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Mit Herzrasen lief ich zu Thomas Auto. Er lief neben mir und starrte die ganze Zeit geradeaus. Was er wohl dachte?

"Du kannst vergessen, dass ich dich zu dieser Klippe bringe.", sagte Thomas leise zu mir. Enttäuscht lief ich weiter. Plötzlich blieb Lukas stehen. Er schaute geschockt.

"Was ist denn?", fragte ich ihn genervt. "Wo ist Ann?", fragte er mit Tränen in den Augen. Thomas schaute nervös zwischen uns beiden hin und her
. "Ich.. Ich weiss es nicht.. War sie überhaupt im Club mit drin? Ich kann mich nicht mehr so genau erinnern..", sagte ich und überlegte. Wann. War Ann das letzte mal bei uns gewesen?
Der Gedanke, dass wir alle sie total vergessen hatten, war so absurd, dass ich es nicht glauben konnte.

"Kann ich euch erstmal nach Hause fahren? Dann könnt ihr ja da weitergrübeln.", sagte Thomas und ging weiter. Ich folgte ihm, Lukas nach einigen Sekunden auch. Als wir dann in seinem Auto saßen, fing Lukas an zu weinen. Thomas beugte sich zu mir hinüber. "Was ist denn das für ne Pussy?", fragte er mich flüsternd. Ich seufzte. Lukas war keine Pussy, wieso er jetzt weinte, war mir unerklärlich.

Als wir ankamen,  bedankte mich bei Thomas für das fahren. Dann stieg ich aus, und Thomas fuhr winkend weg.
"Kathy, kommst du mal?", rief Lukas aus dem Treppenhaus. Ich lief zu ihm und ging in die Wohnung. Dort saß Ally mit Ann und beide spielten zusammen Mikado. Als Ann mich bemerkte, drehte sie sich lächelnd zu mir und Lukas um. "Na ihr?", fragte sie fröhlich. Was sollte ich sagen? Alles wieder gut, oder? Also, sie war ja wieder da.

"Wo warst du?", fragte Lukas schluchzend. "Vorgestern? Wir haben uns wohl im Club verloren. Und plötzlich kam die Polizei und alles, ich hab euch nich mehr gefunden, und bin dann kurzerhand zu einem Freund gegangen, um dort schlafen zu können.", sagte Ann. Das war eine logische und gute Ausrede, für jemanden, der sie nicht kannte. Wie Lukas. Ich lehnte mich mit verschränkten Armen an den Türrahmen. "Und wo warst du wirklich?", fragte ich sie. Sie ignorierte mich eiskalt. Ich wartete noch ein bisschen auf eine Antwort, aber als ich keine bekam, ging ich in die Küche, und machte mir was zu essen. Es war nichts da. Ich seufzte. Ich nahm mir ein bisschen Geld, und beschloss, einkaufen zu gehen.

Als ich realisierte, dass es Sonntag war, und ich wohl nichts zu essen kaufen kann, stiegen mir vor Verzweiflung sogar fast Tränen in die Augen. Wie auf Befehl knurrte mein Bauch. Ich überlegte.

Gab es da nicht diesen einen Supermarkt, der Sonntags immer offen hatte?  Nach einer Weile fiel mir wieder ein, wo dieser Supermarkt war. "Hat jemand Lust, mit mir einkaufen zu gehen?", rief ich aus der Küche. "Ich!", schrie Ally. Sie kam in die Küche geschossen und wir machten uns kurze Zeit später auf den Weg.

"Freust du dich schon morgen auf meine Schule?", fragte ich sie. "Ja! Besonders, Alex geht auch auf deine Schule, und dann kann ich ihn die ganze Woche wieder sehen!", sagte sie verträumt. "Achso, du hast dich ja mit diesem Jungen da getroffen.. Wie wars?", fragte ich sie. "Es war super!", schwärmte sie. "Wir haben uns sogar geküsst,und wir telefonieren die ganze Zeit!" Wie aufs Stichwort klingelte ihr Handy. "Alex? ... Hey! .. Gut, klar.."

Ich ließ sie telefonieren. Nach einer Weile waren wir  am Supermarkt angekommen. Wir kauften so viel ein, wie unser Budget es uns erlaubte, und gingen dann mit zwei vollgepackten Tüten wieder zu mir nach Hause. Als ich die Haustür aufschloss, schoss Ally in die Wohnung hinein, und rief nach einigen Sekunden "Wusst ich's doch!".

Neugierig ging ich ins Wohnzimmer, in das Ally gerannt war. Dort sah ich Ann und Lukas auf dem Boden sitzen. Ertappt schauten sie erst Ally, dann mich an. "Hä, was ist hier los?", fragte ich verwirrt. Ich verstand die ganze Situation nicht. "Ich hab sie beim rummachen erwischt!", schrie Ally glücklich, wie als hätte sie grade ein neues Handy bekommen. Ich dachte an Jonathan. Uns würde man niemals beim knutschen erwischen, wir hatten vielleicht ein paar schöne Momente, aber es wird nie wieder welche geben. Ann hatte richtig Glück, jemanden wie Lukas gefunden zu haben. Er würde sie beschützen und nicht anschießen. Er würde sie lieben und nicht hassen. Die beiden werden, wenn es weiter gut läuft, eine sehr sehr schöne Zeit miteinander haben. Es war unfair, dass mir nicht so etwas passieren konnte. Immer verliebe ich mich und bin dabei unglücklich. Ich fühle mich wie ein Opfer. Alle in meinem Alter hatten einen Freund, oder waren glücklich verlie..

"Kathy!! Bist du geistig abwesend oder was?", schrie mir Ally aufeinmal ins Ohr. "Aua..", murmelte ich. Dann setzte ich eine gespielt glückliche Miene auf und fragte, ob jemand Hunger hatte. Kurze Zeit stand ich in der Küche, auf die aufbackende Tiefkühlpizza wartend, und war wieder abwesend. Die anderen zockten im Wohnzimmer, naja eigentlich nur Ally und Ann. Ich hatte aus unerfindlichen Gründen momentan einfach keine Lust auf die anderen, und verdonnerte mich somit selber zum aufräumen, abwaschen und Geld zählen. Und um Einkaufslisten für die nächsten Tage zu schreiben. Die anderen interessierte es nichteinmal, dass ich nichts mit ihnen unternehmen wollte, und so war mein Sonntag einfach im Eimer. Um neun Uhr abends beschloss ich, noch schnell zu duschen und dann schlafen zu gehen. Ich hatte morgen Schule, und war einfach nur fertig. Der Tag war geistig und körperlich anstrengend für mich gewesen. Also fiel ich 21:30 schliesslich ins Bett und schlief sofort ein.

Ich wachte auf und schaute auf meine Uhr. 3:13 Uhr. Laute Musik dröhnte in meinen Ohren und es stank nach Alkohol und Zigaretten. Ich stieg verschlafen aus meinem Bett und öffnete mein Fenster. Frische Luft strömte in mein Gesicht und ich seufzte. Irgendwas war in dieser Wohnung im Gange, und ich musste natürlich mal wieder dafür sorgen, dass alles in Ordnung war. Also ging ich aus meinem Zimmer raus und wollte sofort wieder hineingehen, meine Tür verschliessen und weiterschlafen. Überall waren fremde Menschen, die ich nicht kannte. Es stieg ne Party. In meiner Wohnung. Na ja, eher in der Wohnung meiner Mutter, aber das ist ja noch schlimmer. Ich zwängte mich durch die ganzen Leute, die mich alle komisch anstarrten, wie als wäre ich ein Alien, und suchte Lukas, Ally oder Ann. Meine schlechte Laune stieg. Mein Bauch fing an zu schmerzen, eigentlich musste ich im Bett bleiben.

"Lukas!", schrie ich. Keine Antwort. Ich machte mich also auf den Weg zu der Musikquelle, um die Musik auszumachen und die Party zu beenden. Kurze Zeit später war die Musik aus, und 40 böse Gesichter schauten mich an. "Die Party ist hiermit beendet!", schrie ich und kurze Zeit später war die Wohnung leer und ziemlich verwüstet. Lukas saß betrunken und mit Ann rumknutschend auf der Couch und Ally fand ich kurzerhand im Gästezimmer, schlafend. Wie konnte sie das alles nur durchschlafen? Mittlerweile war es 3:41 und ich räumte meine Wohnung auf. Mein Bauch fing an, immer mehr zu schmerzen, es war kaum auszuhalten.

Lukas und Ann schmiss ich kurzerhand hinaus, in die Kälte nach Draußen. Sie waren beide immer noch betrunken, aber ich war stocksauer und musste erstmal meine Wohnung aufräumen. Um fünf Uhr war ich fertig. Ich holte die zitternde Ann und den wütenden Lukas kurze Zeit später hinein und schmiss mich dann wieder ins Bett. Ich hatte erst zur dritten Stunde an, dass hieß, ich konnte etwas länger schlafen. Wenn der Tag schon jetzt so scheiße anfängt, wie wird denn dann der Rest des Tages? Seufzend schlief ich ein.


[Überarbeitet am 28.04.2018]

The Badboy and the suicide girl Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt