Chapter 22

254 11 0
                                    

Raphael

Zur späteren Stunde saßen wir in zwei kleinen Gruppen aufgeteilt. Ich saß mit Manuel, Lydia und Erika am Tisch, während Ana mit Theo, Vivien und Martin in der Nähe saß. Samuel und Laura waren irgendwohin verschwunden. Wie schon den ganzen Tag, wie ich mitbekommen habe. Aber das war mir auch egal.

Von meinem Platz aus hatte ich eine gute Sicht auf Ana. Sie sah heute wieder einmal krass aus. Sie trug ein kurzes beiges Sommerkleid, gestylt mit dezentem Schmuck und Accessoires. Ihre Haare trug sie offen und ließ sie locker über ihre Schulter und ihren Rücken hinab fallen.

Ich mochte es schon immer, wenn sie ihre Haare offen trug.

Plötzlich bemerkte ich im Augenwinkel, wie sie sich von ihrem Platz erhob und die Küche ansteuerte. Automatisch und ohne viel darüber nachzudenken, schwenkte ich meinen Kopf in ihre Richtung. Ich wollte sehen, was sie macht.

Sie hatte ein leeres Glas in ihrer Hand. Vermutlich will sie es nachfüllen gehen.

Ich merkte, dass das Gespräch an unserem Tisch still wurde. Die anderen dürften gemerkt haben, dass ich unaufmerksam war, weshalb sie alle ihren Blick darauf richteten, was mich so ablenkte.

Ana...

Manuel war der einzige hier, den ich von Ana's und meiner Geschichte erzählte. Wir verstanden uns gut. Deshalb wusste er auch, dass Ana meine Schwachstelle war und noch immer ist.

Ohne die anderen weiter zu beachten, stand ich auf und machte mich auf den Weg zu ihr. Je näher ich kam, desto mehr konnte ich mein Herz schlagen fühlen. Es wurde schneller und drückte beinahe gegen meinen Brustkorb.

Als ich bei ihr ankam, stellte ich mich neben sie an den Tresen. "Hey." begrüßte ich sie und blickte auf sie herab. Meine Stimme klang etwas kratzig.

Sofort drehte sie ihren Kopf in meine Richtung. Sie lächelte leicht. "Hey."

Ich bemerkte, dass ihr Blick seitlich an uns vorbei auf unsere Tische fiel, auf denen die anderen sitzen blieben. Es redete fast niemand mehr. Wahrscheinlich waren diese Gaffer zu sehr damit beschäftigt herauszufinden, was ich von Ana wollte. Doch mich juckte das nicht.

"Wie geht's dir?" fragte ich sie. Wir hatten heute Morgen ein gutes Gespräch miteinander. Nicht einfach, aber es war gut. Ich hatte das Gefühl, dass wir beide ganz offen miteinander sprechen konnten.

"Mir geht's gut." Sie lächelte. "Ich hatte heute erstaunlicherweise einen guten Tag."Eine kurze Zeit musterte ich ihr Gesicht, um zu sehen, ob sie ehrlich war oder ob sie mich nur abwimmeln wollte. Doch dieses Lächeln war echt. Hab ich das vermisst.

Automatisch musste ich auch lächeln.

"Wie geht's dir?" fragte sie mich plötzlich neugierig.

Ich antwortete kurz und knapp. "Auch gut." Und das stimmte. Auch, wenn mich meine Schuldgefühle manchmal zu erschlagen drohten, so ging es mir in diesem Moment gut. Dieses ehrliche Lächeln auf ihren Lippen war schuld daran.

"Magst du auch noch was?" fragte sie mich mit zarter Stimme und hielt mir eine Kanne mit diesem Cocktail hin, den Erika für uns gemacht hatte. Doch ich hatte genug davon. "Bloß nicht. Das alkoholfreie Gemisch schmeckt zum Kotzen."

Meine Antwort brachte sie zum Lachen. "Was? Echt?" Sie kräuselte ihre Nase ein wenig. Wie süß sie war.

Verloren nickte ich bloß, meine Augen hingen an ihr. "Ich bleibe beim Wasser." Sie musterte ich, als ich mein Leitungswasser trank, das ich mir soeben einschenkte. Aber wieso?

"Was?" fragte ich sie, neugierig, woran sie dachte. Doch bevor sie auch nur ansatzweise etwas sagen konnte, passierte etwas anderes. Ich konnte nur heftiges Geschrei hören. Eine Frau.

Mein verdammter KopfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt