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Es war ein langweiliger Schultag gewesen und als ich dann fast auf der Couch in meinem neuen zu Hause eingeschlafen wäre, beschloss Jonathan, mit mir etwas zu unternehmen. Doch dann kam ihm etwas dazwischen und er konnte nicht. Beschissener Tag. "Was hast du denn vor?", fragte ich gelangweilt und wälzte mich auf der Couch. "Ein Streetfight..", sagte er. Ich riss die Augen auf. "Da gehst du nicht hin!", sagte ich ernst und funkelte ihn an. "Ich könnte 100.000 gewinnen..", sagte er. Ich erstarrte. 100.000$? Das war eine Menge für einen einzigen Fight. Nicht dass ich mich auskenne, aber es klang halt ein wenig zu viel. "Jemand hochrangiges hat auf mich 100.000 geboten.", sagte er. "Er zählt auf mich. Ich mach mich jetzt fertig und geh dann los.", sagte er und drehte sich um, um zu gehen. "Warte!", rief ich und stand auf. "Ich will mitkommen.", sagte ich. "Auf keinen Fall.", antwortete Jonathan kurz und ging zur Haustür. Ich rannte als erste Raus und stieg in sein Auto ein. Und ich würde mich nicht vom Fleck bewegen. Seufzend setzte sich Jonathan ins Auto. "Na gut.", gab er nach. "Aber so kannst du nicht mitkommen.", sagte er und zeigte auf mein Outfit, was ich heute in der Schule getragen hatte. "Fünf Minuten.", sagte ich, stieg aus und rannte um mein Leben. Ich zog mir in Rekordzeit eine lange Hose und ein Sweatshirt an.

"Es waren nur drei aber auch ok.", sagte Jonathan grinsend, als ich mich nach Luft ringend in den Autositz schmiss und die Tür zuknallte. Wir fuhren los und kamen schon bald in einem heruntergekommenen Café an. Wir stiegen aus und gingen rein. "Guten Tag. Bitte folgen sie mir.", sagte ein Mann, der an der Tür stand und anscheinend auf Jonathan gewartet hatte. Er führte uns in den Keller des Cafés. Ein heruntergekommenes Drecksloch, was nach Alkohol, Zigarretten und Blut roch. Ich hielt mir die Nase zu. An den Geruch musste ich mich wohl erst gewöhnen. In dem Raum standen schon viele Menschen, vor allem Männer und Jungs. In der Menschenmenge konnte ich Daniel und Ryan erkennen. Jonathan drängelte sich durch die Menschenmenge bis nach ganz vorne, mich hielt er dabei am Handgelenk. Er ließ mich ganz vorne stehen und zog sein T-Shirt aus. Die Menge bildete einen Kreis und ich konnte Jonathans Gegner erkennen. Er war genauso muskulös wie Jonathan und sah sehr gefährlich aus. Sein Gesichtsausdruck war aggressiv und ich machte mir Sorgen um Jonathan.

Jonathan schlug als erstes zu. Ein Kinnhaken. Den anderen schien es nicht sonderlich zu interessieren und schlug Jonathan in den Bauch. Ich kniff die Augen zusammen. Das musste schmerzhaft sein. Jonathan krümmte sich, und sein Gegner sah darin seine Chance. Er ging auf Jonathan zu und wollte ihm gerade die Faust ins Gesicht rammen, als Jonathan in mitten ins Gesicht schlug. Die Nase des Typen war jetzt eindeutig ruiniert. Jonathan schlug nochmal zu. Und nochmal. Bis der Typ blutend am Boden lag.
Ich schaute mich um und bemerkte noch ein anderes Mädchen. Sie war unauffällig gekleidet und weinte. Dabei schaute sie den Jungen an, den Jonathan zusammengeschlagen hatte. Sie tat mir leid. Das hätte auch ich sein können, machten mir meine Gedanken klar, und irgendwo spürte ich Erleichterung. Jonathan wurde als Gewinner festgestellt und der Fight war zu Ende. Das Mädchen rannte zu dem Jungen und umarmte ihn. Sie flüsterte ihm beruhigungen zu und er streichelte mit einem warmen Lächeln ihre Wange. Jonathan packte mich und zog mich aus der Menge, die Treppen hoch, raus aus dem Café und ab ins Auto. Eine beunruhigende Stille entstand und schließlich fragte ich Jonathan, ob alles okay wäre. "Jaja klar.", sagte er. Es war nicht alles okay. Das spürte ich.

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Zu Hause angekommen - das klang so falsch - legte sich Jonathan sofort hin. Nach wenigen Minuten war er eingeschlafen. Ich deckte ihn zu und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Das ist doch eigentlich die Aufgabe des Jungen. Ich ignorierte mein Unterbewusstsein und setzte mich in die Küche. Meine Gedanken schweiften zu Leo. Würde sie den Kampf gegen Ana gewinnen? Bisher sah es wahrscheinlich nicht so aus. Und Thomas. Konnte er doch noch mit seiner großen Liebe zusammen kommen? Wahrscheinlich nicht.
Bin ich wirklich so egoistisch, weil ich Leo zurückgelassen habe? Bin ich deswegen schlecht? Ich fühlte mich irgendwie nicht schlecht und scheuchte den Gedanken Leo fort.
Aber eins beschloss ich: Ich musste endlich herausfinden, was es mit Ann auf sich hatte.

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Dieses Gefühl, nicht mehr leben zu wollen, zerstört mich innerlich. Das Gefühl nicht geliebt zu werden, die Erkenntnis, dass man nicht geliebt wird. Ich war heute unter der Dusche und dachte daran, wie leicht es doch wäre, sich sein Leben zu nehmen. Nur ein kleiner Schnitt. Oder ein Sprung. Ein Schritt. Weinend war ich kurz davor, mich wieder zu ritzen, um den Schmerz in meinem Leben zu vergessen und mich frei zu fühlen. Doch ich habe es nicht getan. Und darauf bin ich stolz.
Und du da Draußen: Du solltest auch stolz sein. Stolz auf dich, und dass du existierst. Dass du vielleicht andere Menschen glücklich machst, auch wenn du es nicht merkst. Wenn du Depressionen hast, oder dich einfach nur einsam und verlassen fühlst, dann denk daran, dass es immer mindestens eine Person in deinem Leben gibt, die dich liebt, und die dich auf dieser Welt haben möchte. Es muss niemand aus deiner Familie sein, bei mir ist es auch niemand aus meiner Familie. Auch wenn ich es selbst noch nicht so ganz verstehe: Gib die Hoffnung nicht auf, denn du bist es Wert, zu leben.

The Badboy and the suicide girl Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt