Regungslos starrte ich auf den Bildschirm meines Laptops. Ich hörte mein eigenes Schnaufen, das nur übertönt wurde von meinem Herzschlag, der mir rasend schnell in den Ohren hämmerte. Als ich mich bewegte, indem ich den Kopf senkte, mogelte sich das leise Klappern meiner Zähne zu der stummen Geräuschkulisse in meinem Kopf. Mein Kiefer bebte haltlos. Ob vor Wut oder aus Angst oder wegen einer unbändigen Trauer, konnte ich nicht definieren. Ich fühlte alles davon.
[Es tut mir leid, ich kann das nicht.]
Diese Worte hatten sich in meine Netzhaut gebrannt wie bei einem Vieh, das von seinem Besitzer als sein Eigen gekennzeichnet wurde. Nur bei mir war es kein Symbol der Zugehörigkeit, sondern das einer tiefen, schreienden Leere in mir.
Eine einsame Träne tropfte unter mir auf den Teppich und animierte mich dazu, mir über das Gesicht zu wischen. Ein dünner Schweißfilm lag darauf. Ich rieb mir mit den Handballen über beide Augen, die feucht waren von diesem Ding, das in mir kämpfte, und stellte durch einen Blick auf meine helle Haut, unter der meine Adern bläulich schimmerten, mit einem unzufriedenen Grummeln im Magen fest, dass ich mir das Make-Up verschmiert hatte. All die Arbeit für nichts. Und ich hatte mir noch Sorgen gemacht. Wie dumm.
Ich stand auf, klappte den Laptop zu, um diesen brechreizerregenden Satz nicht mehr lesen zu müssen, und ging, wie ich war, gekleidet in ein aufreizendes Korsett mit Leder-Applikationen, blumiger Spitze über lavendelfarbenem Stoff und Strapsen, in das kleine Badezimmer, das Hanabi um diese Uhrzeit nicht mehr betreten würde. Ich hatte ihr vorhin nach dem Abendessen gesagt, dass ich heute keine Zeit hatte, weil ich lernen musste. Hätte ich gewusst, wie dieser Abend verlaufen würde, hätte ich eine simple Unterhaltung mit meiner Schwester bevorzugt. Oder sogar trockene Gesetzestexte. Alles war besser als das hier. Ohne auch nur ein einziges Mal in den Spiegel zu schauen, entfernte ich Mascara, Lidschatten und Foundation, wusch mir das Gesicht, kämmte mir durch den Pony, von dem einige Strähnen an meiner Stirn klebten, und kehrte in mein Zimmer zurück. Auf dem Weg zu meinem Schreibtisch nestelte ich an dem langen Faden im Rücken herum, um die Schleife zu lösen, damit ich mir dieses vermaledeite Stück Reizwäsche endlich ausziehen konnte. Warum auch war da kein Reißverschluss dran? Warum war King so dämlich und schenkte mir ein Korsett, das man alleine nur unter größter Anstrengung an- und wieder ausziehen konnte?! Scheiß Wichser.
Mit einem Frustschrei fegte ich die Arme über die Tischplatte, jagte meine Bücher und Hefte und Ordner und was nicht alles, das nötig war, damit ich Hiashis Wunsch folgen und Anwältin werden konnte, zu Boden. Alles war durcheinander. Gesetzesentwürfe neben meinen Notizen aus den Vorlesungen, Stifte zwischen einem schlecht zusammengehefteten Bogen einer Mitschrift, die irgendjemand wegen irgendetwas gemacht hatte. Ich wusste nicht einmal, wozu die überhaupt war. Nun aber war sie hinüber, ebenso mein dicker Wälzer der Strafgesetze. Einzelne Seiten mit endlosen Paragraphen lagen verstreut über dem Haufen aus Wissen, das ich gezwungen war mir anzueignen. Ich schüttelte den Kopf. Bei dem Chaos würde es eine Ewigkeit dauern, wieder meine gewohnte Ordnung zu finden. Es war zwecklos.
Ich ging in meinen Kleiderschrank, schubste den Laptop achtlos zu Boden, der mit einem dumpfen Krachen neben dem Hocker landete, auf dem ich mich niederließ und mein Handy aufnahm. [Ich muss in die Bibliothek.] Das rosane Smartphone in meiner Hand zitterte unentwegt und ich legte es beiseite. Wieder versuchte ich, das eine Ende der Schnur an meinem Rücken zu fassen, musste tief durchatmen, um nicht noch einen solchen Wutausbruch zu erleben und dabei vielleicht einen der Kimonos zu zerreißen – wobei die es verdient hätten. Aber ich durfte nicht. Hiashi wäre so sauer auf mich. Vielleicht sollte ich es doch tun. Meine Fingerspitzen ertasteten einen Knoten, umschlossen ihn fest und ich zog. Die Enge um meinen Brustkorb löste sich etwas. Ich griff unter das verzierte Leder unterhalb meiner Achseln und weitete die Schnürung, damit ich dieses gottverdammte Teil endlich loswerden konnte. Nie wieder würde ich das tragen. Es war einfach nur furchtbar und die Mühe gar nicht wert gewesen. Wozu überhaupt? Für ihn? Um ihm zu gefallen? Tze.
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be_my_ace [18+]
FanfictionHinata ist die älteste Tochter des Hyuuga-Clans und als solche verbringt sie ihr Leben in Reichtum und Angst. Von ihr wird erwartet, jeden Tag perfekt zu sein und sich keinerlei Fehler zu erlauben. Mit ihren achtzehn Jahren hat sie dies auch bis in...