51. Ein Geschenk für Sirius

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Sichtwechsel: aus James Sicht

Es war früh am Weihnachtsmorgen, und ich war einer der ersten, der im Gryffindor-Turm wach wurde. Die Aufregung ließ mich nie lange schlafen, selbst jetzt, wo ich schon ein paar Jahre in Hogwarts war. Die Vorfreude auf die Geschenke und die entspannte Atmosphäre an diesem Tag waren einfach zu schön, um sie zu verpassen.

Ich zog schnell meinen Morgenmantel über und schlüpfte in meine Hausschuhe, bevor ich leise den Schlafsaal verließ. Sirius schnarchte noch tief und fest, Remus war wie immer ein ruhiger Schläfer, und Peter… naja, Peter drehte sich wie ein Kreisel im Bett. Es war also die perfekte Gelegenheit, als Erster die Treppe hinunter in den Gemeinschaftsraum zu huschen.

Der Gryffindor-Gemeinschaftsraum war warm und gemütlich, der Weihnachtsbaum strahlte hell in der Ecke, und die Lichterketten, die an den Wänden hingen, tauchten den Raum in ein sanftes, goldenes Licht. Ich warf einen schnellen Blick auf den Tisch, wo die Geschenke aufgereiht lagen, und sah, dass auch für mich ein paar Päckchen dabei waren. Doch bevor ich mich darauf stürzte, fiel mir etwas auf.

Ganz in der Nähe des Eingangs zum Gemeinschaftsraum, direkt vor dem Porträt der fetten Dame, lag ein kleines, sorgsam verpacktes Geschenk. Es war in schlichtes, dunkelgrünes Papier gehüllt, und das Band war in einem dezenten Silber gehalten. Das allein wäre mir wohl kaum aufgefallen, aber der Zettel, der daran hing, zog sofort meine Aufmerksamkeit auf sich.

„Für Sirius, von Regulus“, stand in einer eleganten Handschrift darauf geschrieben.

Ich starrte das Geschenk an, mein Magen zog sich zusammen. Es konnte keinen Zweifel geben, von wem es stammte. Regulus. Sirius’ Bruder, der Slytherin, der, wenn man Sirius glauben wollte, komplett auf die falsche Bahn geraten war.

Was dachte Regulus sich dabei?  Die beiden hatten sich zerstritten. Sirius sprach immer wieder davon, wie sehr er sich von seiner Familie entfernt hatte, und wie wenig er noch mit ihnen zu tun haben wollte. Dieses Geschenk würde meinem Freund, meinem Bruder nicht gut tun.

Ich konnte es einfach nicht zulassen, dass Regulus irgendeine Art von Einfluss auf Sirius ausübte, besonders nicht an Weihnachten, wo Sirius eigentlich fröhlich und unbeschwert sein sollte. Ohne groß darüber nachzudenken, griff ich nach dem Geschenk und drehte es in meinen Händen.

Was auch immer da drin war, Sirius sollte es besser nicht sehen. Es war wahrscheinlich nur eine weitere Erinnerung daran, dass seine Familie ihn immer noch auf ihrem absurden Weg haben wollte. Das Letzte, was Sirius jetzt brauchte, war, dass ihm der Weihnachtsmorgen von einem Geschenk seines Bruders vermiest wurde.

Ich sah mich im Gemeinschaftsraum um, um sicherzustellen, dass niemand mich beobachtete, und schob das Geschenk unter meinen Morgenmantel. Niemand musste davon wissen, am wenigsten Sirius.

Ohne groß darüber nachzudenken, stieg ich die Treppe hinauf und ging direkt zu meinem Koffer. Mit einem schnellen Griff öffnete ich den Deckel und legte das Geschenk hinein, bevor ich ihn wieder verschloss. Es war sicher verstaut, und ich konnte es später wieder herausnehmen und überlegen, was ich damit anstellen würde.

Als ich wieder zurück in den Gemeinschaftsraum ging, stieg ein Gefühl der Unruhe in mir auf. Was, wenn Sirius tatsächlich…? Nein. Das war absurd. Sirius hatte sich entschieden, diesen Teil seines Lebens hinter sich zu lassen. Was auch immer Regulus damit bezwecken wollte, es würde nicht funktionieren. Nicht, solange ich es verhindern konnte.

Ich setzte mich auf das Sofa und begann, meine eigenen Geschenke zu öffnen, als wären meine Gedanken nicht gerade völlig durcheinander. Das Papier raschelte, und ich zwang mich, ein Lächeln aufzusetzen, als ich ein paar selbstgestrickte Socken von meiner Mutter auspackte. Doch meine Gedanken schweiften immer wieder zu dem versteckten Geschenk zurück.

Sirius kam irgendwann die Treppe herunter, das typische verschlafene Grinsen auf seinem Gesicht. „Morgen, Prongs,“ murmelte er, während er sich neben mich auf das Sofa fallen ließ. Er griff sofort nach einem der Geschenke, das mit seinem Namen beschriftet war, und begann es aufzureißen.

Ich lachte und machte mit, versuchte die Unruhe zu vertreiben, die mich den ganzen Morgen begleitet hatte. Aber selbst als der Tag voranschritt und wir uns alle zusammen über unsere Geschenke freuten, blieb der Gedanke an das grün-silberne Paket in meinem Koffer in meinem Hinterkopf hängen.

Später, als die Sonne schon hinter den verschneiten Bergen verschwunden war und die letzten Schüler sich in ihre Schlafsäle zurückzogen, saß ich noch immer wach. Ich fragte mich, was in dem Geschenk wohl war und warum Regulus es überhaupt geschickt hatte. War es eine Geste der Versöhnung? Oder steckte mehr dahinter?

Egal, was es war, ich würde nicht zulassen, dass es Sirius verletzte. Dafür war Weihnachten viel zu kostbar.

Mit einem letzten Blick auf den Koffer entschied ich, dass es dort bleiben würde. Sirius würde es nie sehen, und er würde nie erfahren, dass Regulus versucht hatte, an ihn heranzukommen. Ich würde dafür sorgen, dass seine Weihnachten unbeschwert und fröhlich blieben – so wie sie sein sollten.

Wir waren Brüder | Regulus Black FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt