Mittwoch, 12. April 2017, morgens
Noch vor Kous täglichem Weckruf um sieben war ich auf. Ich stand vor dem Spiegel in Hanabis und meinem Badezimmer und betupfte vorsichtig meine Blessuren im Gesicht mit einem kühlenden Gel, das gegen Blutergüsse half. Meine Schwester schlief noch und ich würde nach dem gestrigen Tag den Teufel tun und sie absichtlich oder unabsichtlich wecken. Ich hatte meine Nacht eh wie jede andere in einem Dämmerzustand verbracht und irgendwann habe ich mir gedacht, warum nicht schon aufstehen und die Zeit bis zum Weckruf nutzen, mich um mein verunstaltetes Gesicht zu kümmern.
Hiashi hatte mich nie derart misshandelt. Früher als Kind hatte es Hiebe mit der Reitgerte auf den blanken Hintern gegeben, wenn mir mal ein Salzkorn zu viel in den Teig geraten war oder ich eine Note beim Klavierspielen nicht getroffen hatte, doch derart ausgerastet war er bisher nicht. Mein Gesicht sah furchtbar aus. Auch mein Bauch hatte einiges abbekommen, welchen ich ebenfalls großzügig mit Pferdesalbe bestrich. Hoffentlich waren die blauen Flecke bis Freitag gut genug verheilt, sonst musste ich mir etwas einfallen lassen, damit King keine Fragen stellte, wenn er mich so sah. Ich wollte ihm mein Gesicht zeigen, nicht meine Lebensumstände auftischen.
Mit einer viel zu teuren, aber leider auch viel zu guten Foundation deckte ich die dunklen Stellen in meinem Gesicht ab und gerade, als ich sie mit Puder settete und meine Wimpern tuschte, hörte ich das Klopfen. „Hinata-sama?"
Ich drehte die Mascara-Bürste ein und betrachtete meine geröteten und schmerzenden Augen. In ihnen machte sich der Schlafmangel deutlich bemerkbar. Wie lange würde ich eigentlich noch durchhalten, bis ich zusammenklappte?
„Hinata-sama?!", fragte Kou erneut, etwas panischer.
„Ja", rief ich halblaut zurück.
„Geht es Euch gut?"
Tze. Was für eine Frage. Er wusste doch, was gestern passiert war. „Ja..", lautete meine wenig überzeugende Antwort.
Ihm war das genug. Verständlich, er war ja nicht mein Seelenklempner. Auf der anderen Seite der gefliesten Wand hörte ich dumpfe Schritte und hinter der verschlossenen Tür zu Hanabis Zimmer hörte ich ihn fragen: „Hanabi-sama?"
„Ja!", antwortete meine Schwester sofort. Sie war also auch schon wach. Wie es ihr wohl ging? Ich hatte kaum Zeit, mit ihr zu reden. Wir mussten nach unten zum traditionell schweigsamen Frühstück und dann ging es für mich auch direkt in die Uni. Seit ich nicht mehr daheim unterrichtet wurde, sahen wir einander kaum noch und deshalb waren mir unsere abendlichen Gespräche auch so wichtig. Wir durften beide nicht vergessen, dass wir in dieser Hölle nicht allein waren, sie wohl noch mehr als ich. Ich war es beinahe gewohnt, für mich zu sein, doch Hanabi brauchte ihre große Schwester, die sie beschützte. Zum ersten Mal nach Ewigkeiten spürte ich, wie die Taubheit in mir abschwoll. Mir war es irgendwann egal geworden, was mit mir geschah, ob ich starb oder nicht, aber Hanabi zuliebe musste ich stark sein. Sie brauchte mich, allein würde sie hier nie rauskommen. Und zwei von meiner Sorte waren zwei zu viel.
Kou entfernte sich und würde nun wie jeden Morgen seinen Rundgang durchs Haus beenden, indem er alle Fenster und Türen kontrollierte und den Schichtwechsel mit Tokuma und Iroha antrat, die die Überwachung des Anwesens am Tage ebenso wie Hiashis Begleitschutz übernahmen. Dieses Haus funktionierte wie ein Uhrwerk, wobei ihr Ticken für mich eher klang wie das einer Zeitbombe, die nur gegen mich arbeitete und bei der es bloß eine Frage von Sekunden war, bis sie hochging. Durch mein Make-Up sah ich für ungeübte Augen wieder völlig normal aus, aber in meinem Innern tobte ein gewaltiger Sturm. Heute war der Tag gekommen, an dem ich mich wehren würde. Ein wenig juckte es mich ja in den Fingern, Madara darüber in Kenntnis zu setzen, einfach um seine Reaktion auf diese Neuigkeit zu sehen. Ich hätte viel früher auf ihn hören sollen, dann wäre mir einiges erspart geblieben. Mein Treffen mit Genma heute war reichlich überfällig und ich würde ihm alles erzählen, worüber ich nur nachdenken konnte. Ich kannte viele schmutzige Geheimnisse meines Vaters und keins davon sollte eines bleiben. Er sollte büßen dafür, einen Mann wie Isshiki Ootsutsuki in dieses Haus gelassen zu haben.
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be_my_ace [18+]
FanfictionHinata ist die älteste Tochter des Hyuuga-Clans und als solche verbringt sie ihr Leben in Reichtum und Angst. Von ihr wird erwartet, jeden Tag perfekt zu sein und sich keinerlei Fehler zu erlauben. Mit ihren achtzehn Jahren hat sie dies auch bis in...