POV HELEN
Ich möchte wortlos das Gasthaus betreten aber ich kann mich nicht überwinden und drehe mich nochmal um.
"Du kannst gerne weiter fahren aber Maya überlässt die wahrscheinlich das Auto nicht. Außerdem kommst du alleine nicht weit."
Was ist los mit ihm?
Er war sonst immer so vernünftig. Eine Schwangere durchfahren zu lassen ist aber alles andere als vernünftig.
Genervt und verwirrt betrete ich gemeinsam mir Maya und Max das Gasthaus.
Würden wir durchfahren sind wir viel zu erschöpft um klar denken zu können beziehungsweise kämpfen zu können falls etwas passieren sollte. Natürlich denke ich an meine Schwestern...aber ich nütze ihnen müde und erschöpft nicht. Mira sollte in Sicherheit sein aber Elisabeth. Ich mache mir Sorgen. Sie ist wirklich ein starkes Mädchen und überaus clever. Die klügste von und drein. Wie es ihr wohl geht? Vielleicht hätten wir weiterfahren sollen?
Ich habe gar nicht bemerkt das wir uns bereits in einem Zimmer befinden.
"Helen?", fragt Maya besorgt.
"Ja."
Ich versuche mehr oder weniger glücklich zu klingen doch sobald ich Mayas besorgtes Gesicht sehe bricht die Wand die ich um meine Gefühle gebaut habe und ich werfe meine Arme um ihren Nacken.
Ich atme tief ein als die ersten Tränen meine Wange herunterrollen. Ich beginne zu schluchzen und sinke auf meine Knie. Maya lässt mich nicht los und ich kralle meine Fingernägel in ihren Mantel. Es ist als hätte mich meine ganze Kraft verlassen. Mein Magen verkrampft sich und meine Brust wird eng.
Ich weine.
Mutter! Vater! Meine Brüder! Sie sind alle tot. Dieser Bastrad! Ich werde ihm eigenhändig den Hals umdrehen.
Meine armen Eltern. Noch nie gab es im Königreich der Engel so gutherzige Herrscher.
Sie haben mich akzeptiert. Mich. Die Prinzessin die keine ist. Das Mädchen das kalt wie Eis ist. Das Mädchen das kämpft wie ein Soldat. Bedingungslos haben sie mich geliebt und unterstützt.
"Es wird alles wieder gut.", flüstert Maya in mein Ohr.
"Nein. Was kann da besser werden. Meine Eltern wurden getötet. Und meine Brüder!", bei diesen Worten beginne ich noch heftiger zu schluchzen.
Es tut so weh.
Wieso tut es jetzt so weh?
"Helen. Helen. Hör mir gut zu. Ich sage dir wer ich bin. Okay. Ich erzähle dir meine Geschichte.", Maya wischt mir die Tränen aus dem Gesicht und drückt mich von ihr weg sodass ich in ihre Augen sehen kann.
Sie leuchten auf!
Als sie weinrot aufleuchten erinnere ich mich an das Gefühl das ich hatte als Alexander und ich uns geküsst haben. Als sie grün aufleuchten kommt das Gefühl des Neides in mir hoch. Als sie feuerrot sind fühle ich Wut.
"Ich kann deine Gefühle beeinflussen. Ich bin die einzige die das kann. Ich bin nämlich durch schwarze Magie entstanden. Dir die ganze traurige Geschichte zu erzählen wie ich von allen gehasst und gemieden wurde erspare ich dir. Vor einigen Jahren habe ich Max kennengelernt und er hat mich akzeptiert. Lange Rede kurzer Sinn: wir haben im geheimen geheiratet. Ich durfte nicht offiziell heiraten weil eine Heirat früher oder zu Kindern führt und die Menschen hatten Angst mein Kind hätte dieselbe Gabe wie ich. Ich erzähle dir das nicht weil ich bemitleidet werden will sondern weil ich dir sagen will, es gibt Hoffnung. Hoffnung für mich, für dich, dein Königreich und Hoffnung für Alex. Er hat sich verändert. Aber er liebt dich immer noch. Auch wenn gerade andere Gefühle im Vordergrund stehen. Wenn ihn jemand zurückholen kann dann du.", sie wischt mir erneut über mein Gesicht. Ihre Hände zittern.
Ich nehme ihre Hände in meine und lächle sie an.
Tief durchatmen.
Reiß dich zusammen Helen.
Du kannst das. Du schaffst das. Du hast einem verrückten widerstanden. Um Alex kümmerst du dich morgen.
"Danke."
Maya grinst mich an und geht ins Nebenzimmer.
Ich lege mich sofort ins Bett.
Es gibt Hoffnung.
Es gibt immer Hoffnung.POV ALEX
Ich setzte mich ins Auto und schlage wütend gegen die Tür. Was ist bloß los mit Helen. Wo ist ihr Enthusiasmus? Ihr Wille? Es geht um ihre Familie.
Ich schlage mit meiner Faust gegen den Vordersitz.
"Das ist nicht die Art und Weise wie man sich fremden Eigentum gegenüber verhält."
Maya öffnet die Tür und setzt sich neben mich.
"Solltest du dich nicht ausruhen? Wegen dir fahren wir nicht weiter."
"Das denkst auch nur du."
Was?
Ich drehe mich verwirrt zu ihr. Sie knöpft ihren Mantel zu und setzt die Kapuze auf bevor sie sich zu mir dreht.
"Helen hat ihren Vater, ihre Brüder und vor kurzem auch ihre Mutter verloren. Das Leben ihrer Schwestern steht noch auf dem Spiel. Sie ist in unendliche Trauer getränkt und doch schafft sie es einen klaren Kopf zu behalten. Mehr oder weniger."
Mehr oder weniger.
Ich wende mich von ihr ab und starre aus dem Fenster.
Es wird Helen besser gehen sobald mein Vater tot ist.
"Helen war 5 Tage lang eingesperrt und musste um ihr Leben zittern. Zercko hätte alles mit ihr machen können. Vielleicht hat er das auch."
Bei diesen Worten gefriert mein Blut. Dieser Bastrad hat doch nicht...
"Helen hat uns ja nicht erzählt was war."
Ich beginne an meinen Nägeln zu kauen.
Er hat doch nicht...nein. Ich mein...Helen würde sich anders benehmen. Oder?
"Silvia hat mir erzählt das du während dem Training immer an Helen gedacht hast und das sie dich motiviert hat."
Mayas Stimme durchdringt meine ganzen Körper und hinterlässt ein grauenvolles Gefühl. Schuld.
"Lass dich nicht irreführen. Erinnere dich daran warum du hier bist."
"Um meinen Vater zu töten."
"Das ist ganz sicher nicht der einzige Grund."
Maya steigt aus und öffnet meine Tür.
"Komm. Helen macht sich Sorgen."
Ich muss mit ihr mitgehen.
Ich steige aus und begleite Maya bis zu ihrem Zimmer bevor ich Helens Zimmer betrete.
Ich muss dafür sorgen das Helen mir vertraut. Sonst...kämpft sie irgendwann gegen mich. Und wenn ich meinen Vater besiegen will brauche ich sie.
Ehrlich. Ich fühle mich schlecht sie so zu benutzen...aber...
"Helen?"
Sie liegt mit dem Rücken zu mir gerichtet auf dem Bett. Ich berühre sanft ihr Haar. Sofort dreht sie sich um und setzt sich auf. Sie ist wütend. Ihre violetten Augen funkeln bedrohlich auf als ich mich ihr nähere.
"Es tut mir leid."
Das klang nicht überzeugend.
Ich knie mich zu ihr hin und nehme ihre Hände doch sie zieht sie sofort wieder weg. Ich senke den Kopf und lasse mich auf den Boden fallen.
Sie nimmt mein Gesicht in ihre Hände. Ihre kalten Hände bringen mich zum lächeln.
"Deine kalten Hände erwärmen mein Herz."
Sie möchte ihre Hände wegziehen aber ich halte sie fest.
Ich ziehe sie vom Bett herunter und umarme sie fest. Zögernd erwidert die diese.
Ich atme tief ein. Ich möchte mir ihrem süßlichen Duft einprägen.
"Du riechst gut."
"Ich hab vorhin kurz geduscht. Wer weis wann ich wieder die Gelegenheit dazu bekomme."
Sie klingt erleichtert.
Sie versucht sich von mir zu lösen aber ich halte sie fest. Ich weis nicht wann ich je wieder die Gelegenheit bekomme sie so im Arm zu halten.
Ich liebe sie. Ich liebe sie so sehr.
Deshalb tut es so verdammt weh sie anzulügen.
Ich bin nur auf Rache aus. Selbst in diesem innigen Moment mit dem Mädchen das ich seit Jahren liebe denke ich daran wie ich meinen Vater töten könnte. Es tut mir leid Helen.
Es gibt keine Hoffnung für mich.

DU LIEST GERADE
Rache
FantasyDer König wird seiner Krone, seiner Ehefrau, seiner Kinder und seines Lebens geraubt. Seine Frau trägt das Kind des Mörders aus, welcher eisern das Volk regiert. Die Söhne liegen neben dem Vater und seine Töchter liegen neben seinen Soldaten. Bis a...