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Bild: Caitlin Toretto

Im Trakt des alten Schlosses, vor einer uralten Holztür verabschiedete sich Jannes von mir und ging, um seinen eigenen Unterricht zu besuchen.

Ich hingegen betrat eine Klasse, die ich nun wohl für immer haben würde. Alles war mit dunklem Holz vertäfelt, die Rückwand mit einer riesigen Karte zugedeckt, in der rote Pins steckten. Die Fensterfront zeigte zwar, was draussen war, allerdings auch den Regen. Es gab keine Tische wie sonst in jeder menschlichen Schule, sondern Viererreihen und Bänke, keine Stühle. Vorne war eine riesige Tafel aus einer weissen Leinwand, die im Moment einfach ein Logo zeigte: ein pechschwarzes Schwert.

Das Lehrerpult stand etwa fünfzig Zentimeter höher, auf einem Podium in der Ecke.

Schweigen trat ein, als ich die Tür weiter aufriss. Wunderschöne Augenpaare blicken mir entgegen, von jeder Farbe gab es Vertreterinnen: Gelb, Orange, Rot, Rosa, Violett, Grün, Braun, Weiss und Grau. Nur eine schwarze Farbe konnte ich erkennen, kein Blau. Und zu allem hin waren alle Mädchen einfach wunderschön. Jede war anders, stach auf eine andere Weise heraus. Alle trugen bequeme, aber superteure Kleidung. Jede trug ihr Mal wie eine Trophäe. Und jede starrte mich an, als wäre ich unerwünscht.

Schliesslich stand ein grosser Pegasus ganz hinten auf, die mich an Dad erinnerte. Seine schwarzen Augen, die feinen Gesichtszüge, die ihr elfenhafte Züge verliehen. Ihre Haare waren ebenfalls pechschwarz, allerdings war das irgendwie alles an ihr. Ihre Nägel, die Hose, die coole Jacke, der Schal und die hohen Stiefel. Alles schmiegte sich an sie, als wäre es für sie gemacht. Nur das weisse Top unter dem hellgrauen Pulli und die giftgrüne Mütze färbten sie ein wenig auf. In meinen Augen war sie die mit Abstand Schönste, selbst mit dem Makeup und ihrem aufgestylten Äusseren.

„Hi Cousine!", sie umarmte mich, während die anderen einfach nur weiter starrten.

Cousine? Hä?!

„Ich bin Cobie Foster, Ezras Patentochter. Wir haben uns noch nie getroffen, aber ich bin so froh, dass du hier bist. Jetzt hat Caitlin keine Chance mehr auf den Thron!"

„Ich bin nicht taub, Cobie!", eine mit rosa Augen schob ihre Freundin beiseite und stellte sich vor uns beide. Ihr abschätzender Blick glitt an mir herab, bevor sie meinte: „Und ausserdem ist sie garantiert nicht der Aquamarin. Ich meine – hallo, sieh sie dir doch mal an!"

„Aussehen hat nichts mit innerer Stärke zu tun, Caitlin!", fuhr ich sie an und diese lachte belustigt auf.

„Nur weil du jetzt der Pegasus vom Prinzen bist, heisst das allerdings nicht, dass wir dich genauso behandeln wie der!"

„Ich wette, dein Reiter kann es kaum erwarten, dich zu sehen!", wich ich sarkastisch aus und Cobie schob mich in die hinterste Reihe, bevor ich noch mehr Leute gegen mich aufbrachte. Sie schein zu wissen, wie ich mich fühlte, denn sie setzte sich wortlos neben mich hin.

Ich suchte in meinem Kopf nach Jannes. Ein Anzeichen von ihm, irgendet – ah, ja. Er sass auf einem Stuhl und musterte seinen Professor an der Tafel vorne.

Irgendwie ertastete ich einen Bleistift und begann zu kritzeln, egal auf welche Unterlage. Gefühle strömten durch unser Band zu mir, ich fühlte eine tiefe Sehnsucht nach einem Flug. Wie gestern würde er gerne in der tiefsten Nacht, wo es niemand sehen konnte, einfach in den Himmel aufsteigen. Spüren, wie ich mit ihm zusammen wuchs und stärker wurde. Wie ich durch ihn an Kraft gewann.

Auf einmal spürte ich, wie er meine Anwesenheit wahrnahm. Ein Grinsen wurde durch unser Band gesendet.

Stalkst du gerade, Pegasus?

Nicht das ich wüsste. Ich fühle mich nur gerade nicht sehr wohl in meinem eigenen Klassenzimmer...

Cobie tippte mir an die Schulter und ich zuckte zusammen. „Was machst du gerade?", fragte sie mich verwundert und deutete auf die Zeichnung auf das Blatt vor mir. Zuerst erkannte ich den strahlenden Mond, umgeben von einem tiefschwarzen Wolkenmeer. Eine Gestalt wurde vom Mond beschienen: einen Pegasus mit Jannes auf dem Rücken. Darunter befand sich das Schloss.

Frances Foster: Aufstieg des AdlersWhere stories live. Discover now