Ihr wisst nicht, wie es ist zu fliegen. Alles rauscht und du fixierst dich nur noch auf eine Sache: den Schrei.
Und das tat ich, wenn auch auf pferdisch und in meinen Gedanken. Wir segelten immer höher, ich schlug mit meinen Flügeln und Jannes hielt sich sanft an meinem Hals fest. Seine Gedanken bestanden nur aus einem einzigen Wort: WOW!
Konnte ich sogar verstehen, denn es war atemberaubend, so zu fliegen. Der Regen prasselte sanft auf und nieder und perlte an mir ab, als wäre ich nichts weiter als eine Ente. Alles berauschte mich, die kalte Luft und diese Höhe. Ich verstand auch, dass man niemals Höhenangst haben sollte, wäre man ein Pegasus. Es würde uns umbringen, echt. Mir reichte schon die Panik vor Prüfungen.
Jannes jubelte laut und ich machte aus Spass einen Salto in der Luft. Den Zickzackflug um die Türme legte ich auch mit Leichtigkeit hin, aber dann beugte sich Jannes zu meinen Ohren (oder was das auch immer sind) hinunter und sagte: "Schaffst du die volle Abbremsung und Beschleunigung im Flug?" Bitte nicht. Ich hasste Geschwindigkeit...oder vielleicht auch nicht.
Ich drehte mich Richtung Boden und faltete meine Flügel ein. Sofort wurden wir nach unten gerichtet und Jannes lenkte mich einfach um jeden aufgeschreckten Raben herum, zwang mich sogar zu einer Drehung um mich selbst. Immer schneller kam das Gras, ich hatte schon langsam Angst wegen dem Überschall. Verdammt, was muss ich jetzt tun? "Flügel auf!" Panik schlich sich in Jannes' Stimme und anscheinend schien er erst jetzt in Betracht gezogen zu haben, dass wir eventuell zerschellen konnten. Wir waren nicht unsterblich, besonders er nicht.
"Heute noch!"
Okay, das klang jetzt wie ein Kreischen. Ich faltete meine Flügel auseinander und ein unangenehmes Reissen ging durch meine Schulterblätter. Ich war mein persönlicher Fallschirm, aber tat mir selbst weh.
Wir segelten über das Schloss hinweg, bis Jannes mit völlig veränderter Stimme befahl: "Lande vor den Toren. Da steht jemand!"
Dad. Sicher ist es Dad. Er wartet auf Mum, die noch immer drin ist. Eigentlich wollte sie schnell machen, aber das ging nicht. Und wahrscheinlich wusste Dad, wie wir ihr da raushelfen konnten. Ich vollführte meinen Sturzflug und landete zwar etwas unangenehm, aber ganz sanft auf dem Pflasterboden, wo Dad neben einer Laterne stand und uns musterte. Jannes rutschte von meinem Rücken und ich tänzelte nervös von einem Bein auf das andere. Das regelmässige Klacken von Hufen verriet und aber, deshalb liess ich es bleiben. Dad verliess seinen Posten und kam auf Jannes zu, fragte scharf: "Was ist mit Frances' Mutter? Wo ist sie?"
Ich wieherte warnend. Die beiden würden jetzt nicht streiten. Denn Jannes fühlte seinen Stolz angegriffen und machte ein Gesicht, als würde er gleich seine Erdmagie auf Dad richten. Ich traute es ihm durchaus zu, auch wenn ich dann gezwungen war, alles auf mich zu nehmen. Jannes durfte nicht einfach einen Pegasus angreifen, ncoh dazu meinen Vater.
"Sie ist bei meinen Eltern, schätze ich mal-"
"Dann sitzt sie im Kerker...", Dad wandte sich mir zu, "Hilfst du mir, sie zu retten?"
Ich war hin und hergerissen. Angeblich musste ich Jannes Gehorsam leisten, Deshalb konnte ich mich nicht einfach gegen ihn stellen, das würde schon am ersten Tag nicht unbedingt gut ausgehen. Jannes beobachtete mich und liess mich vollkommen in seinen Kopf.
Du entscheidest, kam es von ihm. Ich schüttelte energisch meinen Kopf und fragte ihn zurück: Würdest du uns denn helfen? Ich meine, du könntest uns auch verpfeifen...
Ein eingeschnapptes Schnauben entwich ihm und es klang schon fast wie ein genervtes Pferd, wenn ich das mal anmerken darf. Seine Nasenlöcher blähten sich und ich zog den Kopf ein. Oops, er hat das auch gehört?
Traust du mir das ernsthaft zu? Ich bin Jannes und kein kleines beleidigtes Mädchen! Ausserdem kann ich die Wachen k.o. schlagen oder etwa nicht?
Wie denn? Mit der Faust?
Er seufzte grinsend. Nein, Pegasus. mit der Faust. Also, kommst du?!
Noch bevor er reagieren konnte, schnappte ich nach seinem Kragen und schwang ihn auf meinen Rücken. Er lachte unterdrückt, Dad hingegen sah eher so aus, als würde er gleich kotzen. Stimmt ja. Mum war in Gefahr und wir vertrödelten die Zeit. Also nickte ich ihm zu und auf der Stelle verwandelte sich Dad in einen atemberaubenden schwarzen Pegasus, breitete die Flügel aus und stiess sich von Pflaster ab. Wie eine Kanonenkugel schoss er in die Luft und ich folgte ihm, so schnell und anmutig wie ich konnte. Dad war ein berühmter Pegasus, also konnte ich mir doch durchaus einige Tricks abgucken, oder?
Dad flog eine scharfe Rechtskurve, bevor er heftig mit den Flügeln schlug und immer höher stieg. Irgendwann erkannte ich das Schloss in der Schwärze der Nascht kaum noch, nur die Lichter deuteten auch einen Wohnsitz hin. Neben dem Rapunzelturm, der sich mit dem weissen Marmor deutlich von den anderen Bauten abhob(sogar in einer regnerischen Nacht ohne Mond), flackerte Licht. Es wirkte wie ein Feuer, das über allem thronte. Jannes bestätigte meine Vermutung düster. "Der Gefängnisturm...sie werden gleich die vier Elemente anwenden, damit ein Pegasus nicht mehr fliehen kann. Nur so kann man euch festhalten..."
Ich schnaubte verärgert. Sie wollen ernsthaft meine Mum festhalten? Nicht mit mir!
Bevor Dad irgendeine Reaktion zeigte, stürzte ich in die Tiefe und landete vor einem Adligen, dessen Hand voll Feuer gerade das Gitter rot färbte. Sie waren schon dabei. Ich hob mein Bein und stiess ihn vom Metallgitter weg. Der Adlige stauchelte rückwärts und zündete dabei seinen Kollegen an, der anscheinend ebenfalls Erde wandelte und versuche, das Feuer zu ersticken.
Drinnen in der Zelle sass eine sehr wütende Mum, deren Miene sich aber sogleich aufhellte, als sie Jannes und mich erkannte. Jannes sprang von mir, zog aus dem nichts ein silbernes Schwert und griff den Wasserbändiger an, der unbedingt zum Gitter kommen wollte. Anscheinend war das Ritual schon fast beendet.
Dad landete neben mir und versuchte, mit seinen Hinterbeinen, das Gitter einzuschlagen. Ich drehte mich wieder dem Feuerbändiger zu, der nun einen wütende Miene verzog und mich kochen wollte. Ich wich dem ersten Feuerball aus und trat dem Luftbändiger in den Magen, sodass dieser die Augen verdrehte und zu Boden sank. Der Feurige versuchte, mir meine Federn anzuzünden, doch ich wischte ihm meine Flügel durch Gesicht und stiess meinen Kopf gegen seinen. Jannes neben mir wirbelte sein Schwert in der Luft herum und mit dem Schwertgriff knallte er dem Wassertypen auf die Schulter. Also blieb nur noch der Erdbändiger. Ich wollte ihn gerade angreifen, doch Jannes hielt mich zurück und grinste. "Hilf deinem Dad. Ich schaff das schon..."
Ich senkte den Kopf und trat zurück, drehte mich zu Dad. Dieser riss gerade das Gitter aus den Angeln, indem er ihm den finalen Schlag verabreichte und dieses somit mit einem Donnern in die Zelle geschleudert wurde. Mum wich dem Gitter aus und ka heraus, betrachtete mich und lächelte schwach.
"Du verfluchter Prinz, immer must du dich in alles einmischen!", erklang es hinter mir und ich wieherte warnend. Der Typ war sofort abgelenkt vom Erdkampf mit Jannes und warf mir einen verängstigten Blick zu. Jannes nutzte dies aus und knockte den Mann mit einem Fausthieb unters Kinn aus.
Irgendwo unten erklang eine Alarmsirene. "Wir müssten gehen, Frances...", Mum sprach nur leise und ich nickte. Nicht weinen, wenn du ein Pferd bist, Frances, rief ich mir in Erinnerung und schenkte ihr einen Blick voller Liebe. "Wir kommen wieder. Wirklich. Aber wir müssen noch etwas erledigen, Sweatheart!", Mum lächelte unter Tränen und drehte sich dann abrupt zu Jannes um, "Pass auf unser Mädchen auf, Prinz Jannes. Wir könnten es nicht ertragen, wenn sie stirbt..."
Jannes lächelte freundlich und liess sein Schwert im Nichts verschwinden. Mum schüttelte ihm die Hand, dann rannte sie zum Plattformrand hin und weiter hinaus. Erschrocken versuchte ich, sie als zerschellte Masse am Boden auszumachen, doch in diesem Moment zischte Mum in Form eines blauen Pegasus an mir vorbei und wieherte zum Abschied. Dad folgte ihr.
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Frances Foster: Aufstieg des Adlers
FantasyBand 1... Frances Forster; 16 Jahre alt und eine friedliche Künstlerin, die kurz vor ihrem Schulabschluss steht. Jannes Collins hingegen ein Prinz und der verhasste Sohn des Königreiches. Ihre Welten sind so verschieden. Beide leben ihr L...