Sobald ich meine Finger vom Stoff wegriss, durchfuhr mich ein Schock. Mein Herz begann wieder zu schlagen, die Kraft kehrte langsam wieder zurück und mit ihr auch die Gewissheit, dass ich gerade die Prinzen angegriffen hatte. Ich war Jannes' nicht wert. Ich war eine tickende Zeitbombe, die jeden Moment hochgehen könnte. Und die ihn zerreissen würde.
Mit einem leisen Seufzer sank ich in die Knie. Ich achtete sorgsam darauf, den Boden nicht noch einmal zu berühren und rückte ganz langsam zu Jannes heran.
Nach längerem hinsehen konnte ich erkennen, dass sein Brustkorb sich ganz schwach hob und wieder senkte. Sein Adler verlor an Leuchtkraft. Seine Haut an der Sommerbräune.
„Jannes...", schluchzte ich. Die Tränen verschleierten meinen Blick und einige von ihnen tropften auf sein Shirt. Sie knisterten dort kurz und brannten kleine, fast unsichtbare, Löcher hinein. Ich runzelte die Stirn. Es erschien mir fast so, als wäre ich statisch aufgeladen. Und damit könnte ich doch theoretisch auch Jannes...vorsichtig legte ich meine Hand an seinen Hals. Meine Nägel berührten seine Hauptschlagader nur ganz schwach, aber ich spürte die Kraft, die durch seine Adern pumpte. Sie schreckte sein Herz auf und seine Augen öffneten sich geschockt. Bis er schnallte, wo er sich befand und warum alles kaputt um ihn herumlag, stand ich schon auf. Meine Beine konnten mein Gewicht kaum tragen, so kraftlos waren sie. Aber ich zwang mich, um den Haufen aus Holz herumzugehen und Quinn ebenfalls aus dem Todesschlaf zu wecken. Noch bevor die beiden wieder zu Kräften kamen, floh ich aus dem Raum. Ich wollte nicht sehen, wie enttäuscht Jannes von mir war. Oder was er davon hielt, dass ich ihn um ein Haar ermordet hatte.
Noch während ich durch den wunderschönen Innenhof rannte, kamen mir die Tränen der Angst. Was würde Jannes mit mir anstellen? Mich einkerkern lassen? Oder lande ich gleich am Galgen? Gab es eine besondere Methode, Mörder wie mich umzulegen?
Mit einem Ruck wurde mir die Tür zum Krankenhausturm an die Nase geschlagen. Nur um wenige Millimeter konnte ich meine Nase noch davor retten, denn Nikita kam heraus. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt und als sie mich entdeckte, fragte sie mich: „Spürst du diese dämonische Magie nicht auch?!"
„Du solltest wissen, dass ich keine Ahnung von deren Magie habe, oder?"
Verflucht. Meine Stimme zitterte und als Nikita ihren Blick noch weiter über mich gleiten liess, wusste ich, dass sie meine Tränen sehr wohl sah. Ihr wütender Gesichtsausdruck klärte sich ein wenig und sie trat näher an mich heran. Ich hingegen wich noch ein wenig zurück. Wenn ich noch immer Stromschläge verpassen konnte, sollte sie mich am besten überhaupt nicht berühren.
Doch sie tat es. An der Schulter. Und kaum hatte sie mich berührt, zuckte sie auch schon zurück und rieb sich die Fingerspitzen. Auf einmal wirkte sie misstrauisch.
„Wer bist du und was hast du mit Frances Forster angestellt?"
Ich rieb mir meine Nase und wurde zum Glück von der kleinen Cobie vor einer Antwort gerettet. Sie trat hinter Nikita und sagte scharf: „Lass sie in Ruhe, Nik..."
„Warum praktiziert sie die gläserne Magie? Sowas gibt es nicht!", widerspricht Nikita nicht minder scharf. Anscheinend lief es zwischen den beiden nicht gerade super. Und das schlimmste war, dass sehr wahrscheinlich ich daran schuld war.
„Schon okay, Cobie...", seufzte ich und drängte mich an Nikita vorbei zu meiner Cousine. Nikita drehte sich mir nach und als sie erkannte, dass Cobie mich ihr vorzog, verschwand sie. Schon als sie über den Hof rannte, liess sie sich gehen und wurde zu einem violetten Pegasus, der sich anmutig und auch ein wenig aggressiv in den Himmel erhob. Anscheinend brachte ich es heute wirklich immer fertig, dass sich jemand wegen mir aufregte.
Cobie griff nach meiner Hand und zuckte wie schon Nikita zurück. Dann entdeckte sie meine Tränenspuren und ich seufzte.
„Können wir reden?"
YOU ARE READING
Frances Foster: Aufstieg des Adlers
FantasyBand 1... Frances Forster; 16 Jahre alt und eine friedliche Künstlerin, die kurz vor ihrem Schulabschluss steht. Jannes Collins hingegen ein Prinz und der verhasste Sohn des Königreiches. Ihre Welten sind so verschieden. Beide leben ihr L...