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Bild: Jackie Forster

,,Hi, ich bin Frances Foster und bin neu in London. Ich bin fünfzehn Jahre alt und meine Hobbys sind Skaten, Hockey und Musik hören. Mein Geburtstag ist-"

,,Halt, halt, halt! So stellt sich doch jeder vor!", meine Mum lächelte mich an und ich versuchte, sie nicht allzu mitleidig anzusehen. Meine Mum wusste wirklich nicht, wie peinlich man sich am ersten Schultag fühlen musste. Und wer hatte überhaupt gesagt, dass ich mich irgendwie anders vorstellen musste als die anderen? Sie hatte ihr gesamtes Leben in einem Schloss verbracht und war auch dort zur Schule gegangen - da konnte sie ja nichts von den Schulen wie die meine wissen. Ja, schon richtig gehört - in einem Schloss. Meine Familie war, nun ja..., etwas exzentrisch. Schon immer. Und eigentlich wollte ich daran rein gar nichts ändern.

Mum heisst Jackie Foster und sie arbeitete tendenziell nur bei uns im Haus und so. Als kleines Mädchen - das hatte sie mir erzählt - hatte sie sehr viele Preise an Pferderennen gewonnen. Dad und sie lebten nach dem Motto: Das Leben muss nicht immer aufregend sein. Ihnen reichte der Nervenkitzel eines Filmes vollkommen, ich überschritt diese Grenze auch nur selten. Sie beide wussten sehr viel über den Himmel und die Planeten, auch wenn sie nie studiert hatten. Als ich noch klein war und Mum unterwegs, da sassen Dad und ich auf der Veranda und er erklärte mir den Sternenhimmel. Dank ihm wusste ich, wo ich mich orientieren musste, falls mir die Orientierung abhandengekommen war. Von Mum hatte ich meine fuchsroten Haare, auch die blauen Augen hatte ich von ihr. Auch wenn ihr Blau viel heller war als meines. Im Allgemeinen kam ich mehr nach ihr als nach Dad.

Dad sah ganz anders aus als Mum. Während sie eher dünn und klein war, hatte er die Grösse von 1, 90 m und war sehr muskulös. Seine Arbeit bestand darin, Sportlehrer an irgendeinem Gymnasium zu sein, dessen Name ich schon wieder vergessen hatte. Ich hatte nicht so viel von ihm, höchstens meine feinen Gesichtszüge oder den Dickschädel. Auch er hatte seine Pferdegeschichte, wie ich sie immer nannte. Nur trainierte er Pferde. Aber für mich kam es immer auf dasselbe hinaus.

,,Du hast dich so vorgestellt? In Mathe?", fragte Mum und ich seufzte. Immer wollte sie alles ganz genau wissen, bis auf jedes Wort. Für meine Mum waren Details wichtiger als alles andere, sogar wichtiger als absolute Perfektion.

,,Ja. Und nein, den Lehrer finde ich überhaupt nicht sympathisch und ich werde auch nicht ins Hockeyteam eintreten. Ich will hier doch einfach nur Leben, so wie ich es will. Ich gehe da zur Schule, fertig. Mir doch egal, ob ich Freunde habe oder nicht!"

,,Frances...wir sind hierher gezogen, weil wir von hier stammen. Nicht, um unser Leben so langweilig wie möglich zu gestalten!"

Ich konnte sehen, wie ihre Augen langsam verschwammen und ihre Stimme zitterte heftig. Mum war nahe am Wasser gebaut, seit ihre Eltern gestorben waren. Wir Fosters hatten es uns nie leicht gemacht, aber Mum konnte den Schmerz einfach nicht unterdrücken. Ich weiss, sie gab sich alle Mühe, allerdings bezweifelte ich, dass sie viel über Muttersein wusste. Oft versuchte sie Dinge, mit denen man Erwachsene für gewöhnlich in Angst und Schrecken versetzen würde. Sie hatte mir erzählt, dass ich nicht planmässig gekommen war und deshalb ihr bisheriges Leben umkrempelte.

,,Mum - hier regnet es andauernd. Wären wir in Frankreich geblieben..."

Aber ich beendete meinen Satz nicht. Es hätte sowieso nichts gebracht, nicht, solange mein Dad hier seine Arbeit hatte. Aber ich meine - London? Ich liebte die Kälte und die Nacht, aber irgendwann konnte man so viel Regen gar nicht mehr ansehen.

,,Frances, es ist nicht so, wie du denkst. Wir wollen nur nicht, dass du in Gefahr gerätst!"

,,Warum soll ich denn in Gefahr geraten - Hallo? Ich bin Frances!"

Frances Foster: Aufstieg des AdlersWhere stories live. Discover now