehr in meinem Leben ist, ist nichts mehr so wie es war. Ich bin nicht mehr so wie ich war.

Ich hasste mich dafür, dass ich unser Glück ruiniert habe. Und das für lächerliche 5 Minuten in einer verdreckten Gosse mit so viel Alkohol im Blut, dass es locker für zwei Personen gereicht hätte.

Ich boxte so lange und so oft auf den scheiß Boxsack ein, bis meine Handknöchel offen waren. Der war jetzt für nichts mehr zu gebrauchen.

Keiner der anderen wagte es mich zu stören. Nicht mal Manuel, der sonst immer gleich zur Stelle war, wenn's schief lief. Doch auch ihm war bewusst, was geschehen war.

Ich stand in Flammen, gleichzeitig lag ich auf komplettem Eis. Ich spürte so viel Zorn in mir, den ich durch meine Kraft ein wenig Abklang verschaffen konnte. Dann überkam mich wieder das Gefühl von Wehmut, Trauer. So krass, dass ich während meiner Sets das Brennen in meinen Augen fühlte.

Ich könnte brüllen, weinen und fluchen... alles gleichzeitig und nonstop.

Erst als es dunkel wurde beendete ich den idiotischen Versuch meine Gefühle wegzutrainieren und gab mich meinem Schicksal hin. Meine Hände zitterten unaufhörlich und mein Atem ging so scharf, dass meine Lunge brannte.

Obwohl meine Gedanken wie ein Wirbelsturm tobten und mein Kopf rauchte, konnte ich nur an eines denken.

Ana...

Sie war weg. Unerreichbar für mich.

Schon gestern, als wir wieder mit Natalie und Tiffany zu den anderen zurückgekommen sind, konnte ich es in ihren Augen sehen. Ihre Angst, ihren Kummer, ihren Schmerz.

Ich war dafür verantwortlich, dass sie sich so fühlte. Dass sie mir gegenüber kein Vertrauen mehr aufbringen konnte.

Um auf andere Gedanken zu kommen, ging ich schnell duschen, bevor ich mich in meinen Shorts und einem Shirt draußen auf einen der Liegen legte, weit weg von den anderen. Sie ließen mich in Ruhe, obwohl ich ihre Blicke spüren konnte, doch das kümmerte mich nicht.

Ich zündete mir eine Zigarette an und inhalierte das giftige Nikotin. Der Druck auf meiner Lunge hatte etwas Angenehmes. Besser dieses Gefühl als gar keines.

Kurz vorm Zubettgehen, schaute Manuel bei mir vorbei. Er versuchte ein Gespräch mit mir zu starten, doch ich gab ihm keine Reaktion. Nach einiger Zeit verstand er, dass ich allein sein wollte, und verschwand mit den anderen ins Haus.

Mein verdammter KopfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt