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~Yoongi POV~

Tae war schon seit einer ganzen Weile Richtung Toilette verschwunden, als ich Jimin an der Bar erspähte: Er bestellte wohl gerade schon die zweite Runde Gin Tonic für alle. „Der Kleine hat doch gar kein Geld" murmelte ich ärgerlich und machte mich auf den Weg zu ihm.

Im Laufen zückte ich bereits meine Kreditkarte und bei Jimin angekommen hielt ich sie schnell an das Gerät. Damit war ich ihm zwei Sekunden zuvorgekommen und überrascht schnellte sein Blick hoch zu mir. Als er mich erkannte, lächelte er dankbar.

„Du musst uns hier nicht alles ausgeben, sag einfach Bescheid, wenn du das nächste Mal eine neue Runde holst." Sagte ich grimmig und begann die ersten Gläser in Richtung unseres Tisches zu tragen.

Meine Stimmung war mies. Die Ausstellung war beeindruckend gewesen, aber Nachtclubs waren nicht mein Ding und ich verabscheute betrunkene Leute.

Ungezügelte, prollige Idioten, die dummes Zeug laberten und im schlimmsten Fall sogar Streit suchten. Warum mussten Menschen es auch immer so übertreiben mit dem Alkohol? Warum mussten sie immer ihre Grenze überschreiten? Erbärmlich ...

Aber wenn ich ehrlich zu mir selbst war, hatte meine schlechte Stimmung einen ganz anderen Grund. Jimin war schon während der Ausstellung zu uns gestoßen und wir hatten trotzdem bisher kein Wort miteinander gewechselt.

Dafür schien er sich großartig mit einem rothaarigen Kumpel von Namjoon, dessen Name mir gerade wieder entfallen war, zu unterhalten. Den ganzen Abend saß er mit diesem Kerl nun schon in der Ecke und führte offensichtlich irgendeine Form von Deeptalk mit ihm.

Ich beobachtete die beiden gerade heimlich, als Namjoon plötzlich das Interesse aller auf sich zog. Er warf drei kleine Worte begeistert in die Runde: „Wahrheit oder Pflicht!"

„ ... Alter, sind wir zwölf?" entfuhr es mir automatisch, woraufhin mein jüngerer Bruder mir nur die Zunge rausstreckte.

„Komm schon, das wird witzig" versuchte der Typ rechts neben mir mich zu überreden und die gesamte Gruppe stimmte ihm zu.

Nagut, ich wollte ja nicht allen den Spaß verderben: „ ... Aber keine peinliche Scheiße ok?" sagte ich sicherheitshalber nochmal bestimmt.

Das Spiel zog sich Runde um Runde und ich fand es nicht besonders unterhaltsam. Ich kannte von den hier Anwesenden nur Jimin und meinen Bruder Namjoon. Der Rest bestand aus Unbekannten und fremde Leute interessierten mich nicht wirklich.

Als jedoch Jimin an der Reihe war und sich für Wahrheit entschied, kam ich nicht umhin meine Ohren zu spitzen.

„Befindet sich in dieser Runde jemand, auf den du stehst?" Fragte Namjoon gerade herausfordernd.

Jimins Wangen nahmen unverzüglich einen Rotton an und er warf zunächst einen kurzen, vielsagenden Blick in Richtung des Rothaarigen, mit dem er sich den ganzen Abend unterhalten hatte. Dann schloss er schnell die Augen und rief übermütig: „Ja! ... Und ich werde jetzt für 3 Minuten meine Augen geschlossen halten, damit hier niemand auf dumme Gedanken kommt!"

Alle brachen in Gelächter aus, dieser Anblick war einfach viel zu süß.

Seine Worte wirkten für mich jedoch wie ein Schlag in die Magengrube. Er hatte bereits jemanden in seinem Herzen ... und wenn ich Jimins Blicke richtig deutete, dann war dieser jemand der lauchige, rothaarige und zugegebenermaßen wunderschöne Typ da hinten.

Verdammte Scheiße, warum war ich überhaupt noch hier? Ich ließ unentschlossen noch einige Minuten vergehen, stand dann aber auf und verabschiedete mich in die Runde. Ich wollte einfach nur noch abhauen, die vielen Menschen und insbesondere Jimin mit seinem Kerl konnte ich gerade nicht ertragen.

Kurz nachdem ich zur Tür hinausgegangen war, wurde ich jedoch an der Schulter gepackt und unsanft herumgerissen. Was zur Hölle? ...

Mein Ärger verrauchte, als ich Jimin erblickte. Was machte er hier?

„Ich will auch nach Hause." Sagte er mit freudiger Stimme und strahlte mich an.

Den Bruchteil einer Sekunde dachte ich darüber nach, ihn abzuwimmeln und allein ins Taxi zu steigen. Aber dann würde er nur wieder zu diesem Typen zurückgehen ... auf garkeinen Fall.

Schließlich sagte ich nur teilnahmslos: „Das Taxi steht da hinten" und machte mich auf den Weg.

Er lief hinter mir her und als wir beide hinten auf den Rücksitz glitten, nannte ich der Taxifahrerin zunächst Jimins Adresse. Ihn zuerst nach Hause zu fahren war zwar ein großer Umweg, aber es gehörte sich so.

Jimin ließ sich neben mir entspannt in die Rückenlehne sinken und sagte mit funkelnden Augen: „Was ein schöner Abend."

Ich musterte ihn abschätzend „Warum bist du dann gegangen?" fragte ich grimmig. Das ergab in meinem Kopf überhaupt keinen Sinn.

„Es hat mir jetzt auch gereicht, außerdem bin ich mittlerweile ziemlich müde." Während er das sagte, strich er sich erschöpft seine Haare aus dem Gesicht. Seine weichen Haare ... ruckartig wendete ich meinen Blick wieder nach vorn.

„Sag mal Yoongi, welches Kunstwerk hat dir eigentlich am besten gefallen?" fragte er mich plötzlich.

Vielleicht war ein bisschen unschuldige Konversation genau das, was ich gerade brauchte, und so unterhielt ich mich mit Jimin über die Kunstausstellung. Ich hatte durchaus eine künstlerische Ader, aber diese war zu 100% musikalisch veranschlagt. Von visueller Kunst hatte ich noch nie viel verstanden und insbesondere moderne Kunst empfand ich oft als albern. In unserem Gespräch stellte sich schnell heraus, dass es Jimin offenbar ganz genauso ging wie mir. Lachend gingen wir einzelne Kunstwerke durch und tauschten unsere Gedanken aus.

„ ... und warum immer diese Nacktheit? Dickpicks sind mega verpönt aber dann gehen wir in eine Kunstaustellung und überall Dickpicks!? So ... pack's ein Digga, ich will ihn nicht sehen!" Schloss Jimin seinen Rant und ein weiteres Lachen schüttelte meinen Körper. Warum war es nur so verdammt leicht mit diesem Jungen Zeit zu verbringen?

Das Taxi kam jetzt allerdings zum Stehen und so nahm unser Gespräch ein jähes Ende.

„Ich ehm ... Danke, dass du mich heimgefahren hast." Sagte Jimin höflich und nestelte an seiner Kette herum. Warum war er denn auf einmal so nervös?

Ein kurzer Moment peinlicher Stille verging, bevor er sich ruckartig nach vorne lehnte und mit seinem Gesicht ganz nah an meines herankam. Überrascht konnte ich nur stumm dasitzen und es geschehen lassen.

„Gute Nacht" flüsterte er und berührte mit seinen Lippen daraufhin hauchzart meinen rechten Mundwinkel. Einen Wimpernschlag später, hatte er sich bereits gelöst und war aus dem Auto gestiegen.

Seine Berührung war federleicht gewesen und trotzdem spürte ich das Kribbeln, das sie auf meiner Haut hinterließ.

... Hatte er bei ‚Wahrheit oder Pflicht' vorhin etwa nicht den Rothaarigen gemeint?

My Brothers Best Friend ~ TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt