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Die Sache mit Cobie sprach sich wie ein Lauffeuer herum. Die wildesten Gerüchte empfingen mich, als ich zusammen mit Jannes den Trainingssaal betrat. Es stand Krafttraining an, soweit ich informiert war. Denn Jannes hatte mich in eines von seinen Shirts und einer hautengen Sporthose gesteckt, die mir bis zum Knöchel reichte. Das graue Shirt war mir viel zu gross, sorgte allerdings dafür, dass ich mich freier fühlte. Cobie Foster beherrschte noch immer meine Gedanken, aber den anderen ging es genauso. Einige Pegasi wirkten total neben der Spur. Sie glaubten wohl an das Ammenmärchen, dass sie unverletzbar seien oder die Dämonen keine Magie praktizierten. Tja, sogar ich war nicht so leichtsinnig in diese Welt gestartet und das waren gerade mal 48 Stunden her.

Jannes musterte einige meiner Mit-Pegasi und schnaubte einfach nur. Anscheinend konnte er sich einfach nicht mit deren Einfalt anfreunden.

Hattest du eigentlich nie Angst, dass ich so bin wie sie?", fragte ich ihn leise. Ich hatte keine Nerven für die Gedankensache, allein schon wegen Cobie. Ausgerechnet sie wurde zu einem Kleinkind, welches wahrscheinlich ausflippen wird, wenn es erfährt, was gerade mit ihm geschehen ist.

Ich zog meinen Pferdeschwanz nach. Jannes warf mir einen Blick zu, unterzog mein Gesicht einer Musterung und seufzte dann: „Nein. Keine von ihnen hätte mich von diesen Schmerzen erlöst, die ich bei unserer ersten Begegnung hatte...keine hätte mir das Hemd aufgeschlitzt!"

So wie er das ausdrückte, klang es wie einen Vorwurf. Und da musste ich entgegenhalten.

„Beim nächsten Mal schlitze ich dir die Haut gleich auf, ohne mir Sorgen um dein Hemd zu machen!", mit einem koketten Augenaufschlag grinste ich ihn an und riss meinen Blick von seinen Augen. Mein Herz schlug sowieso schon viel zu heftig, also, warum sollte ich es noch grösserer Belastung aussetzen? Denn - verdamm mich! - diese Augen waren für mich wie eine Droge. Sie waren so wunderschön...so einzigartig, so hellgrau...reinstes Nikotin für mich.

Schnell warf ich meinem Reiter einen Seitenblick zu, als wir durch die Halle gingen. Ich hoffte wirklich voller Inbrunst, dass er gerade eben nicht in meinem Kopf herumgeschnüffelt hatte. Wenn schon, sah ich mich leider gezwungen, ihm den Kopf abzureissen.

Jannes' Grinsen sagte alles. Zu allem Überfluss musste er mich auch noch auf meine Gedanken ansprechen. Laut.

„Aha. Als hättest du auch nur einen Gedanken an mein Hemd verschwendet. Und ausserdem - was ist Nikotin?! Irgendein Rauschmittel oder bloss Lipgloss?!!"

Ich lief knallrot an wie Tomaten unter stetiger Sonne. Jannes kicherte erbarmungslos, bevor er nach meiner Hand griff und sie drückte. Was, ehrlich gesagt, auch nicht gerade dazu beitrug, dass ich mich beruhige. Nein, im Gegenteil. Sogar an meinen Ohren breitete sich die Wärme aus, in meinem Dekolleté, an meinem Hals und wahrscheinlich sogar an meinen Zehen, wenn wir gerade dabei sind. Kein Junge hatte mich mit einer einzigen Berührung so aus der Fassung gebracht, obwohl sie für ihn wahrscheinlich nichts bedeutete. Als würde ich, ein Mädchen, welches noch nie in ihrem Leben irgendetwas Besonderes war, einen Prinzen (der heisser war als ihm guttat!) interessieren. Absurder ging es nun wirklich nicht. Ich weiss, es gibt so viele Liebesromane, in denen sich zwei vollkommen verschiedene Menschen ineinander verlieben. Sie lernen sich kennen, küssen sich, haben ihr erstes Mal miteinander und dann kommt etwas unheimlich dramatisches dazwischen, was sie auseinanderreisst. Ein verpasster Zug, eine Meinungsverschiedenheit, die Eltern. Keine Ahnung wieso, aber trotzdem fahren massenweise Frauen auf solche Geschichten ab. Ich meine, wie krass ist das denn? Ja, ich sehe mir ab und zu einen Nicholas Sparks-Film an. Ja, bei einem musste ich sogar heulen. Aber...solche Lieben existieren nicht im echten Leben. Sowas ist vielleicht in Hollywood möglich, nicht so in einer magischen Welt. Ich kenne Harry Potter. Seine Liebe ist ernst, nicht so affig wie die anderen. Und dennoch...bin ich enttäuscht, dass Ginny so wenig in seinen Büchern erwähnt wird. Okay, ich schweife ab. Auf jeden Fall, es war Jannes und mir verboten, uns ineinander zu verlieben.

Frances Foster: Aufstieg des AdlersWhere stories live. Discover now