42

8 1 0
                                    

Salute!

Ich weiss, ich habe schon viel zu lange kein Update mehr gemacht. Ich hoffe, euch gefällt mein Kapitel trotzdem und ich verzeiht mir, dass ich den Kuss immer noch herauszögere... :)


Es fühlte sich fast wie Heimat an, als ich hinter Jannes sein Schlafzimmer betrat.

Der einzige Unterschied zu den letzten Malen war, dass der Boden von getragenen Kleidern bedeckt wurde. Die seidigen Vorhänge vor der grossen Balkontür waren heruntergerissen, das Bett ungemacht und auf seinem Kissen lag...eine zerknitterte Zeichnung.

Ich erkannte das Gemälde auf den ersten Blick.

«Woher hast du es?», fragte ich leise und fuhr über die mit viel Liebe skizzierten Männer darauf. Ich hatte Jannes mit weitaus mehr Fleiss gemalt als Quinn. Es schien fast so, als wäre Quinn bloss eine graue Silhouette, während Jannes' Körper herausstach.

«Mum hat es mir gegeben. Ich wollte irgendetwas bei mir haben, was mich an dich erinnert, falls du...stirbst...», er drehte sich zu mir um und griff nach meinen Händen. Ich blinzelte, beobachte die vielen Emotionen, die durch seine stahlgrauen Augen flossen. Die Angst, die Bewunderung, die Einsamkeit. Jannes war immer ehrlich zu mir. Er zeigte mir alles, er sagte mir alles.

«Ich habe dich verloren, Frances. Als wir vom Himmel gestürzt sind und ich realisierte, dass wir überlebt haben, habe ich für einen Moment wirklich geglaubt, dass du mein Schutzengel wärst. Ich habe gelacht und dann...warst du nicht da. Die Gewissheit, dass du noch lebst, fehlte. Ich hörte deinen Herzschlag nicht mehr...er war einfach – weg. Deine leblosen Augen starrten mich an und ich sah rein gar nichts darin. Bloss diese erdrückende Leere, gegen die ich nichts tun konnte. Es machte mich hilflos, dich da liegen zu sehen – die Axt in der Brust, eine einzige Träne in den Augenwinkeln...ich wollte dich in den Krankenflügel bringen. Ich wollte irgendeinen Weg finden, dich wieder zurückzuholen. Doch deine Magie hat nicht auf meine reagiert. Sie war einfach...tot!»

Mir traten die Tränen in die Augen und der Schmerz an meiner Brust erinnerte mich brutal daran, dass nicht nur ich von dieser Bindung abhängig war. Obwohl wir uns erst seit wenigen Tagen kannten, war da mehr zwischen uns als gesund war. Ich hatte mich an ihn gewöhnt, an seine liebevolle Zurückhaltung, diese Offenheit und stille Gerechtigkeit.

Jannes zog mich näher an sich heran, seine Hände zitterten. Seine Lippen legten sich auf meine Stirn, gaben mir das Gefühl von Geborgenheit.

Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und lehnte mich noch näher an ihn heran.

Er seufzte: «Als dein Adler erwachte...als Epona dir das Leben schenkte...da sah ich Dinge. Visionen...etwas verschwommen, aber sie waren da. Die Bilder ergeben keinen Sinn, aber vielleicht war es einfach nur eine Warnung der Göttin...»

Ich schloss die Augen, grub mich in sein Hirn und er zeigte mir offen, was er gesehen hatte. Was er dabei gefühlt hatte.

Seine panische Angst um mich engte meine Brust ein, nahm mir die Fähigkeit, normal zu atmen. Seine Tränen verdeckten meine Sicht, ich sah bloss mich. Mich als lebloser Körper in seinen Armen. Meine Haare waren nicht mehr intensiv rot, sondern eher eine verwaschene Nuance davon. Meine Haut war blass, das Shirt durchtränkt von getrocknetem Blut.

Schatten machten alles dunkel, ich verlor mich selbst aus dem Blickfeld.

Es war ein Wirrwarr aus verschiedenen kleinen Bildern, die einen Film ergaben. Schreie drangen zu mir durch, dann tauchten die ersten erkennbaren Bilder auf. Jannes' ehrliche Stolz verdrängte für einen Moment lang die Angst. Ich sah mich selbst. Rote, wilde Locken, lodernde Augen und ein riesiges Schwert, welches ich mit einer solchen Sicherheit schwang, dass es schon fast wie bei Jannes aussah. Ich trug eine silberne Rüstung, bewegte mich schnell und jeder meiner Schläge endete tödlich. Die Umgebung änderte sich. Es regnete sanft und leise. Vor mir – oder eher vor Jannes – befand sich ein Grabstein, bewachsen mit lila Klematis. Die Erde war gerade frisch umgegraben, die Schaufel steckte noch daneben. Die goldene Inschrift lag im Schatten. Umringt von trauernden, vermummten Gestalten stand ich da, die Trauer im Herzen. Fast, als wollte ich nach einer Versicherung suchen, sah ich mich um. Doch ich entdeckte meinen Rotschopf nicht, was alles noch viel schlimmer machte. War das mein Grab? Wer war da gestorben? Warum gab es keine echte Beerdigung? Was wusste Epona, was ich nicht wusste? Bevor ich eine Antwort auf meine Fragen erhielt, wechselte das scharfe Bild in ein anderes, dunkleres. Schatten zogen sich durch den Raum. Tiefe, rasende Leidenschaft durchzuckte meinen Körper, als ich eine dunkle Gestalt auf dem Bett liegen sah. Alles war fast schwarz und still, nur ihr unterdrücktes Stöhnen war zu hören, als ich meine Lippen auf ihre legte. Meine eigenen Gefühle gewannen die Oberhand. Eifersucht. Jannes hatte Sex mit einer Frau, die ich nicht kannte. Die nicht ich war und ich musste dabei hilflos zusehen. Die Bilder verschwanden, zurück blieb nichts weiter als die Erkenntnis. Jannes und ich hatten keine Zukunft auf der Ebene, die ich mir von uns erhoffte. Er würde eines Tages seine Prinzessin finden, mit ihr zusammen Kinder haben. Während ich dabei zusah und sein Leben schützte – wie es sich einem Pegasus gehörte.

Ich riss mich von ihm los, versuchte, meine Angst vor ihm zu verbergen, aber es war bereits zu spät dafür. Ich sah es in seinen Augen, als er langsam seine Hände sinken liess. Er stand da, schwieg, bohrte sich in meinen Kopf und ich drehte mich weg.

«Lass es, Jannes...ich wusste es schon immer...»

«Was wusstest du schon immer?!», knurrte er, so, als wolle er es mich selbst sagen hören.

Mein Mund wurde trocken.

«Dass du eines Tages mit jemand anderem glücklich werden wirst, während ich dir dabei zusehe – »

Bevor ich in Tränen ausbrechen konnte, war er bei mir. Er griff nach meinem Kinn, zwang mich, ihn anzusehen.

«Ich werde dich nicht einfach so aufgeben, Frances! Hast du verstanden? Du bist das wichtigste in meinem Leben und niemand wird jemals deinen Platz einnehmen können!»
Seine Gefühle umhüllten mich wie eine flauschige Decke und ich keuchte auf. Diese reine, starke und unerschütterliche Leidenschaft, die durch seine Adern strömte, machte mich wahnsinnig. Brodelnd heiss und doch eisig kalt packte sein Herz das meine, liess es flattern. Liebe, Angst, Hass. Es war ein riesiges Durcheinander von Emotionen, die mich überrollten. Und er zwang mich, alles zu spüren, bis er mich losliess.

«Egal, wie sehr du es dir immer einredest, dass ich dich nicht liebe – ich tue es. Ob mein Vater es nun will der nicht!»

Und mit diesen Worten legte er seine Arme um mich und ich schmiegte mich an ihn. Sein Herzschlag raste. Ich genoss es, dass es meinetwegen war. Und ich genoss meinen persönlichen Fels in der Brandung, solange ich noch konnte.

Denn egal was er sagte. Es würde nichts an seinem Schicksal ändern – und auch nicht daran, was Epona ihm gezeigt hat. Ich werde sterben. Er wird lieben. Auch wenn es Menschen gibt, die behaupten, nichts sei unmöglich, gibt es dennoch Dinge, die uns an unsere Grenzen bringen.

Etwas unabänderliches wie Epona zum Beispiel.


You've reached the end of published parts.

⏰ Last updated: Feb 05, 2017 ⏰

Add this story to your Library to get notified about new parts!

Frances Foster: Aufstieg des AdlersWhere stories live. Discover now