Kingcup.

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Hiashi fiel neben mir zu Boden. Als er aufschlug, gab er einen dumpfen Ton von sich und in meinem völlig benebelten Gehirn spielte sich das Szenario ab, wie er nach meinem Knöchel griff, mich auf sein Kaiken zog, mir mit seinem letzten Atemzug das Leben aus dem Körper stach. Japsend und wimmernd krauchelte sich von ihm weg, weit außerhalb seiner Reichweite, hin zu den vier dunklen Gestalten, die ich kaum erkennen konnte. Alles, was ich gesehen hatte, seit ich die Wiese verlassen hatte, waren rote Augen in einem von Sommersprossen gezeichneten Gesicht, das immer wieder ein seitliches Nicken angedeutet hatte. Ich selbst hatte kaum reagieren können, doch etwas in meinem Gehirn hatte das Zeichen verstanden und gehandelt.

Ich stieß gegen zwei Beine und viele Dinge passierten auf einmal, die ich kaum in die richtige Reihenfolge bringen konnte. Eine tiefe, raue Stimme versicherte mir, dass irgendetwas ein glatter Durchschuss war und er keine Knochen, Sehnen oder Adern getroffen hatte, es war nur eine Fleischwunde, aber scheiße, was war denn eine Fleischwunde?! Ich wusste es nicht. Ich spürte auch etwas Warmes auf meinen Schultern, einen dicken, warmen Stoff. Und eine andere tiefe, dieses Mal bassige Stimme fragte mich, ob ich laufen konnte. Konnte ich das? Keine Ahnung. Fragte die Stimme dies bevor oder nachdem mir jemand auf die Beine geholfen hatte? Ich hatte absolut kein Zeitgefühl mehr. Es vergingen Sekunden und gleichzeitig Stunden, teilweise rückwärts, teilweise gar nicht.

Alles, was ich irgendwann überhaupt richtig aufnahm, war, dass mich ein muskulöser Arm gegen einen warmen Brustkorb drückte und mir ein holziger Geruch in die Nase stieg. Ich kannte diesen Duft. Ich mochte diesen Duft. Ich verband ihn mit.. „King..."

„Was sagt sie?", fragte eine der Stimmen.

„King", antwortete derjenige, der mich hielt. Seine Stimme war lauter und sein Brustkorb vibrierte, als er sprach.

„Was meint sie damit?", fragte jemand anderes.

„Das klären wir gleich, wir müssen zurück und nach den anderen sehen. Du bringst sie nach oben in Sicherheit, da wartet bereits Hilfe auf dich."

„Verstanden", hallte es laut an meinem Ohr wider und ich klammerte mich hilfesuchend in sein Oberteil, als er sich in Bewegung setzte und meine Beine kaum funktionieren wollten. Meine Füße schliffen über den Beton und ich ächzte gequält auf, sackte in die Tiefe und wurde von anderen Händen festgehalten.

„Sie kann nicht laufen."

„Nachvollziehbar, kannst du sie tragen?"

„Natürlich."

„Ich sichere dich. Wir wissen nicht, was uns erwartet."

„Danke."

Wer was gesagt hatte, konnte ich nicht zuordnen. Ich wusste, dass es vier unterschiedliche Männer waren, denen ich allesamt aus irgendeinem Grund vertraute. Einer von ihnen hievte mich auf seine starken Arme und drückte mich fest an sich. Wieder war da dieser Duft.. Ich presste mein pochendes Gesicht in den warmen Stoff und sog alles davon ein.

Dieses holzige Aroma weckte eine Erinnerung. Ich stand auf einer hellen Wiese im Sonnenlicht, Kinderlachen in den Ohren, eine tiefe, beruhigende Stimme, die mir sagte, dass er mich retten wird. „King...", stieß ich hervor und krallte mich verzweifelt in sein Oberteil. „King, wo bist du.."

Ein lauter Knall zerriss die Stille um mich herum, milderte das statische Rauschen in meinem Kopf. Ein Ruck durchfuhr den Körper, der mich trug, und ich hielt mich fest, als er zur Seite hechtete und es weiter knallte. Jammernd drückte ich mir die Hände auf die Ohren, nahm gedämpften Schmerz wahr. „Bitte.."

Jemand rief etwas. Es knallte ein letztes Mal und dann wurde es wieder leise. Vorsichtig nahm ich die Arme runter und zum ersten Mal sah ich etwas in der Dunkelheit. Meine bleichen Hände waren überzogen mit dickem, pechschwarzem Blut. Und ganz vage registrierte ich, dass irgendetwas nicht richtig war. Aber was? Ich starrte meine Finger an und dann, als sich mein Träger wieder in Bewegung setzte, wusste ich, was falsch war. Ich zählte nur neun Finger. Ganz sicher. Es waren neun. Ich versuchte, jenen Finger, der nicht da war, zu krümmen, doch es passierte nichts. Mein Gehirn empfing nur ein Stechen. Ich keuchte. „Mein Finger!"

be_my_ace [18+]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt