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Zitternd wachte ich auf dem harten Boden auf, und zu meiner großen Überraschung war Jonathan über mich gebeugt. Das war wohl der Tod. Ich fing an, leicht zu lachen, Jonathans Gesicht, was mich besorgt anschaute, zu betrachten und anzufassen. Ich spürte einen riesen Schmerz in meinem linken Arm und schaute meinen Arm an. Die Schnittwunden waren noch da. Ich versuchte, aufzustehen.

"Nicht!", sagte Jonathan und legte mich wieder hin. "Das Leben nach dem Tod..", flüsterte ich. "..ist wirklich scheiße!", schrie ich, stand blitzschnell auf und rannte zum nächsten Ausgang den ich finden konnte. Mein einziger Gedanke war, abzuhauen.
Doch soweit kam ich nicht, denn jemand packte mich von hinten. Ich schrie und trampelte um mich herum, fing an zu weinen. "Kathy!", ertönte diesmal Jonathans Stimme. Er kam auf mich zu und blieb vor mir stehen. "Du bist nicht tot.", sagte er mit ernster Miene. Ich schaute ihn an. Er hatte sich verändert. Er war nicht mehr der Jonathan, den ich kannte. "Leider.", fügte ich hinzu. "Ich wollte dich nie umbringen. Ich.. Kathy..", fing Jonathan an.

"Wo bin ich? Was mache ich hier?", fragte ich. "Du bist in dem Hauptquartier meiner Gruppe und mir. Und ich habe dich herholen lassen, weil ich mich persönlich von dir verabschieden möchte, oder für immer mit dir leben werde, es kommt darauf an, wie du dich entscheidest.", sagte er mit ernster Miene und schaute mir direkt in die Augen. Ich wusste nicht, was er damit meinte. Für immer mit mir leben?

"Ich will hier weg.", sagte ich entschlossen. "So einfach ist das leider nicht für dich, Kathy.", sagte Jonathan leise lachend. Ich schaute ihn böse an. Meine Wunden schmerzten. "Drei Tage wirst du hier mit mir und den anderen leben, und danach kannst du entscheiden. Ob du willst oder nicht, ich werde dich hier mindestens drei Tage lang festhalten." - "Jonathan, du weißt ja gar nicht, wie ich dich vermisst habe. Aber das ist ein anderer Jonathan, den ich vermisse!", sagte ich wütend. Jonathan grinste und breitete seine Arme aus. "Ich bin immer noch der alte, unversehrt!", sagte er und drehte sich einmal.

"Nein. Du bist nicht der Jonathan, den ich mal kannte. Der Jonathan, den ich kannte, hätte mich niemals angeschossen!", schrie ich ihn jetzt an. "Kathy, du verstehst das nicht, ich..", knurrte Jonathan jetzt sauer, wurde aber von dem Jungen, der mich hierherverfrachtet hatte, unterbrochen. "Hör auf Jonathan, lass sie doch erstmal in Ruhe, merkst du nicht, dass sie jetzt kein Bock hat, mit dir zu diskutieren, wer du bist und einmal warst?" Jonathan schaute ihn wütend an, drehte sich dann um, und ging nach Draußen. Dann wandte sich der Junge an mich.

"Ich h bin Jay.", sagte er und hielt mir seine Hand entgegen. Ich nahm seine Hand und schüttelte sie. "Kathy. Aber das weißt du bestimmt schon."

Ich bekam ein kleines, graues Zimmer zugewiesen. Mein Bett war eine Matratze für ein Doppelbett, die etwas abgenutzt aussah, und ein kleiner, winziger Schrank, eher schon eine Kommode. Seufzend setzte ich mich auf die Matratze und legte den Kopf auf meine Beine. Was ist hier bloß los? Wie konnte so etwas passieren? Das ist eindeutig schon viel zu viel Abenteuer für mein langweiliges Leben.

Nach einer halben Stunde kam ein Mädchen mit Essen und Trinken hinein. "Für dich.", sagte sie und stellte es auf dem Boden ab. Dann öffnete sie die Tür, blieb stehen und drehte sich zu mir. "Du kannst ruhig rauskommen und mit uns reden. Du bist hier in diesem Raum nicht eingeschlossen." Als ich nichts antwortete, ging sie. Ich rührte das Essen nicht an, trank aber das Glas Wasser aus. Dann setzte ich mich auf den Boden und lehnte mich an die Wand an. Ich hasse mein Leben.

Nach gefühlten sechs Stunden kam Jonathan hinein. Er blieb mitten in dem kleinen Raum stehen, schaute erst zu mir und dann zu dem Essen. Dann wieder zu mir. "Willst du nichts essen?", fragte er mich. Als ich nicht antwortete, ließ er sich auf die Matratze plumpsen. "Kathy.. Was soll ich denn zu dir sagen? Entschuldigung, dass ich dich angeschossen habe, war nicht ernst gemeint? Kathy ich habs ernst gemeint, ich musste in diesem Moment meine Wut rauslassen. Und es tut mir leid, dass ich es an dir getan habe." Als wieder Stille folgte, stand er auf und sagte: "Ich werde jetzt für uns beide Bettwäsche holen gehen."

Bei diesem Satz schoss mein Kopf hoch. "Was?!", fragte ich scharf. "Ja, ich werd bei dir pennen, ist schließlich mein Raum hier." Mit diesem Satz ging er. Ich werde ganz bestimmt nicht mit Jonathan in einem Bett oder auf einer Matratze schlafen! Er kam wieder mit bezogener Bettwäsche herein und schmiss diese auf die Matratzen. Er verteilte Decken und Kissen und fing an, sich auszuziehen. Ich legte meinen Kopf wieder auf meine angewinkelten Beine und dachte an Mason. Würde er noch leben, wäre das hier eindeutig falsch. Aber es ist auch so falsch. "Kommst du?", fragte der schon im Bett liegende Jonathan. "Nie im Leben schlaf ich mit dir in einem Bett!", sagte ich wütend. "Hast du doch schon getan.", sagte Jonathan. "Komm jetzt." - "Nie im Leben.", sagte ich. "Ich schlaf auf dem Boden."

Ich legte mich hin, weit weg von Jonathan und der Matratze und hörte Jonathan sagen: "Diese Situation kommt mir irgendwie bekannt vor." Wütend schlief ich ein. Das mit auf dem Boden schlafen zog ich bis zum nächsten Morgen auch wirklich durch.

Ich wurde durch Jonathan geweckt. Ich lag immer noch auf dem Boden, jedoch jetzt mit einer Decke, und fühlte mich miserabel. "Kommst du Frühstücken?", fragte er mich. Ich setzte mich auf. "Ich habe keinen Hunger!", sagte ich wütend und drehte mich zur Wand und schaute die Wand an. "Na gut.", sagte Jonathan und ging. Ich verbrachte den ganzen Tag im Zimmer, Mittagsessen blockte ich auch ab. Mittlerweile hatte ich richtig Hunger bekommen, aber so einfach würde ich mich nicht fügen. Ich dachte an zu Hause. Was war jetzt mit Ally? Und mit Lukas und Ann? Ally hatte mich in der Schule bestimmt die ganze Zeit über gesucht.. Und Ann und Lukas.. Die beiden konnten doch nicht auf Ally aufpassen, dafür waren sie viel zu verantwortungslos. Da ich so alleine in diesem Raum saß, ohne eine Beschäftigung, hatte ich natürlich viel Zeit zum nachdenken. Am Anfang waren es nur kleine Nebengedanken, aber nach und nach musste ich immer mehr an Mason denken. Ja, er hatte mich anscheinend betrogen, aber ich hoffe und glaube, dass er mich geliebt hat. Und als mir das bewusst wurde, merkte ich, dass ich Mason auch geliebt hatte. Wenn auch weniger als andere Paare sich gegenseitig liebten. Ich fing an zu weinen, denn ich vermisste Mason jetzt so sehr, dass ich sogar den Gedanken hegte, mich umzubringen, um zu Mason in den Himmel kommen zu können. Ich kratzte meine alten, noch nicht verheilten Wunden auf und heulte immer mehr.

Diese Phase dauerte ungefähr drei Stunden, danach verkroch ich mich in eine Ecke, die Beine angewinkelt, und starrte die Matratze an. Jonathan kam herein. "Abendessen?", fragte er. "Nein.", sagte ich kurz angebunden. Ihn interessierte es nicht weiter, zog sich aus und legte sich schlafen. Ich legte mich wieder auf den Boden und schlief nach zwei Stunden endlich ein.

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Frohe Weihnachten an euch alle!❤

[Überarbeitet am 30.04.2018]

The Badboy and the suicide girl Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt